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Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg

Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg

Titel: Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Messner
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einer Fünf-Euro-Übernachtung? Viele Fragen, die ich mir schon tief im Inneren beantwortet habe: Ich bleibe dabei. Ich schlafe gut und sehr gern - und am liebsten allein - in den schönen, einfachen und preiswerten Hostals.
    Die 16 Kilometer heute sind wie gestern eine sehr staubige Angelegenheit. Der Sand auf den Wegen ist fein wie Mehl und nach ein paar Kilometern ist alles bis in den Mund hinein mit einer feinen, graubraunen Schicht überzogen. Das erste Waschwasser der obligatorischen abendlichen Handwäsche ist seit Tagen schon braun. Nach viereinhalb Wochen wird allerdings auch nichts mehr so richtig sauber. Auch die spanischen Plastik-Billigwaschmaschinen in manchen Hostals bringen da keine echte Verbesserung. Die meisten Klamotten werde ich zwar nicht gerade am Ende der Pilgerei verbrennen, aber doch zumindest inSantiago und zuhause wegschmeißen. Die Intensivnutzung von sechs Wochen entspricht sicher einigen Jahren normalen Tragens zuhause.
    Wie gestern auch schon geht es steil, zum Teil sehr steil, bergab. Alpine Pfade führen aus den Bergen, den Montes de Leon, oft über nackte Felsen abwärts - gestern 400 und heute sogar 600 Höhenmeter bis ins Tal des Rio Boeza nach Ponferrada. Unser Zielort ist offensichtlich keine Touristenstadt. Viele hässliche Wohnblocks prägen das Stadtbild von Osten, das nur rund um die Basilika und die Templerburg wirklich schön ist. Ein zweiter, sehr moderner Stadtteil voller edler Geschäfte schließt sich unterhalb des Burghügels auf der anderen Seite des Flüsschens an.
    Unterwegs sind Leonie und ich heute mit dem finnischen Peter, einem pensionierten Psychotherapeuten. Er ist seit 30 Tagen unterwegs und seit genau diesen 30 Tagen Rentner. Als Profi aus der Psychobranche lässt er sich von uns nicht so leicht in die Seele schauen, aber es wird ihm wohl ein lang gehegter Wunsch gewesen sein, hier zu pilgern, wenn es das Erste ist, was er nach dem Ende seines Arbeitslebens tut. Vielleicht hat ihm aber seine Frau auch nur gesagt, er soll als Rentner nicht auf die dumme Idee kommen, sich in ihren Haushalt einzumischen…
    Der Psychotherapeut erzählt weiter, dass er auch als Rentner in Teilzeit weiter arbeiten will. Er wird schriftlich via Internet Hilfesuchende beratenund betreuen, die ein staatlich organisiertes, psycho-soziales Netzwerk an ihn vermittelt. Es handelt sich vornehmlich um Spielsüchtige. Der Hammer: Das Geld für dieses psychologische Hilfsprogramm stammt von einem Teil der Einnahmen der staatlichen Glückspiele. Die Klienten haben ihre Therapie also im Voraus mit ihrem verlorenen Zockergeld selbst bezahlt, und genau diese Therapie bräuchten sie ohne das staatliche erlaubte Glückspiel vielleicht gar nicht. Origineller Geldkreislauf.
    Zu meiner Freude meldet sich Martin, der zwei Tage vor mir unterwegs ist, jeden Tag mindestens ein Mal per SMS oder Mail und gibt Tipps für die Strecke, die vor mir liegt.
    Aus der Camino-Serie „Leute gibt´s…“ haben wir heute wieder Neuigkeiten zu verdauen: Am Morgen war ein junges Paar mit einem wenige Monate alten Baby auf dem Camino unterwegs -mit Geländekinderwagen, viel Gepäck und großem Rucksack. Das arme Kind. Zwar sind die Herrschaften wenigstens in der Herberge in einem eigenen Zimmer abgestiegen, aber die Idee, ein Kleinkind auf den Jakobsweg zu schleppen, kommt uns schon ein bisschen befremdlich vor. Von den vielen hygienischen, gesundheitlichen und ausrüstungsbedingten Risiken einmal abgesehen, dürfte es nicht dem natürlichen Bewegungs- und Verhaltensmuster eines kleinen Kindes entsprechen, täglich stundenlang über Stock und Steingeschleppt und gerüttelt zu werden. Eigentlich ein Fall fürs Jugendamt. Pilgern ist Pädagogik pur - und es hat wohl einen Grund, warum hier so gut wie keine Kinder unterwegs sind.
    Ansonsten gilt heute Abend wie so oft: Treffpunkt ist um fünf vor der Kirche. Bis dahin lebe ich einfach so herum.
    Da nun Jakob von seinem Schlaf aufwachte, sprach er: Gewiß ist der HERR an diesem Ort, und ich wußte es nicht; 1. Mose 28.16

32. Tag von Ponferrada nach Villafranca del Bierzo
    Nach einem kühlen Morgen erwartet uns unter wolkenlosem Himmel ein heißer Spätsommertag mit 30 Grad. Es geht durch die Hügellandschaft des Bierzo, durch Weinfelder und Obstplantagen, die ein bisschen an die Landschaft bei Meran erinnern. Auch die Landwirtschaft ähnelt dem Südtiroler Obst- und Weinbau. Die 25 Kilometer mit vielen giftigen Steigungen werden an diesem Samstag unter der Sonne

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