Ich habe mich verträumt
Sehenswürdigkeit, da Andrew mich verlassen hatte, bevor die neue Isolierung hochgezogen, Innenwände eingerissen und innen und außen neue Anstriche gemacht worden waren.
Als er meine hohen Absätze auf den Steinplatten klackern hörte, reckte Angus hinter dem Wohnzimmerfenster den Kopf. Ich musste grinsen … und begann dann, ein wenig zu schwanken. Offenbar war ich ein winziges bisschen angetrunken, was noch deutlicher wurde, als ich ergebnislos nach meinem Schlüssel kramte. Doch, da! Schlüssel ins Türschloss stecken, drehen … „Hallo Angus McFangus! Mommy ist wieder da!“
Mein kleiner Hund stürmte auf mich zu und drehte, von meinem bloßen Dasein überwältigt, mehrere Triumphrunden durch das Erdgeschoss– Wohnzimmer, Esszimmer, Küche, Flur und von vorn. „Hast du deine Mommy vermisst?“, fragte ich jedes Mal, als er an mir vorbeisauste. „Hast du … Mommy … vermisst?“ Irgendwann hatte er seine überschüssige Energie verbraucht und präsentierte mir sein Opfer des Abends, eine zerfledderte Taschentuchschachtel, die er mir stolz zu Füßen legte.
„Danke, Angus“, sagte ich in dem Bewusstsein, dass dies ein Geschenk an mich war. Angus sank hechelnd zu Boden und sah mich aus vor Bewunderung leuchtenden schwarzen Knopfaugen an, die Hinterbeine ausgestreckt, als würde er fliegen: seine, wie ich sie nannte, Superhundpose. Ich setzte mich vor ihm in einen Sessel, streifte die Schuhe ab und kraulte seinen süßen kleinen Kopf. „Rate mal, mein Süßer! Wir haben jetzt einen Freund!“, verkündete ich. Er leckte mir fröhlich die Hand, rülpste und rannte in die Küche. Gute Idee! Ich würde mir als Betthupferl noch etwas Ben & Jerry’s gönnen. In der Küche angekommen, sah ich kurz aus dem Fenster … und erstarrte.
An der Seite des Nachbarhauses schlich ein Mann entlang.
Es war natürlich schon dunkel draußen, doch im Licht derStraßenlaterne war der Mann deutlich zu sehen, wie er langsam am Nachbargebäude entlangging. Er sah sich nach links und rechts um, hielt inne, stieg dann langsam und vorsichtig die Stufen zur Seitentür hinauf und fasste an den Türknauf. Offenbar war die Tür verschlossen. Er sah unter der Türmatte nach. Nichts. Versuchte erneut, den Türknauf zu drehen.
Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. Noch nie zuvor hatte ich beobachtet, wie in ein Haus eingebrochen wurde. In der Maple Street 36 wohnte zudem überhaupt niemand. Seit ich vor zwei Jahren nach Peterston gezogen war, hatte niemand das Nachbarhaus auch nur angesehen. Es war ein ziemlich heruntergekommener Flachbau, in den man viel Arbeit stecken müsste. Ich hatte mich oft gefragt, warum niemand es kaufte und herrichtete. Sicher gab es nichts darin, das es wert gewesen wäre, es zu stehlen …
Ich schluckte laut hörbar, und mit einem Schlag wurde mir bewusst, dass der Einbrecher, falls er in meine Richtung sähe, mich klar und deutlich erkennen könnte, da mein Licht brannte und meine Vorhänge geöffnet waren. Ohne den Blick von dem Mann zu nehmen, hob ich langsam einen Arm zur Seite und schaltete das Licht aus.
Der Verdächtige, wie ich ihn in Gedanken bereits nannte, rammte jetzt seine Schulter in die Tür. Als nichts passierte, versuchte er es erneut, kräftiger diesmal. Ich zuckte zusammen, als seine Schulter die Tür traf. Nichts. Auch ein drittes Mal brachte keinen Erfolg. Der Mann ging zu einem Fenster, legte die Hände um die Augen und spähte ins Haus.
Das alles kam mir sehr verdächtig vor. Nun versuchte der Mann, das Fenster zu öffnen, doch er hatte wiederum kein Glück. Gut, vielleicht hatte ich zu viele Folgen Law & Order gesehen– Trost und Glück der Single-Frauen landaus, landein–, aber in diesem Fall wurde doch ganz offensichtlich ein Verbrechen verübt. Nicht gut. Was, wenn der Einbrecher gleich zu mir käme? In seinen bisherigen zwei Lebensjahren hatte Angus seine Beschützerqualitäten noch nie unter Beweis stellen müssen. Schuhe zu zerkauen und Klorollen zu zerfetzen – dasbeherrschte er tadellos. Aber mich vor einem durchschnittlich großen Mann zu beschützen? Der noch dazu ziemlich muskulös wirkte?
Ich ließ die üblichen Horrorszenarien an meinem geistigen Auge vorbeiziehen und suchte Trost in ihrer tatsächlich geringen Wahrscheinlichkeit. Der Mann, der es gerade beim nächsten Fenster versuchte, war offensichtlich kein Mörder, der nach einem Versteck für eine Leiche suchte. Vermutlich hatte er auch kein Heroin im Wert von einer Million Dollar im Kofferraum. Und
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