Ich habe mich verträumt
konnte – und wollte – nicht zulassen, dass Andrew sich zwischen uns stellte.
Sie drückte mich noch einmal und setzte sich dann auf. „Ich kann nicht fassen, dass ich Wyatt immer noch nicht kennengelernt habe“, sagte sie.
„Ich weiß“, erwiderte ich. „Er will dich ja auch unbedingt kennenlernen.“ Leider befand sich Wyatt gerade auf einem Medizinkongress in San Francisco. Ich hatte kurz mit dem Gedanken gespielt, meiner Familie zu beichten, dass Wyatt und ich uns getrennt hätten, dann entschied ich jedoch, dass ich ihn noch ein wenig länger brauchte. Heute Morgen hatte ich „medizinische Kongresse“ und „Chirurgen“ gegoogelt und die Sache in San Francisco gefunden. Sehr passend.
„Läuft es denn gut mit euch?“, wollte Natalie wissen.
„Ach, ja, schon. Aber er arbeitet zu viel. Wenn es ein Haar in der Suppe gibt, dann das.“ Mein hinterhältiger Plan bestand darin, solcherlei Bemerkungen zu streuen, damit ich die Trennung später besser begründen könnte. „Ständig ist er im Krankenhaus, und jetzt auch noch der Kongress … Er lebt nur für seine Arbeit. Aber das ist wohl die Standard-Beschwerde einer jeden Arztfrau.“
Ups. Den letzten Satz hatte ich eigentlich nicht sagen wollen. Natalies Gesicht begann zu leuchten.
„Denkst du denn, ihr werdet heiraten?“
Ach, Mist. „Na ja … Ich weiß es nicht. Das mit der Arbeit müssen wir noch klären, und natürlich habe ich auch schlechte Erfahrungen gemacht.“
Da, schon wieder etwas, das ich nicht hatte sagen wollen. Natalie zuckte zusammen.
„Ich meine, ich habe mir schon mal den Falschen ausgesucht, also will ich jetzt vorsichtig sein und alles. Sichergehen, dass es diesmal der Richtige ist.“
„Aber meinst du denn, er ist es?“
Ich neigte den Kopf und tat, als würde ich ernsthaft nachdenken. Schließlich würden Wyatt und ich uns trennen, und das besser früher als später, da ich diese Sache nicht ewig durchziehen konnte. „Er ist …“ Ich schenkte Natalie ein Lächeln, das verhaltene Bewunderung ausdrücken sollte. „Er ist schon großartig, Nat. Ich wünschte nur, wir könnten mehr Zeit zusammen verbringen.“
Die Hintertür wurde aufgestoßen und Margaret baute sich vor uns auf. „Grace, dein Hund hat gerade eine Vulva zerbrochen, und Mom will sowieso, dass ihr zum Essen reinkommt.“ Sie stemmte die Fäuste in die Hüften. „Und ist euch nie in den Sinn gekommen, dass ich eifersüchtig auf euren kleinen Club sein könnte? Allmächtiger Christus mit seinen fünf heiligen Wunden! Könnt ihr mich nicht hin und wieder auch mal beachten?“
„Sie flucht wie eine zum Seemann konvertierte Nonne“, murmelte Natalie.
„Ja. Man muss sich wundern, wie sie ihre Freizeit verbringt“, fügte ich hinzu.
„Hör auf zu jammern“, schalt Nat unsere große Schwester. „Ihr zwei wohnt schließlich zusammen, also erzähl du mir nichts von Clubs!“
Margaret kam näher. „Rutsch rüber, Lieblingsschwester“, brummte sie und schubste mich, sodass sie sich danebensetzen konnte. „Ist alles klar bei euch? Ich hab schon die ganze Zeit durchs Fenster geguckt.“
„Alles bestens. Ich werde Natalies erste Brautjungfer“, sagte ich. Es fühlte sich okay an. Ja. Das wäre in Ordnung.
„Du liebe Zeit, Natalie! Du willst Andrews Exverlobte als deine erste verdammte Brautjungfer?“
„Ja“, sagte Natalie ruhig. „Aber nur, wenn sie will.“
„Und das tue ich.“ Ich streckte Margaret die Zunge heraus.
„Ach? Und was bin ich, Nat? Kann ich vielleicht hinterher den Boden wischen? Vielleicht könnte ich beim Empfang die Teller waschen und hin und wieder einen kurzen Blick auf Euch werfen, sofern Ihr nicht meint, dass ich durch Eure goldene Schönheit geblendet werde, Eure Majestät.“
„Hör sie dir an!“ Natalie kicherte. „Willst du meine Brautjungfer sein, liebste Margaret?“
„Oh, ja, danke, gern. Ich kann es kaum erwarten.“ Margaret warf mir einen kritischen Blick zu. „Erste Brautjungfer, hm? Wie gruselig.“
„Margs, du hast Wyatt doch bestimmt schon kennengelernt, oder?“, fragte Natalie nun.
Margaret schob die Zunge in eine Wange. „Na klar“, antwortete sie. Ich schloss die Augen.
„Und? Was hältst du von ihm?“ Nat setzte sich gerade und grinste. Sie hatte diese Mädchengespräche schon immer geliebt.
„Na ja, abgesehen davon, dass er am linken Fuß sechs Zehen hat, ist er ganz süß“, meinte Margaret.
„Sehr witzig“, sagte ich. „Das ist nur eine kleine Ausbuchtung,
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