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Ich habe mich verträumt

Ich habe mich verträumt

Titel: Ich habe mich verträumt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristan Higgins
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er tatsächlich. Der Diamant hatte etwa ein Karat, vielleicht ein bisschen mehr, war tropfenförmig und steckte in einer hübschen Fassung. Er gefiel mir. Tatsächlich gehörte er mir. Nun ja, das stimmte nicht ganz. Mir gehörte sozusagen ein Zwilling davon, der in meinem Schmuckkästchen zu Hause steckte und darauf wartete, dass ich ihn verpfändete. Du meine Güte, hätte Andrew nicht ein wenig origineller sein können? Ich meine … er hatte sich zwei Schwestern als Verlobte ausgesucht, da hätte er doch zumindest unterschiedliche Ringe wählen können! Also wirklich!
    „Danke“, sagte Nat, ohne zu wissen, dass wir jetzt identische Verlobungsringe von ein und demselben Mann besaßen. Wir waren bei meinen Eltern im Garten, nur Nat und ich. Der Rest der Familie befand sich im Haus – Andrew, Mémé, Margaret, Mom und Dad.
    „Bist du sicher, dass das okay für dich ist?“, fragte Natalie und schob ihre Hand in meine.
    „Das Einzige, was nicht okay ist, ist, dass du ständig fragst, ob es okay sei“, erwiderte ich ein wenig scharf. „Bitte, Natalie. Hör auf damit.“ Leicht schuldbewusst, weil ich so bissig geworden war, drückte ich ihre Hand. „Ich freue mich, dass du glücklich bist.“
    „Du bist einfach die Beste, Grace. Dass du Andrew und mich zusammengebracht hast … das ging weit über das hinaus, was man von dir hätte erwarten dürfen.“
    Ach ja? Erzähl mir was Neues … Ich schnaubte kurz, dann sah ich meine kleine Schwester an. Die Sonne glänzte auf ihrem Haar, und die dunklen Wimpern berührten ihre Wangen, als sie wieder ihren Ring betrachtete.
    „Habt ihr denn schon einen Termin festgelegt?“, erkundigte ich mich.
    „Na ja, da wollte ich dich noch nach deiner Meinung fragen“,erwiderte sie. „Andrew und ich finden, es sollte sehr bald sein. Damit wir es hinter uns haben, weißt du? Damit wir einfach verheiratet sein können. Nichts Großartiges. Nur die Familie und ein paar Freunde und hinterher ein Abendessen. Was meinst du?“
    „Klingt doch gut.“
    „Grace“, begann sie zögernd, „ich habe mir überlegt, ob du wohl meine erste Brautjungfer sein möchtest. Ich weiß, die Umstände sind ziemlich verrückt, aber ich muss dich fragen. Und wenn du nicht willst, verstehe ich das natürlich. Aber seit ich klein war, habe ich mir immer vorgestellt, dass du das eines Tages machst. Margaret soll natürlich auch Brautjungfer sein, aber du eben die erste, ja?“
    Es war mir unmöglich, Nein zu sagen. „Sicher“, murmelte ich, „es ist mir eine Ehre.“ Mein Herz schien sehr langsam und heftig zu schlagen, und mir wurde ein wenig schwindelig.
    „Danke“, flüsterte Natalie und nahm mich in den Arm. Eine Minute lang war es, als wären wir wieder kleine Mädchen – ihr Gesicht lag warm und glatt an meinem Hals, ich streichelte ihr blondes Haar und atmete den süßen Duft ihres Shampoos ein.
    „Ich kann nicht glauben, dass du heiratest“, flüsterte ich und spürte Tränen in meine Augen steigen. „Ich will dich immer noch huckepack reiten lassen und deine Haare flechten.“
    „Ich hab dich lieb, Grace“, flüsterte sie.
    „Ich hab dich auch lieb, Natty Bumppo“, presste ich um meinen dicken Kloß im Hals herum hervor. Meine kleine Schwester, die ich als Kind gebadet, gewickelt und geherzt und der ich vorgelesen und Zöpfe geflochten hatte, trat in einen neuen wichtigen Lebensabschnitt. Fünfundzwanzig Jahre lang war ich Natalies wichtigste Bezugsperson gewesen und sie meine, und nun würde sich das ändern. Seien wir ehrlich: Als ich mit Andrew zusammen gewesen war, hatte er Natalie nicht von ihrem Thron in meinem Herzen verstoßen können. Sicher, ich hatte ihn geliebt … aber Natalie war ein Teil von mir. Teil meiner Seele und Teil meines Herzens, so wie das nur bei Schwestern sein kann.
    Dutzende von Erinnerungen schwirrten mir durch den Kopf. Ich mit zehn, als mir die Mandeln rausgenommen worden waren, ich nach einem unruhigen Narkoseschlaf erwachte und sah, dass Natalie achtzehn Bilder mit Pferden für mich gemalt und in meinem Zimmer verteilt hatte – auf dem Boden, dem Stuhl, dem Schreibtisch –, sodass ich überall Pferde sah, wohin ich auch blickte. Wie ich Kevin Nichols verprügelt hatte, weil er ihr Kaugummi ins Haar geklebt hatte. Wie ich zur Universität abreiste und Natalie ihr Gesicht vor lauter Anstrengung, zu lächeln, verkrampfte, damit ich nicht sähe, dass sie eigentlich weinte.
    Ich liebte sie und hatte sie immer geliebt, so sehr, dass es wehtat. Ich

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