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Ich habe sie getötet: Roman (German Edition)

Ich habe sie getötet: Roman (German Edition)

Titel: Ich habe sie getötet: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Knight
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starre ihn ungläubig an. Er öffnet den zweiten Fensterflügel, so weit es eben geht.
    Ich schaue ein zweites Mal nach unten und flüstere: »Das ist zu weit.«
    Er insistiert. »Es ist unsere einzige Möglichkeit. Du kannst mich nicht halten, ich dich aber schon. Du schaffst das …«
    »Nein, Paul, das schaffe ich nicht!«
    »Du musst! Vertrau mir!«
    Ich runzle die Stirn. Als wäre ein Schalter umgelegt worden, ist plötzlich der Zweifel wieder da. Wir stehen hier keine fünf Kilometer vom Hampstead Heath entfernt, und was hat Paul damals gesagt, an jenem heißen Sommerabend, als er mich nicht aufgefangen hat: Vertrau mir . Und bei unserem Gang durch den Woolwich-Tunnel waren es genau diese Worte, die mich dazu gebracht haben, ihm die Polizei auf den Hals zu hetzen und unsere heile Welt zum Einsturz zu bringen.
    »Vertrau mir, Kate, es ist unsere einzige Chance.«
    Ich sehe meinem aufgeregt keuchenden Mann in die Augen. War das die ganze Zeit über dein Plan, soll es so zu Ende gehen? Deinen Kindern würdest du niemals etwas tun, das weiß ich ganz sicher, aber was ist mit mir? Wie sehr würdest du um meinetwillen kämpfen? Damals auf dem Hügel hast du noch etwas gesagt: Der letzte Moment des Fallens ist der aufregendste. Was hast du tatsächlich mit mir vor, Paul?
    Liebe ist am Ende eine Frage des Glaubens, des Vertrauens, und Vertrauen ist blind. Du lässt dich darauf ein oder nicht, du entscheidest dich für A, oder du entscheidest dich für B. Ich entscheide mich in diesem Augenblick für das Fenster, weil es die einzige Möglichkeit ist, näher an Ava heranzukommen und weil diese gespenstische Angelegenheit dann hoffentlich ein Ende findet. Ich greife nach Pauls großer Hand, jener Hand, die ich vor vielen Jahren vor dem Traualtar gehalten habe. »Ich vertraue dir.«
    Er umarmt mich fester als jemals zuvor. »Ich liebe dich, Kate. Mehr, als du dir vorstellen kannst.«
    Ich sehe nach draußen. Der Regen hat zugenommen. Unsere Hände werden rutschig sein, der Fenstersims schlüpfrig. Unten auf der Terrasse werden die Pfützen immer größer. Ich stopfe die Beine von Marcus’ Jeans in die Socken, ziehe den Reißverschluss der Lederjacke ganz zu und klappe den Kragen hoch, um mich so weit wie möglich gegen Glasscherben zu schützen.
    »Mama! Was machst du?«
    Ich kann Josh nicht ansehen, denn ich darf mich durch nichts von der bevorstehenden Aufgabe ablenken lassen. »Ich möchte, dass du hier auf dieser Seite des Raums stehen bleibst, ist das klar?« Er schweigt.
    Wir ziehen das Bett unters Fenster, und Paul hakt sich mit den Füßen darunter ein, während seine Arme nach draußen hängen. »Das wird, Eggy!«
    Ich lächle halbherzig. »Im Klettern war ich schon immer gut.«
    »Komm gleich zu dieser Tür, ich bin dann auf der anderen Seite.«
    Während ich noch nicke, schwinge ich schon ein Bein aus dem Fenster. Nach unten schaue ich nicht. Stattdessen sehe ich Paul an, lehne mich zurück und bugsiere das andere Bein hinaus. Paul wischt sich die Hände an den Hosenbeinen trocken. Ich umfasse sein eines Handgelenk, und er stöhnt auf, als ich die Schwellung von den Fesseln berühre. »Entschuldige«, flüstere ich. Er schüttelt den Kopf, das ist jetzt nicht wichtig.
    Unter meinen Füßen ist erschreckende Leere. Mit einem Schrei lasse ich die Fensterbank los und packe Pauls anderes Handgelenk. »Sieh mich an!«, bettele ich. Er fixiert mich mit seinen großen braunen Augen. Über Jahre hinweg bin ich in diesen Augen versunken, freudig, im Schmerz, in Ekstase. Sollte ich fallen oder fallen gelassen werden, werden sie das Letzte sein, was ich sehe.
    Pauls Griff ist wie ein Schraubstock. »Bei ›drei‹ stößt du dich von der Wand ab, und ich gebe dir Schwung, so dass du mit den Füßen voran das Fenster durchschlägst.« Ich stemme die Schuhsohlen gegen die nasse Wand. »Eins.« Unter dem Fenster da unten steht Joshs Bett, das müsste meinen Aufprall, wenn ich denn reinkomme, etwas mildern. »Zwei.« Schreckliche Angst überkommt mich, aber bevor ich »Stopp!« rufen und durch das obere Fenster wieder hineinklettern kann, sagt er: »Drei!«, und mir stülpt sich der Magen um, als Paul mich von der Wand wegschleudert und ich drei Stockwerke hoch durch die Luft segele. Eine dünne Glasscheibe steht zwischen dem Tod und mir, sonst nichts. Ich ziehe die Beine an, und Paul lässt meine Hände los, und wenn ich Zeit hätte, würde ich beten, aber bevor ich dazu komme, treffen meine Füße auf Joshs Scheibe, und

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