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Ich habe sie getötet: Roman (German Edition)

Ich habe sie getötet: Roman (German Edition)

Titel: Ich habe sie getötet: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Knight
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nicht zu beruhigen. Es kostet mich eine Viertelstunde, ihr auszureden, dass sie vorbeikommen und »helfen« könnte. Lieber wäre ich mit Paul im Gefängnis, als zu ertragen, wie sie hier herumschwirrt und Spitzen gegen meine Erziehungsmethoden ablässt. »Ach, den Sender kenne ich gar nicht« oder: »In der Stadt brauchen die Kinder doch keine Gummistiefel, oder?«
    Gleich nach ihr ruft meine Mutter an, die endlich eine Bestätigung für ihren ewigen Fatalismus gefunden zu haben meint. »Wenn es nötig wird, kannst du jederzeit wieder zu mir nach Hause kommen«, sagt sie hoffnungsvoll. Wow, danke, das beste Angebot, das ich je hatte! Ich höre nur mit einem halben Ohr hin, denn inzwischen habe ich den Fernseher eingeschaltet und zappe mich durch die Kanäle. Als ich Gerry in einer Inside-Out -Wiederholung sehe, halte ich inne. Er ist in seiner Zelle und macht mit nacktem Oberkörper Liegestütze. Der Fernseher ist auf tonlos geschaltet; während meine Mutter immer weiterredet, zähle ich fünfundzwanzig Liegestütze. Bei jeder Bewegung zeichnen sich die Muskeln unter der Haut ab. Als meine Mutter auflegt, erhebt Gerry sich, lächelt in die Kamera, die irgendwo hoch oben an einer Wand befestigt ist, und schießt einen imaginären Pfeil ab, direkt auf mich.

31
    D as Wochenende hat sich hingeschleppt. Die ganze Zeit haben wir auf Neuigkeiten von Paul gewartet. Sie ließen ihn nicht gehen; aus seinen vierundzwanzig Stunden in Gewahrsam wurden sechsunddreißig und – nachdem ein Richter eine Unterschrift geleistet hatte – mehr. Aber das Leben geht weiter: Die Kinder müssen in die Schule, und ich muss zur Arbeit. Ich spähe von Avas Fenster aus hinunter auf die Straße. Zwei Kameraleute und Declan Moore lehnen an der Hauswand. Ich denke an Joshs Tränen und beschließe, ihm das nicht noch einmal zuzumuten.
    »Können wir jetzt immer so zur Schule gehen?«, fragt Ava und kreischt, als das Boot etwas schaukelt. Wir entkommen durch den Garten, über den Kanal und den Fußweg am anderen Ufer. Mit einem vorsichtigen Schlag gegen die Bordwand der Marie Rose habe ich Marcus geweckt und gefragt, ob er uns übersetzen kann. Er hat uns freundlich angeboten, uns die zehn Meter hinüberzurudern. Ich klammere mich am Bootsrand fest, bis meine Fingerknöchel weiß sind. Am Ende schnappen wir uns Schulranzen und Vesperdosen, und ich drücke Marcus kurz, heilfroh, dass ich die Leute, die da in der Kälte vor meiner Haustür lauern, ausgetrickst habe.
    »Seid ihr heute Abend da? Vielleicht müssen wir genauso zurück.«
    »Einer von uns wird wohl da sein. Ich komme euch holen, dann musst du nicht das Boot am Tau rüberziehen, du hast ja die Kinder und alles. Lange werden wir es aber nicht so machen können, wir wollen nämlich wegfahren … das heißt … wenn das irgendwie geht?«
    Während ich auf das schwarze Wasser starre, gestatte ich mir die erfreuliche Vorstellung von Max und Marcus im Skiurlaub. »Ich fürchte, morgen taucht die Polizei hier draußen auf, Marcus, wahrscheinlich mit Tauchern. Tut mir leid, wenn ihr dadurch gestört werdet.«
    Lächelnd hilft er uns beim Aussteigen und entblößt dabei eine Reihe Zähne, die Tom Cruise an seinem Zahnarzt zweifeln lassen müssten. »Vielleicht kann ich mich mit denen über das Equipment unterhalten; ich tauche nämlich total gern. Ich werde sie auf jeden Fall im Auge behalten.«
    »Danke für euer Verständnis.«
    Jetzt tut er etwas Überraschendes – er streckt die Arme aus und umarmt mich. Diese Freundlichkeit treibt mir die Tränen in die Augen. Ich lehne mich an ihn und bleibe lange so stehen. Die Brust, die ich unter der Fleecejacke spüre, ist härter als die meines Mannes. Als wir uns voneinander lösen, starren meine Kinder mich mit großen Augen an.
    Kaum betreten wir das Schulgelände, kann ich das Getuschel förmlich spüren. Ich sehe Hände, die gerungen werden, Hände, die vor Münder geschlagen werden. Leute, die ich überhaupt nicht kenne, starren mich an und sehen schnell wieder weg, sobald sie meinem Blick begegnen. So ähnlich muss es berühmten Leuten gehen. Wir sind jetzt ganz offiziell eine Familie, die in Schwierigkeiten steckt. Sarah legt einen Arm um mich und begrüßt die Kinder. »Ich hole euch heute mit ab, ja?« Wir nicken alle. Sie neigt den Kopf zu mir und flüstert mir ins Ohr: »Hast du die Presseleute vorm Haus?«
    »Ja. Marcus hat uns über den Kanal gerudert.«
    »Oh, sehr gut. Glaub mir, Kate, das geht nicht lange so. Ich habe mal für

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