Ich hasse dich - verlass mich nicht
Borderline-Patient verliert dieses wichtige Prinzip häufig aus den Augen. Stattdessen sieht er manchmal den Zweck der Therapie darin, dem Arzt zu gefallen oder mit ihm zu streiten, sich umsorgen zu lassen oder vorzugeben, dass keine Probleme bestehen. Manche Patienten betrachten die Therapie als Gelegenheit zur Flucht, Abrechnung oder zum Gewinnen eines Verbündeten. Doch das eigentliche Ziel der Behandlung sollte in der Gesundung bestehen.
Der Betroffene muss häufig an die Parameter der Therapie erinnert werden. Er sollte die Gruppenregeln verstehen, beispielsweise, wann ihm der Arzt zur Verfügung steht und welche Grenzen er hat, zeitliche Zwänge, die Beschränkung von Hilfsmitteln und die vereinbarten gemeinsamen Ziele.
Der Patient darf nicht vergessen, dass er sich, seine Zeit und seine Hilfsmittel bei der schwierigen Aufgabe, sich besser zu verstehen und eine Änderung seiner Lebensmuster zu bewirken, mutig einbringt. Ehrlichkeit in der Therapie ist daher von höchster Bedeutung um des Patienten willen. Er darf schmerzliche Bereiche nicht auslassen oder mit dem Therapeuten, dem er sich anvertraut hat, spielen. Er sollte das Bedürfnis, den Therapeuten zu kontrollieren oder von ihm gemocht zu werden, aufgeben. Wenn der Borderline-Patient versucht, eine angenommene Rolle zu spielen, verliert er die Tatsache aus den Augen, dass er nicht dem Therapeuten gefallen, sondern mit ihm als Partner zusammenarbeiten soll.
Am wichtigsten ist, dass der Patient immer das Gefühl haben sollte, er arbeite bei seiner Behandlung aktiv mit. Er sollte weder eine völlig passive Rolle annehmen und sich dem Arzt ganz beugen, noch zu einem wetteifernden, streitsüchtigen Rivalen werden, der auf die Beiträge des Therapeuten nicht hören will. Der Aufbau einer tragfähigen Beziehung zum Therapeuten wird zur hauptsächlichsten und zu Beginn wichtigsten Aufgabe des Borderline-Patienten, wenn er seine Reise hin zu geistiger Gesundheit beginnt.
Therapeutische Ansätze
Viele Ärzte unterscheiden bei der Einzeltherapie zwischen erforschenden und unterstützenden Techniken. Obwohl beide Stile sich überlappen, unterscheiden sie sich durch die Intensität der Therapie und durch die angewendeten Techniken. Wie wir im nächsten Kapitel sehen werden, wird eine Reihe von therapeutischen Strategien zur Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung eingesetzt. Einige Ärzte entscheiden sich für den einen oder anderen Stil, während andere Elemente aus beiden verbinden.
Die erforschende Therapie
Die erforschende Psychotherapie ist eine Abwandlung der klassischen Psychoanalyse. Meistens werden zwei oder mehr Sitzungen pro Woche abgehalten. Diese Form der Therapie ist intensiver als die unterstützende Therapie (siehe unten), ihr Ziel ist ehrgeiziger: Die Persönlichkeitsstruktur soll geändert werden. Der Therapeut gibt dem Patienten wenig direkte Anleitung. Stattdessen konfrontiert er den Patienten, um auf die Destruktivität bestimmter Verhaltensweisen hinzuweisen und unbewusste Verhaltensweisen zu interpretieren, in der Hoffnung, dass sie dadurch überwunden werden.
Wie auch bei weniger intensiven Formen der Therapie liegt die Hauptbetonung auf Fragen des Hier und Jetzt. Die genetische Rekonstruktion, die sich auf die Kindheit und Entwicklungsprobleme konzentriert, ist wichtig, wird aber weniger als in der klassischen Psychoanalyse betont. Die Hauptziele in den Anfangsstadien der Behandlung sind, Verhaltensweisen zu verringern, die selbstzerstörerisch sind und den Behandlungsprozess stören (dazu zählt auch die vorzeitige Beendigung der Therapie), die Verpflichtung des Patienten, sich zu ändern und eine vertrauensvolle, verlässliche Beziehung zwischen Patient und Arzt aufzubauen. In späteren Stadien werden die Prozesse, die zu einem getrennten, selbstakzeptierenden Identitätsgefühl führen, betont sowie die Etablierung beständiger und vertrauensvoller Beziehungen und die Toleranz von Alleinsein und Trennungen (dazu zählt auch die Trennung vom Therapeuten). 108 , 109
Die Übertragung während der erforschenden Therapie ist intensiver als in der unterstützenden Therapie. Die Abhängigkeit vom Therapeuten wird zusammen mit Idealisierung und Abwertung leidenschaftlicher als in der klassischen Psychoanalyse erfahren.
Die unterstützende Therapie
Eine unterstützende Einzeltherapie wird meistens einmal pro Woche durchgeführt. Konkrete Ratschläge, Erziehung und Rückversicherung ersetzen die Konfrontation und Interpretation
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