Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich hasse dich - verlass mich nicht

Ich hasse dich - verlass mich nicht

Titel: Ich hasse dich - verlass mich nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Kreisman
Vom Netzwerk:
zugeben. Eva erkannte, dass ihre Wut auf den männlichen Therapeuten in Wirklichkeit eine Übertragung des Zorns auf ihren Vater war, und sah, dass sie zwanghaft versuchte, diese Vater-Tochter-Beziehung mit anderen Männern zu wiederholen. In der Gruppe begann Eva, mit neuen Möglichkeiten der Wechselbeziehung zu Männern und Frauen zu experimentieren. Gleichzeitig konnte sie sich von der erstickenden Beschäftigung mit den Problemen ihrer Familie lösen.
    Die meisten standardisierten Therapien (siehe Kapitel 8) verbinden die Gruppentherapie mit der Einzelbehandlung. Einige Ansätze (beispielsweise die mentalisierungsbasierte Therapie [MBT]) sind bei weniger Führung durch den Therapeuten psychodynamisch und erforschend. Andere (etwa die Dialektisch-Behaviorale Therapie [DBT] und das Systems Training for Emotional Predictability and Problem Solving [STEPPS]) sind mit Vorträgen, »Hausaufgaben« und Beratung im Gegensatz zu nicht direktiven Interaktionen stärker auf Unterstützung, Verhalten und Schulung ausgerichtet.
    Familientherapien
    Die Familientherapie ist eine logische Methode für die Behandlung einiger Borderline-Patienten. Oft entsteht diese Störung durch Beziehungen mit den Eltern, die in ständigen Konflikten leben. Diese können schließlich auch den Partner des Borderline-Patienten und seine Kinder mit einbeziehen.
    Obwohl die Familientherapie manchmal mit ambulanten Patienten durchgeführt wird, wird sie meistens zum Zeitpunkt einer Krise oder während eines Krankenhausaufenthalts initiiert. Zu diesem Zeitpunkt kann die Weigerung der Familie, sich an der Behandlung zu beteiligen, leichter überwunden werden.
    Die Familien von Borderline-Patienten sträuben sich häufig aus mehreren Gründen gegen eine Behandlung. Sie fühlen sich an den Problemen des Patienten mitschuldig und haben Angst, dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Außerdem sind die Bindungen in Borderline-Familiensystemen oft sehr starr; die Familienmitglieder sind Außenstehenden gegenüber misstrauisch und haben Angst vor Veränderung. Obwohl die Familienmitglieder (bewusst oder unbewusst) daran mitarbeiten, dass die Verhaltensweisen des Patienten aufrechterhalten bleiben, lautet die Einstellung der Familie häufig: »Machen Sie ihn gesund, aber geben Sie uns nicht die Schuld, und versuchen Sie auf keinen Fall, uns zu ändern.«
    Es ist jedoch von großer Bedeutung, zumindest etwas Unterstützung von der Familie zu erhalten, denn ohne sie könnte die Behandlung sabotiert werden. Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen werden bei der Familientherapie der Patient und die Eltern und manchmal die Geschwister einbezogen. Für den erwachsenen Borderline-Patienten, der verheiratet ist oder eine feste Beziehung hat, bezieht die Familientherapie den Partner und manchmal die Kinder des Paares mit ein. (Leider decken viele Versicherungspolicen Behandlungen wie »Ehetherapie« oder eine Behandlung der Familie nicht ab.) Bei den Dynamiken der Familieninteraktion geht es meistens um eins von zwei Extremen: Die Familienmitglieder sind entweder sehr fest miteinander verbunden oder sehr distanziert. Im ersten Fall ist es wichtig, eine Übereinkunft mit allen Familienmitgliedern zu erlangen, denn ohne ihre Unterstützung kann der Patient eine unabhängige Behandlung nicht aufrechterhalten. Wenn die Familie sich entfremdet hat, muss der Therapeut die potenzielle Wirkung der Familienverstrickung sorgfältig abschätzen: Wenn eine Aussöhnung möglich und wünschenswert ist, kann diese ein wichtiges Ziel sein. Wenn eine Aussöhnung jedoch nachteilig oder hoffnungslos unrealistisch scheint, muss der Patient Fantasievorstellungen über eine Wiedervereinigung möglicherweise aufgeben. Die Trauer über den Verlust einer idealisierten Familienbeziehung kann sogar ein wichtiger Meilenstein in der Therapie sein. 113 Familienmitglieder, die sich einer erforschenden Psychotherapie widersetzen, könnten dennoch gewillt sein, sich bei einem psycho-erzieherischen Format zu beteiligen, wie es das STEPPS-Therapieprogramm darstellt (siehe Kapitel 8).
    Die 26-jährige Deborah kam mit einer Geschichte von Depressionen, Selbstverletzung, Alkoholismus und Bulimie ins Krankenhaus. Gespräche mit der Familie ließen auf eine ambivalente, aber im Grunde unterstützende Beziehung mit ihrem Mann schließen. Im Verlauf der Therapie konzentrierte man sich auf bisher nicht aufgedeckte Episoden von sexuellem Missbrauch durch einen älteren Jungen aus der Nachbarschaft, der

Weitere Kostenlose Bücher