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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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Untier. Ich habe ihm den Garaus gemacht.
    Aber jetzt ist alles gut im Reiche. Ich halte meine ungezogenen Fraktionen im Gleichgewicht, habe sie besänftigt, und sie haben mir keine weiteren Probleme bereitet.
    Nur die Stimmen in meinem Kopf, die ärgerlichen Visionen, sind ein Problem. Gelegentlich habe ich Dinge getan, an die ich mich dann nicht erinnern konnte, aber ich habe sie immer so bald wie möglich wieder richten können, und so wurde kein Unheil angerichtet.
    Ach ja – da war dieser Dummkopf, der mich kürzlich (gestern?, oder ist es schon länger her?) fragte, welches meine erste Erinnerung sei. Ich war grob zu ihm. Ich muss nach ihm schicken und es wiedergutmachen. Solche Aufräumarbeiten beschäftigen mich in letzter Zeit oft. Aber zur Majestät gehört immer auch Gnade.
    Es kostet viel Zeit, den Schaden zu beheben, den die Stimmen in meinem Kopf anrichten. Aber sie lassen schon nach, und bald habe ich mehr Zeit, mich um die Dinge zu kümmern, die meinem Herzen lieb sind. Mein Leben lang habe ich darauf gewartet. Endlich ist es fast erreicht. Oh, einfach nur Mensch sein!

CXXXI
    Will:
    U nd hier ist es zu Ende, wie es mit dem König selbst wenige Tage später zu Ende war. König Heinrich der Achte starb mit sechsundfünfzig Jahren, im achtunddreißigsten Jahr seiner Regentschaft, als er noch viel länger zu leben und zu regieren gedachte.
    Nach Brandons Tod war er nicht mehr der Alte. Den tapferen Worten in seinem Tagebuch zum Trotz war er die meiste Zeit, die ihm noch blieb, melancholisch und krank – am Körper und auch im Geiste.
    Die Dinge, von denen er spricht – ob er sie wirklich so gesehen hat? Wenn ja, dann war sein Kopf so verdreht, dass er nicht mehr er selbst war. Hier sind die Tatsachen, wie jeder Engländer sie kennt, aber vielleicht Ihr auf dem Kontinent nicht:
    Der Gesundheitszustand des Königs war entsetzlich. Sein Herz begann zu versagen, und oft schlug es wild und unregelmäßig, und dann war er atemlos und benommen.
    Zur gleichen Zeit (ich zaudere, es niederzuschreiben) hörte er auf, normal zu pissen; sein Körper wusste sich seines Wassers nicht mehr zu entledigen. Die Ärzte nahmen ihm täglich seinen Urin ab und studierten ihn, wussten auch einen Namen dafür – »Urin der Wassersucht«, sehr schlau! –, aber in der Behandlung waren sie hilflos. Die Wassersucht ließ ihn zu grotesken Proportionen anschwellen und machte jede normale Bewegung unmöglich. Die meiste Zeit konnte er nicht mehr gehen, und so musste er in einer besonders ausgestatteten Sänfte im Palast umhergeschleppt und mit mechanischen Flaschenzügen in sein Bett gesenkt und wieder herausgehoben werden.
    So flatterte sein Herz wie ein kranker Vogel, während sein Körper vom Wasser wie ein Ballon aufschwoll. Und eine Behandlung gab es nicht; es war eine verbreitete Art, zu sterben, aber es hatte keinen Namen. Außer vielleicht »Alter«. (Aber nicht alle Alten werden davon befallen.)
    Das Wasser und die Schwellung seines ganzen Körpers drückten ihm auf das Gehirn, und dies im Verein mit seinen »Erscheinungen« ließ ihn unberechenbar, jähzornig und misstrauisch werden. Wenn der Druck besonders schlimm wurde (und um das zu erkennen, brauchte man nur einen Blick in sein Gesicht zu werfen: Aufgedunsenheit dort bedeutete auch Aufgedunsenheit in seinem Hirn), wandte er sich noch gegen die, die ihm am liebsten waren. So gab er den Befehl, Cranmer und auch seine geliebte Kate zu verhaften und in den Tower zu werfen – auf das Drängen ihrer Feinde hin, die sein Gesicht nach den verräterischen Schwellungen absuchten, wie Seeleute den Himmel beobachten. Als er wieder zu sich kam, hob er die Befehle auf und vernichtete die Intriganten. Aber es war eine scheußliche Zeit für Schuldige und Unschuldige gleichermaßen.
    Ansehen und Einfluss der Protestanten in England nahmen von Tag zu Tag zu – trotz aller Versuche des Königs, dem Land einen Katholizismus ohne Papst zu bewahren: seine eigene Vision, die niemand sonst teilte. Die wahren Katholiken hofften auf eine Restauration – wenn schon nicht unter Edward (der vom Protestantismus hoffnungslos infiziert war), dann vielleicht unter Maria. Die Protestanten rieben sich entzückt die Hände, weil sie nun bald zu ihrem Recht kommen würden. Anne Askew, die »von Visionen heimgesuchte Jungfer«, wie Heinrich sie nannte, war ein protestantisches Opfer, welches bewies, dass die Protestanten ebenso tapfere Märtyrer hervorbringen konnten wie die viel gerühmten frühen

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