Ich Ich Ich - wir inszenieren uns zu Tode
denen mancher Anleger viel Geld verloren hat, und »könnte selbst den Eskimos Kühlschränke verkaufen«, wie ihn seine Gattin einmal lobte. Beide Branchen sind verwandt, denn auf dem grauen Kapitalmarkt wie im Charitainment geht es vor allem um eines: dass die Initiatoren gut aussehen. Die gemeinsame Tochter Chiara ist der Mutter übrigens wie aus dem Gesicht geschnitten und fühlt sich unwohl, wenn keine Kamera auf sie gerichtet ist (→ Die Copy-Göre).
Vornehme Zurückhaltung, die Stars von früher wie etwa Audrey Hepburn bei ihrem jahrzehntelangen Engagement für das Kinderhilfswerk Unicef auszeichnete, ist der Charity-Lady fremd. Heute gehört zur kleinen Wohltat unbedingt das große Bohei. So kam die Popikone Madonna, die mittlerweile zwei Kinder aus Malawi adoptiert hat, auf die Idee, für die vielen anderen, die dort bleiben müssen, eine Stiftung zu gründen. Die trägt den hochtrabenden Namen Raising Malawi. Statt gleich dem ganzen Land aufzuhelfen, sollte erst einmal eine Schule für 500 Mädchen gebaut werden; dafür hatten Madonna & Friends (unter anderem Tom Cruise) 18 Millionen Dollar gespendet. Doch aus dem Projekt wurde nichts, weil der Stiftungsvorstand allein 3,8 Millionen für schöne Reisen ausgab, statt die Bauern zu entschädigen, auf deren Grundstücken die Schule gebaut werden sollte. Nach dieser peinlichen Panne nahm sich die Global Philanthropy Group der Stiftung an, eine Firma, die darauf spezialisiert ist, Wohltätern beim Helfen zu helfen.
Ein vielversprechendes Geschäftsmodell, hat die Charity-Lady doch zu viel mit sich selbst zu tun, als dass sie sich noch ernsthaft um anderes kümmern könnte. Und ein gewisser Weltverbesserungsanspruch gehört heutzutage bereits für C-Promis zur Abrundung des Images dazu. Was sie so treiben, kann man auf der Website looktothestars.org nachlesen. Dort sind Hunderte mehr oder weniger bekannter Namen – von Aaron Carter bis ZZ Top – mit ihren Aktivitäten aufgelistet. Unter anderem auch die notorische Sarah Connor als Unterstützerin von Peta. Die Tierrechtsorganisation setzt bei ihrer PR massiv auf Promis, gern auch auf hüllenlose (»Lieber nackt als im Pelz«). Hierzulande sorgte die Organisation mit einer geplanten, äußerst geschmacklosen und höchstrichterlich verbotenen Kampagne »Der Holocaust auf Ihrem Teller« für Schlagzeilen: Plakatiertwerden sollten Bilder von KZ-Häftlingen neben Aufnahmen aus der Massentierhaltung.
Wie man den eigenen Vorteil elegant mit einem guten Zweck kombiniert, demonstrierte die Charity-Lady par excellence: Elton John. Er ließ sich nach dem Unfalltod von Lady Diana am 31. August 1997 in Windeseile einen neuen Text für den alten Song »Candle in the Wind« schreiben und gab »Goodbye, England’s Rose« in einem priesterähnlichen Habit bei der live übertragenen Trauerfeier aus der Londoner Westminister Abbey vor einem Milliardenpublikum zum Besten. Die Single mauserte sich zur bislang meistverkauften, die Erlöse gingen an die Diana-Stiftung, und Elton John wurde zur Belohnung von Königin Elizabeth II. zum Ritter geschlagen. Die Rolle des Trostspenders gefällt Sir John offenbar gut. So diente er sich nach dem Amoklauf an einem Erfurter Gymnasium 2002 für ein Benefizkonzert in der Stadt an. Er habe sich dazu entschlossen, so sein Kölner Agent, weil die Fernsehbilder ihn »schwer geschockt« hätten.
Der Clan-Chef
Steigert das Promi-Prinzip konsequent und liefert nicht nur sich, sondern auch seine Familie den Medien aus. Der einstige »Fürst der Finsternis« und Black-Sabbath-Sänger Ozzy Osbourne gab in der Doku-Serie The Osbournes mehr über sich und seinen ebenso kaputten Anhang preis, als wir je zu wissen wünschten. Diesem großen Vorbild folgte der österreichische Bauunternehmer und Berufs-Exzentriker Richard »Mörtel« Lugner mit der Sendung Die Lugners . Der alte Mann ließ sich mit seiner Entourage – seine deutlich jüngere Frau Katzi (die Vorgängerin hieß Mausi), die Tochter Jacqueline (»Jackie«) und weitere Verwandte und Bekannte – beim Shoppen, Streiten, Schwafeln und natürlich beim Opernball beobachten. Organisiert wird der Zirkus vom Freund seiner Tochter, Helmut Werner (Er sei »für die Marke Lugner zuständig«). Der »alternde geile Baumeister« – so nannte Desirée Treichl-Stürgkh, die Opernball-Organisatorin, Lugner – zeigt aller Welt, dass es nichts Peinlicheres gibt als Männer, die ihrer Jugend nachtrauern.
Im selben Fach versucht sich auch der »König von
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