Ich Ich Ich - wir inszenieren uns zu Tode
wie man so kleinlich und undankbar sein kann.
Dem Blender ist zugutezuhalten, dass die Leute sich gern hinters Licht führen lassen. Sie folgen ihm nur allzu willig, was sein Riesen-Ego noch weiter anschwellen lässt. So erging es auch Jürgen Klinsmann. Der einstige Torjäger führte als Bundestrainer die Fußballnationalelf bei der Weltmeisterschaft 2006 aus dem Jammertal ins Sommermärchen (Platz 3). Dabei wirkte er vor allem als Motivationskünstler – »Die [die Polen] stehen mit dem Rücken zur Wand – und wir knallen sie durch die Wand hindurch!« –, während die eigentliche Arbeit sein damaliger Assistent und späterer Nachfolger Joachim Löw erledigte. Fasziniert vom Strahlemann, engagierte der FC Bayern München »Klinsi« später als Coach. Dort machte er durch das Aufstellen von Buddha-Figuren und große Sprüche auf sich aufmerksam: »Ich will jeden Spieler jeden Tag ein wenig besser machen.« Weil das Gegenteil eintrat, wurde er nach zehn Monaten abgelöst.
Irgendwann als nackter Kaiser enttarnt zu werden, gehört zum Berufsrisiko des Blenders (außer er ist Künstler, s. o.). Doch bis es so weit ist, kann er allerhand Schaden anrichten, wie die Geschichte des sogenannten Kommunistenjägers Joseph McCarthy zeigt. Der in Washington zunächst unbekannte Senator wollte Journalisten für sich interessieren. Und dachte sich zu diesem Zweck die abenteuerliche Geschichte aus, ganz Amerika sei von Roten unterwandert. So wurde er bald weltbekannt und verantwortlich für die größte Hexenjagd in den USA. Er selbst hat wohl nie an seine Story geglaubt, wie der Filmemacher Lutz Hachmeister in seinem Dokudrama »The Real American – Joe McCarthy« erhellt.
Zum bislang größten Blender in der deutschen Nachkriegsgeschichte brachte es der CSU-Politiker Karl-Theodor zu Guttenberg. Mithilfe fast der gesamten Presse – von Bild über Stern und Spiegel bis zur Zeit – überzeugte er die Nation, ein schneidiger Kerl und kommender Bundeskanzler zu sein. Dabei agierte der junge Mann nur so wendig wie andere Politiker auch: als Bundeswirtschaftsminister erst Staatshilfen für Opel ablehnen, dann abnicken; als Verteidigungsminister das Bombardement von Zivilisten in Afghanistan erst für »militärisch angemessen«, dann für »militärisch nicht angemessen« erklären; die Wehrpflicht erst verteidigen, dann abschaffen. Zweifel an ihm kamen erst auf, als publik wurde, dass der »Mann des Jahres 2010« ( Focus ) seine Doktorarbeit nahezu vollständig aus zahlreichen, aber nicht angegebenen Quellen abgeschrieben hatte. Trotzdem hielt die Öffentlichkeit – allen voran die Bild -Zeitung (»Scheiß auf den Doktor«) – eisern an ihm fest. Zudem konnte er auf rund 500.000 treue Knappen bei Facebook zählen. Dummerweise entpuppten sich diese Gutti-gut-Finder als ebensolche Maulhelden wie ihr Idol. Als es darum ging, bei bundesweiten Soli-Demos Flagge für KTG zu zeigen, war nur ein Häuflein zur Stelle.
Merke: Auf Blender ist in Wirklichkeit kein Verlass. Auf die Vergesslichkeit der Medien dagegen schon. Deshalb wäre ein Comeback des »Franken-Obama« ( Stern ) möglich – wäre der nicht allzu sehr von sich selbst geblendet.
Die Charity-Lady
Nutzt eine perfide Methode, um auf sich aufmerksam zu machen. Der gute Zweck – ein paar Euro für arme Kinder, Tiere oder die Darmkrebsvorsorge sammeln – dient ihr als Vorwand, um mit Gleichgesinnten einen draufzumachen und dazu die Presse einzuladen. Hinterher freut sich die Charity-Lady, die häufig zu stark geschminkt, toupiert und aufgespritzt ist, über die schönen Fotos und Artikel in den Klatschblättern. Dort (in diesem Fall im Express ) ist dann Folgendes zu lesen: »Hollywood-Glamour in der Landeshauptstadt! Düsseldorfs Charity-Lady Ute-Henriette Ohoven hatte zur 19. internationalen Unesco-Gala ins Maritim-Hotel geladen. Und alles, was Rang und Namen hatte, kam. […] Rund 60 Meter lang war der rote Teppich. 1200 Gäste (Eintrittskarte 500 Euro) lieferten sich ein Defilee im Blitzlichtgewitter. Sienna Miller in einem Stella-Mc-Cartney-Kleid: ›Ich bin mit meiner Mutter und Freunden hier.‹ Und wo ist Freund Jude Law? ›Keine privaten Fragen, bitte!‹«
Die von der Bunten sogar zur »Charity Queen« geadelte Ute Ohoven ist Sonderbotschafterin für die Unesco und mit Mario Ohoven, dem Präsidenten des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft, verheiratet. Er ist mit sogenannten steueroptimierten Anlagen wie Film- und Immobilienfonds reich geworden, bei
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