Ich koch dich tot: (K)ein Liebes-Roman
sie eigentlich wollte, bis sie schließlich ihre Serviette beiseitelegte und aufstand. Auch ihr war ein bisschen schlecht. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, in diesem Lokal Fisch zu essen.
»Lass uns zahlen«, sagte sie. »Ein Dessert ohne dich kommt überhaupt nicht in Frage. Du legst dich gleich hin, ich packe die Koffer, ja?«
»Dein Wunsch ist mir Befehl«, erwiderte Jan.
Im Bungalow angekommen, ließ er sich aufs Bett fallen, während Vivi die Schränke ausräumte. Es hatte sich ziemlich viel angesammelt, was sie im Urlaub gekauft hatten: hauchdünne Tops, Bikinis und Souvenirs für Vivi. Dazu eine neue Taucherbrille für Jan, einige Designer-T-Shirts und eine silberne Halskette. War das nötig gewesen? Eigentlich nicht, gestand sich Vivi ein. Aber irgendwie schaffte es Jan immer, sie mit seiner kindlichen Freude am Kaufen anzustecken.
»Oje«, sie stemmte die Arme in die Hüften. »Wir brauchen eine zusätzliche Tasche für das ganze Zeug. Vielleicht …«
Sie hielt inne. Als hätte ihr jemand ein Messer in den Bauch gerammt, krümmte sie sich vor Schmerzen.
»Liebling!« Jan richtete sich im Bett auf. »Was hast du?«
»Bauchweh«, ächzte Vivi.
Stöhnend fiel sie in einen Sessel. Ihr Körper kämpfte gegen etwas, auch wenn sie nicht wusste, wogegen. Ob das der Fisch in der Salzkruste gewesen war? Hatte sie eine Fischvergiftung? Jan ging es jedenfalls wieder gut, der hatte den Wolfsbarsch ja auch nicht angerührt. Als hätte er geahnt, dass damit etwas nicht stimmte.
»Wir müssen einen Arzt holen«, murmelte sie.
Sofort lief Jan zum Haustelefon und drückte eine Taste. Er wartete eine Weile, zuckte mit den Schultern und legte auf.
»Das gibt’s doch nicht!«, rief er wütend. »Es geht keiner ran! Halt durch, Liebling, ich laufe hoch zur Rezeption und hole Hilfe!«
In Windeseile schlüpfte er in seine Slipper und rannte los. Vivi schleppte sich mit letzter Kraft zum Bett. Die Schmerzen waren teuflisch und wurden immer stärker. Sie sah auf ihre Armbanduhr. Mach schnell, betete sie. Aber nichts geschah. Wo blieb Jan? Er konnte sie hier doch nicht einfach allein lassen! Wie Feuer brannte es in ihrem Magen, sie zitterte am ganzen Körper. Die Minuten vergingen quälend langsam. Sie musste etwas tun! Doch ihr Körper schien seine gesamten Muskeln verloren zu haben. Sie konnte nicht mal einen kleinen Finger bewegen.
Gelähmt!, durchzuckte es sie, ich bin gelähmt! Allmählich fragte sie sich, ob sie dies alles überleben würde. Dennoch schaffte sie es, sich vom Bett zu rollen. Auf allen vieren kroch sie in Richtung Badezimmer, Zentimeter für Zentimeter, mit einer schier unmenschlichen Kraftanstrengung.
Sie kam nicht weit. Das Letzte, was sie tat, war, sich einen Finger in den Hals zu stecken. Röchelnd erbrach sie sich, mitten im Schlafzimmer. Dann wurde ihr schwarz vor Augen.
Als sie erwachte, war eine Dreiviertelstunde vergangen. Noch immer war Jan nicht zurückgekehrt. Wo war der rettende Arzt? Wenigstens ging es ihrem Magen schon etwas besser. Sie konnte sich auch wieder bewegen. Ihr ganzer Körper flog, als sie sich zum Badezimmer schleppte und sich ein Glas Wasser eingoss.
Eine weitere Stunde verging, bevor Jan leise die Tür desBungalows öffnete. Überrascht musterte er Vivi, die auf dem gekachelten Boden des Badezimmers saß, die Arme um die Knie geschlungen.
»Es ist ein Skandal!«, polterte er los. »Ich hab mir die Hacken abgerannt, aber es war kein Arzt auf dieser Scheißinsel zu finden! Die Leute vom Hotel haben rumtelefoniert, ohne Erfolg. Es gab wohl einige weitere Notfälle heute Abend.« Mit einem besorgten Gesichtsausdruck kniete er sich neben Vivi. »Wie geht es dir, mein armer Liebling?«
»Schon etwas besser«, sagte Vivi tonlos.
»Wie gut, dass wir morgen abreisen, das ist eine Mistbude hier«, schimpfte Jan weiter.
»Ja, ich möchte nach Hause«, wimmerte Vivi und fing an zu weinen.
Kapitel dreizehn
»Heute Abend um sieben?«, fragte Vivi und hielt ihr Handy dicht ans Ohr gepresst, um Jans Stimme besser zu verstehen. Er war schon auf dem Weg nach Frankfurt, während sie noch daheim ihren Cappuccino trank.
»Ich bringe Lammfilets mit«, erwiderte er. »Und einen klasse Rotwein. Bordeaux, Jahrgang neunzehnhundertvierundsechzig, eine echte Offenbarung. Bis heute Abend, mein Schatz.«
»Freu mich drauf. Aber noch mehr auf dich!«
Das Leben mit Jan übertraf ihre kühnsten Erwartungen. Alles fühlte sich richtig an. Der Zwischenfall auf den Malediven
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