Ich koch dich tot: (K)ein Liebes-Roman
auf meine Spur.«
»Aha. Weiter?«
»Ich wollte bremsen, aber es ging nicht. Ich habe das Pedal ganz durchgetreten, ehrlich, doch ich wurde nicht langsamer. Dann sah ich die Kinder, es waren Kinder in dem blauen Auto, wissen Sie, und ich wollte nicht, dass sie verletzt werden. Deshalb lenkte ich nach rechts, und dann ging es los, bum, bum, bum, immer an die Leitplanke …«
Vivi konnte nicht weitersprechen.
»Vielen Dank, das reicht fürs Erste.« Der Polizist stand auf. »Ihr Wagen wird gerade untersucht. Scheint so, als ob die Bremsen versagt hätten. Die Leitungen für die Bremsflüssigkeit waren durchtrennt, als hätte jemand den Wagen … Nun ja, ich will nicht spekulieren. Auf Wiedersehen, Frau Bernburg, und gute Besserung.«
Er war kaum aus Vivis Blickfeld geraten, als Jan an ihr Bett stürzte und sie küsste.
»Mein Liebling! Wie geht es dir? Ich bin krank vor Sorge! Was war denn überhaupt los?«
»Die Bremsen waren kaputt«, flüsterte Vivi.
Jan bekam fast einen Tobsuchtsanfall. »Verdammte Mistkarre! Hab ich’s doch immer schon gesagt, dass dieses Ding auf den Schrott gehört! Mein Gott, Vivi, wenn dir was zugestoßen wäre! Du könntest tot sein!«
Er drehte sich zum Arzt um, der neben dem Bett ausharrte. »Wie lange muss sie hier bleiben? Ich würde sie am liebsten gleich mit nach Hause nehmen.«
»Heute muss sie noch unter Beobachtung bleiben, aber es spricht nichts dagegen, dass wir sie morgen früh entlassen. Allerdings darf sie sich nicht bewegen und sich nicht anstrengen. Gibt es jemanden, der sie versorgt?«
Jan warf sich in Positur. »Ich bin ihr Mann! Ich werde sie versorgen! Die nächste Woche nehme ich frei, dann kann ich mich rund um die Uhr um sie kümmern!«
Glücklich sah Vivi zu ihm. Wie sich das anhörte – ich bin ihr Mann. Endlich hatte sie die starke Schulter, nach der sie sich immer gesehnt hatte. In guten wie in schlechten Tagen.
»Sehr gut«, lobte der Arzt. »Bitte nur leichte Kost, ein bisschen Suppe zum Beispiel. Sie muss sich schonen. Auch wegen ihres Zustands. Aber keine Sorge, dem Kind ist nichts passiert.«
Vivi war wie vom Blitz getroffen. »D-dem – K-kind?«, stotterte sie.
Alles Blut wich aus Jans schmalem Gesicht. »Meine Frau ist – schwanger?«
»Achte Woche«, bestätigte der Arzt. »Wie gesagt: Sie haben großes Glück gehabt.«
»Nein, ich habe das größte Glück der Welt!«, schrie Jan und schlang seine Arme um Vivi. »Mein Liebling, mein wunderbarer Liebling, wir werden Eltern!«
Wie ein Sturzregen strömten die Tränen über Vivis Wangen.»Jan, oh …« Mehr konnte sie nicht sagen, so glücklich und verwirrt war sie. Noch verwirrter wurde sie, als Jan zu schluchzen anfing.
»Also, bitte absolute Ruhe«, wiederholte der Arzt. »Die ersten drei Monate sind heikel, danach sind Sie auf der sicheren Seite. Meine Gratulation.«
»Sie können sich auf mich verlassen«, versicherte Jan schniefend.
Vivi wäre am liebsten aus dem Bett gesprungen, um einen Freudentanz zu vollführen. Was gab es Schöneres, als ein Kind zu erwarten von dem Mann, den sie liebte und auf den sie sich wirklich verlassen konnte?
Drei Tage darauf ging es Vivi bereits wesentlich besser. Sie konnte schon im Bett sitzen und sogar ein paar Schritte gehen, ohne dass ihre angeknackste Rippe sich meldete. Immer wieder dachte sie an das Kind, das in ihr wuchs. Ob es ein Mädchen werden würde? Oder ein Junge?
»Du kleine Maus«, flüsterte sie, die Handflächen auf ihren Bauch gelegt. »Mami wird immer gut für dich sorgen.«
Sie lag im Schlafzimmer, im ersten Stock des Reihenhauses, in ihrem Prinzessinnenbett. Tiger hatte es sich neben ihr gemütlich gemacht. Auf dem Nachtschrank stand ein riesiger Blumenstrauß, den Ela ihr gebracht hatte. Die Neuigkeit, dass Vivi ein Baby erwartete, hatte sie mit spitzen Jubelschreien kommentiert. Dann hatten sie einen ganzen Abend lang nur über das Kind geredet, über Fläschchen und Lätzchen und die Erstausstattung, die Ela Vivi schenken wollte.
Einstweilen jedoch musste Vivi sich ausruhen, wie vom Arzt angeordnet. Das war sicherlich vernünftig. Doch zusehendswurde es ihr langweilig im Bett. Das Fernsehprogramm war unterirdisch, alle Zeitschriften waren durchgeblättert. Wie gern wäre sie losgezogen und hätte selbst ein paar Babysachen gekauft. Es gab so viel zu bedenken – Wickeltisch, Bettchen, Spielzeug. Aus dem Gästezimmer am Ende des Flurs, das jetzt ein graues Dasein als Abstellraum fristete, würde ein süßes kleines
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