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Ich komme um zu schreiben

Ich komme um zu schreiben

Titel: Ich komme um zu schreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Dahl
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aufzuregen!
    „Es ist kein Schund“, wiederholte sie. „Ich verstehe, warum du das sagst, aber wenn du auch nur einen einzigen meiner Romane gelesen hättest …“
    „Glaub mir, das werde ich, genauso wie jeder einzelne Einwohner von Tumble Creek!“
    „Ich … ich weiß ja, wie schwer das für dich sein muss, aber …“
    „Schwer, na sicher. Ich gehe gerade durch die Hölle, und du denkst, ich habe es schwer? Ist dir eigentlich klar, wie schrecklich es für mich ist, dass meine Familie gerade in einen weiteren Sexskandal verwickelt wird?“
    „Ja.“
    „Und das weißt du, seit du deinen Fuß in diese Stadt gesetzt hast!“
    „Ich …“
    Ben riss sich den Hut vom Kopf und schlug sich damit gegen den Oberschenkel, um sie zu unterbrechen. „Eigentlich wusstest du es schon, als du diesen verdammten Roman geschrieben hast!“
    Sie ballte die Fäuste. „Ich hätte nie im Leben gedacht, dass die Geschichte veröffentlicht wird! Um ehrlich zu sein, habe ich überhaupt nicht nachgedacht! Und als ich dann den Vertrag bekommen habe … Online-Publishing war damals noch eine ganz neue Branche. Ich dachte, na ja, vielleicht lesen das ein paar Hundert Leute und ich verdiene mir ein paar Dollar dazu, und das war’s dann! Aber als ich begriffen habe, dass …“
    „Du hattest zwei Wochen lang Zeit, mir davon zu erzählen.
    Ach Unsinn, zehn Jahre!“
    „Aber ich konnte es nicht!“
    Er war so wütend, dass seine Arme und Beine zitterten. „Und warum nicht? Und dieses eine Mal, Molly, kann ich dir wirklich nur raten, ausnahmsweise mal ehrlich zu sein.“
    Sie wich einen halben Schritt zurück und breitete in einer flehentlichen Geste die Hände aus. Ihre Augen wirkten unnatürlich hell. Sie glänzten vor Schmerz und bettelten förmlich um Verständnis.
    „Ben … Ich weiß, dass ich es dir hätte sagen sollen. Schon vor Jahren. Aber ich hab es einfach nicht über mich gebracht. Ich mochte dich, immer schon. Und darum wollte ich nicht, dass du meine perversen Fantasien liest.“
    „Aber dass Millionen von anderen Leuten sie lesen, war dir egal?“
    „Es wusste doch keiner, dass ich die Texte geschrieben habe! Und niemand wusste, dass du die Vorlage warst! Und außerdem waren es doch nur Fantasien!“
    „Und wie soll ich bitte meine Familie und meine Freunde und überhaupt jeden Menschen, den ich kenne, davon überzeugen, dass es sich nur um Fantasien handelt?“
    „Ich werde sie davon überzeugen“, sagte sie hastig.
    „Na klar, weil dir irgendjemand glauben wird. Ausgerechnet dir.“
    „Ich … Vermutlich hast du recht.“
    „Ganz genau. Ich habe recht. Es ist aus, Molly.“ Er blickte auf seine Hände herab. Seine Finger umschlossen die Hutkrempe so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten. „Aus und vorbei.“
    Er hörte sie tief seufzen. „Aber heute Morgen … heute Morgen hast du doch noch gesagt, dass du mich liebst! Und ich dachte, wir könnten versuchen …“
    „Heute Morgen hatte ich ja auch noch keine Ahnung, wiesehr du mich hintergangen hast! Weil du nämlich zu feige warst, mir die Wahrheit zu sagen! Es gibt nichts mehr, das einen Versuch wert wäre, Molly.“
    Gott, er hatte von Anfang an gewusst, dass Molly ihn ins Verderben stürzen würde. Und als er jetzt beobachtete, wie ihr die Tränen die Wangen hinabliefen, spürte er, wie der Schmerz einsetzte. Bisher war er bis auf seine Wut wie betäubt gewesen vor Schock und Erschöpfung. Aber jetzt fing es an wehzutun, und zwar schlimmer, als er es jemals für möglich gehalten hätte. Er hatte gesagt, dass er sie liebte. Und er hatte es so gemeint. Und jetzt zerbrach sein Herz in tausend Stücke.
    „Okay“, flüsterte sie erstickt. Dann nickte sie langsam. „Okay, es tut mir leid.“
    Nein, es ist nicht okay! wollte er schreien, aber er konnte den Anblick der Tränen auf ihren Wangen und den Drang, ihr eine ordentliche Ohrfeige zu verpassen, keine Sekunde länger unterdrücken. Also machte er auf dem Absatz kehrt und flüchtete. Er schaffte es gerade so in seinen Wagen, ohne etwas zu sagen, das er sein Leben lang bereuen würde. Etwas, das sie so sehr verletzen würde, wie sie ihn verletzt hatte.
    Langsam, Schritt für Schritt, wankte Molly in die Küche, trank ein Glas lauwarmes Wasser und erledigte den Abwasch. Dann checkte sie ihre Mails, sah sich kurz die Nachricht ihrer Lektorin an und aktualisierte ihre Website um das neue Veröffentlichungsdatum.
    Es war erst Mittag. Sie konnte jetzt nicht einfach wieder ins Bett gehen, oder?

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