Ich komme um zu schreiben
vorbeikommen, um nach dem Rechten zu sehen?!“
„Meine Güte, Molly, ich sitze doch schon längst in meinem Truck! Noch zwei Minuten, dann bin ich da. Das Telefon geht gleich …“
Und dann war er weg. Jetzt war sie wieder allein. Aber nur für zwei Minuten, das würde sie überstehen. Irgendwie.
Obwohl sie gerade erst auf dem Klo gewesen war, hatte sie schon wieder das Gefühl, pinkeln zu müssen. Ein paar ihrer Romane waren ganz schön spannend, aber mit einem Mal begriff sie, dass es ihr nie gelungen war, wahre Angst zu beschreiben. Ihre Heldinnen waren nie kurz davor gewesen, sich in die Hosen zu machen. Aber genau dieses Schicksal drohte Molly jetzt. Sie rollte sich zusammen und drückte sich Schutz suchend noch ein Stückchen näher ans Bett.
Die Ausstrahlung dieser Gestalt da draußen war zutiefst bedrohlich gewesen, auch wenn sie einfach nur dagestanden hatte. Sie wirkte so … vollkommen wahnsinnig.
Dabei hatte diese Person nicht mal etwas getan! Und Ben würde in einer Minute hier sein, und dann war alles gut.
Molly kniete sich vorsichtig hin und spähte über die Matratze. Da war niemand. Außer, der Typ kroch gerade durch die Schatten unter ihren Fenstern, um die Hintertür zu erreichen.
Aber die war ja abgesperrt. Ziemlich sicher, jedenfalls.
Sie hatte immer noch Angst, aber immerhin hatte sie sich wieder im Griff und konnte klar denken. Sie musste Ben die Haustür aufmachen.
Weil sie nicht würdelos auf allen vieren herumkriechen wollte, huschte sie geduckt in die Diele, wo sie das Licht anschaltete, um nicht hinter der nächsten Ecke ihrem Widersacher in die Arme zu laufen. Sie hatte genug Gruselfilme gesehen, um zu wissen, wie man sich in solchen Situationen verhielt.
Regel Nummer eins: Licht einschalten.
Regel Nummer zwei: Geh niemals in den Keller.
Regel Nummer drei: Bitte umgehend den superheißen Polizisten um Hilfe.
„Genau“, flüsterte sie, dann lugte sie um die Ecke, um sicherzugehen,dass der Weg zur Treppe frei war. Die Luft war zwar rein, aber trotzdem war es im Erdgeschoss für Mollys Geschmack ein bisschen zu schummrig.
Ein Schatten glitt an ihrem Wohnzimmerfenster vorbei, nur eine verschwommene dunkle Silhouette.
„Ein Zweig. Bitte lass es nur einen Zweig sein. Bitte!“
Dann blitzte ein Licht auf. Rot. Dann blau und wieder rot.
„Ben!“, keuchte sie und rannte auf die Treppe zu. „Ben, Ben, Ben!“ Bei jeder Stufe, die sie nahm, stieß sie seinen Namen hervor.
Im selben Augenblick, in dem ihr Fuß auf dem glatten Holzboden in der Diele aufsetzte, erschütterte ein lautes Klopfen das Haus.
„Molly!“, rief Ben vor der Tür, und sie fummelte mit zitternden Händen am Schloss herum, und dann war die Tür endlich offen, und Ben zog sie in seine Arme. „Alles in Ordnung?“
Sie nickte gegen seine Brust und ließ sich von ihm zurück ins Haus führen. „Ja, mir geht es gut.“
„Du hast nicht …“ Als er erleichtert seufzte, streifte sein warmer Atem ihr Ohr. „Ich habe versucht, dich vom Handy aus anzurufen … Mann, du hast mir echt eine Heidenangst eingejagt!“
„Mir geht es gut.“ Er roch warm und nach Sicherheit. Auf einmal kam Molly ihre Angst albern und ganz weit weg vor.
„Frank ist schon auf dem Weg. Wir müssen prüfen, ob hier drinnen alles sicher ist, und dann sehen wir uns mal draußen um.“
Sie drückte sich noch enger an ihn. „Ehrlich gesagt habe ich mich nicht wirklich um irgendwelche Sicherheitsvorkehrungen gekümmert.“
„Molly …“
„Ja, ja, ich weiß. Du bist Polizist, und ich bin einfach nur …“
Sie wollte, dass er bei ihr blieb, einfach nur blieb. Sie vielleichtins Bett brachte und ihr den Rücken kraulte, bis sie einschlief.
„Lass mich nur kurz einen Blick auf die Türen und Fenster werfen, und dann zeigst du mir, wo du ihn gesehen hast, okay?“
Molly schlich kleinlaut hinter Ben her, der gründlich alle Zimmer inspizierte. Sorgfältig überprüfte er jedes einzelne Schloss und Scharnier. Er stieg sogar in den Keller, aber hier siegte für Molly Regel Nummer zwei, und daher blieb sie sicherheitshalber oben auf dem Treppenabsatz stehen. Ihre Muskeln zuckten noch immer nervös, und sie hielt gespannt den Atem an, bis Ben wieder bei ihr war.
Als er an ihr vorbei in die Diele trat, holte eine laute Stimme sie zurück in die Realität. „Ich bin da, Chief.“
„Warte kurz“, antwortete Ben in ein kleines Gerät an seinem Revers, während Molly noch damit beschäftigt war, ihren Herzschlag wieder auf ein
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