Ich komme um zu schreiben
erträgliches Maß zu senken.
„Komm, wir gehen nach oben.“ Seine Hand ruhte für einen viel zu kurzen Moment auf ihrer Hüfte. Was sie nicht alles aus dieser Situation hätten machen können, wenn Ben nicht aus beruflichen Gründen zu ihr gekommen wäre …
Sobald sie oben im Schlafzimmer waren, schnappte Molly sich ihren zerknitterten Morgenmantel und schlüpfte hinein, während Ben das Telefon vom Boden aufhob und wieder auf den Nachttisch stellte.
„Okay, dann zeig mir mal, was du gesehen hast.“
Sie erklärte ihm den Vorfall, so gut sie konnte. Während sie sprach, kam sie sich zunehmend albern vor, aber Ben wirkte aufmerksam und ernst. Und dann war er weg. Verschwunden in der Nacht.
Molly beobachtete durchs Fenster, wie die Taschenlampenstrahlen durch die Dunkelheit tanzten, während Ben und seine Verstärkung den Garten nach einem Durchgang zum Wanderweg absuchten.
Bens Anwesenheit hatte sie zwar beruhigt, aber trotzdem war sie sich nach wie vor absolut sicher, dass sie jemanden gesehen hatte. Einen Mann. Und ihr fiel nur ein einziger Name ein, der zu nächtlichen Gruselbesuchen passte.
Sie würde Ben von Cameron erzählen müssen. Wer er war und warum sie ihn verdächtigte. Aber war Cameron wirklich zu etwas so … Verrücktem in der Lage? Eine derartige Geheimniskrämerei passt eigentlich gar nicht zu Camerons sonstigem Verhalten. Hier war doch niemand, den er als Publikum benutzen konnte, niemand, der ihm nachher anerkennend auf den Rücken klopfen würde. Niemand, der ihm anschließend versichern konnte, dass er genau das Richtige getan und damit nur die besten Absichten verfolgt hatte.
Aber wer sonst konnte der Unbekannte gewesen sein?
Molly griff nach dem Telefon und wählte Camerons Festnetznummer.
„Sergeant Kasten“, murmelte er heiser. Selbst mitten in der Nacht beharrte dieser Idiot noch auf seinem Titel.
„Cameron, wo bist du?“
„Was?“
„Wo du bist!“, wiederholte sie barsch.
„Molly? Es ist halb vier Uhr morgens! Ich schlafe! Im Bett.“
„Mach den Fernseher an.“
„Warum?“
Als Mitarbeiter der Polizei kannte Cameron sich bestens aus mit gefälschten Alibis. Jeder Trottel konnte seine Festnetznummer auf das Handy umleiten. „Du sollst diese Riesenkiste anschalten, die vor deinem Bett hängt. Los.“
„Okay, okay. Mann, was ist denn los?“
Am anderen Ende der Leitung war ein Rascheln zu hören, dann drangen die unverwechselbaren Klänge des Sportkanals durch den Hörer. Cameron war also tatsächlich zu Hause.
„Okay“, flüsterte sie. Auf einmal hatte sie keine Ahnungmehr, was sie denken sollte.
„Was ist denn los, verdammt noch mal? Ist alles in Ordnung mit dir?“
„Ja. Tut mir leid, dass ich dich gestört habe, Cameron. Tschüss.“ Sie legte auf, dann besann sie sich eines Besseren und legte den Hörer wieder neben die Gabel. Ohne Vorsichtsmaßnahmen würde Cameron vermutlich die ganze Nacht über anrufen, und dann würde sie Ben so einiges erklären müssen. Da das Tuten nervte, stopfte sie den Hörer unter ihr Kissen.
Ihre Füße fingen an, vor Kälte taub zu werden, also zog Molly ihre Häschenpuschen unter dem Bett hervor und lief ins Erdgeschoss, um die Heizung aufzudrehen. Dann goss sie sich zu Stärkung ein Glas Wein ein und setzte sich an den Küchentisch, um auf Ben zu warten.
Wenn Cameron nicht der Täter war, wusste sie auch nicht mehr weiter. Und sie glaubte auch nicht, dass er einen seiner Freunde nach Tumble Creek geschickt hatte, um sie auszuspionieren. Cameron selbst war ihr zwar schon häufig „zufällig“ über den Weg gelaufen, aber er würde sich nie trauen, jemanden darum zu bitten, ihr absichtlich Angst einzujagen. Schließlich würden dann seine wahren Absichten ans Tageslicht kommen, und das würde er nicht riskieren.
Und diese briefeschreibende Mrs Gibson war es auch nicht gewesen. Selbst wenn die bösartige Seniorin Mollys wahre Identität ermittelt hätte und quer durch die USA geflogen wäre, um sie zu stalken: Keine Achtzigjährige der Welt würde es ganz alleine und mitten in der Nacht auf diesen steilen Berg schaffen. Außerdem hatte die Silhouette nach einem Mann ausgesehen. Also wer zur Hölle war der Unbekannte gewesen?
Als Ben endlich wieder an der Haustür klopfte, fühlte sie sich, als wären Stunden vergangen. Doch ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es gerade mal fünfzehn Minuten her war, seiter sie allein gelassen hatte. Hastig öffnete sie ihm die Tür. Als er eintrat, brachte er den Duft von
Weitere Kostenlose Bücher