Ich komme um zu schreiben
aber schnell immer herausfordernder wurden.
„Willst du das Päckchen gar nicht aufmachen?“, fragte Ben schließlich und legte klirrend seinen Löffel ab.
Molly sah kurz in Richtung Diele. „Nein.“
„Dann weißt du also, was drin ist?“
Nein, wusste sie nicht. Aber es war von Cameron, und das bedeutete, dass es ein aufmerksames und liebevoll ausgewähltes Geschenk enthielt, bei dessen Anblick ihr das ganze Chili wieder hochkommen würde. Entweder das, oder Cameron war endlich richtig übergeschnappt und hatte ihr einen abgeschnittenen Tierkopf geschickt.
„Ich will es einfach nicht vor dir aufmachen, weil du so ekelhaft neugierig bist.“
„Cameron Kasten“, murmelte Ben nachdenklich, und das war der Augenblick, in dem Molly begriff, dass sie ein Problem hatte.
Sie schaffte es gerade eben so, ein „Lass es!“ hervorzustoßen.
„Was?“
„Ich fände es gar nicht anziehend, wenn du anfängst, mir hinterherzuspionieren.“
Er sah ihr in die Augen. Sein Blick war ausdruckslos.
„Du hast schon längst Nachforschungen angestellt, oder?“ Unter seinem linken Auge zuckte ein kleiner Muskel. „Hier geht es nicht um mich.“
„Natürlich tut es das! Du bist hier derjenige mit dem Problem! Und du bist hier auch der Einzige, der anderen Leuten hinterherspioniert!“
„Der Einzige? Von wegen! Miles hat nämlich deinen Bruder angerufen, um herumzuschnüffeln. Die Ergebnisse kannst du in seiner Zeitung nachlesen.“
Damit hatte er ihr genau das Argument geliefert, mit dem sie diese Diskussion beenden konnte. „Du vergleichst dich freiwillig selbst mit Miles?“
„Scheiße, nein!“
Ein entferntes Kichern drang an ihre Ohren, gefolgt von einem zögernden Klopfen. „Entschuldige mich bitte. Die Pflicht ruft.“
Ihren neuesten Halloween-Besuch fertigte sie im Eiltempo ab, obwohl es sich um Miles’ Enkelin handelte. Unten an der Treppe stand ein feixender Miles, der einen wissenden Blick auf Bens Truck in der Auffahrt warf.
Molly knallte die Tür zu und verlor Ben gegenüber kein Wort über den Vorfall. Stattdessen versorgte sie ihn schweigend mit Kaffee und Kuchen und ließ ihn dann seines Weges ziehen.
6. KAPITEL
E s war eiskalt und immer noch stockdunkel, und Molly hatte wirklich überhaupt keine Lust, aufzustehen. Ein Blick auf den Wecker auf dem Nachttischchen verriet ihr, dass es drei Uhr siebenundzwanzig war. Puh.
Wenn sie ihre Blase einfach ignorierte, würde sie vielleicht noch mal einschlafen. Aber wenn sie sich jetzt aufraffte und aufs Klo ging, könnte sie länger ausschlafen.
Mit einem lauten Stöhnen zog sie sich die Daunendecke bis unter die Nase und sammelte Mut, um ihren warmen Kokon zu verlassen. Sie schob einen Fuß in Richtung Bettkante und verzog das Gesicht, als eiskalte Luft unter die Decke drang und sich wie eine Schlange um ihren Knöchel wand.
Der Morgenmantel lag zwar in Reichweite auf dem Boden, hätte Molly aber auch nichts genutzt. Das Ding war genauso kalt wie der Rest des Zimmers.
Sie kniff die Augen zu, schlug die Decke zurück und sprang aus dem Bett. Prophylaktisch legte sie die Decke aber wieder zurecht, damit so wenig Wärme wie möglich nach außen drang. Dann hastete sie auf Zehenspitzen in den Flur zum Badezimmer. Die weißen Kacheln brannten wie Eis unter ihren bloßen Füßen, bis sie sich auf den kuscheligen Vorleger stellte, den sie sich vor dem Umzug noch besorgt hatte.
„Gott sei Dank“, murmelte sie, als ihre Füße in den weichen Plüsch sanken. Doch als sie sich hinsetzte, schlug ihre Dankbarkeit blitzartig in abgrundtiefes Grauen um. Die Kacheln waren tropisch warm im Vergleich zum Toilettensitz.
Morgen früh würde sie gleich als Erstes online gehen und herausfinden, ob die Japaner vielleicht schon eine beheizbare Klobrille erfunden hatten. Vielleicht war es sogar an der Zeit, sich einen richtigen Schlafanzug zuzulegen. Top und Slip reichten bei diesen arktischen Temperaturen jedenfallsnicht mehr aus.
Nicht mal eine Minute später lag sie wieder im Bett und fröstelte unter den lauwarmen Laken. Erstaunlich, wie schnell sie in der Großstadt vergessen hatte, dass es manchmal nichts Schöneres als ein warmes Bett in einer kalten Nacht gab!
Jetzt, wo sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, stellte sie fest, dass es so finster gar nicht war in ihrem Schlafzimmer. Hinter den Fenstern leuchtete der Mond zwischen tief hängenden weißen Wolken hindurch. Der ganze Himmel schien milchig zu leuchten. Der Bergkamm hinter dem Haus
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