Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich komme um zu schreiben

Ich komme um zu schreiben

Titel: Ich komme um zu schreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Dahl
Vom Netzwerk:
er sofort über alle Berge. Nein, mehr als eine Affäre war nicht drin. Aber trotzdem tat es gut zu wissen, dass er damit nicht zufrieden war.
    Eine Affäre … Sie fuhr sich mit den Fingerspitzen über die Lippen. Oh ja, sie hatte sich ein bisschen Spaß verdient, und den würde sie haben.
    Molly warf einen Blick auf den Kalender neben dem Spülbecken. Wenn Cameron wirklich hier aufkreuzte, dann am Samstagmorgen. Und er würde alles tun, um Ben dauerhaft von Molly fernzuhalten. Wenn sie ihn nicht davon abhalten konnte, zu kommen, dann blieben ihr nur noch vier Tage, um Ben in die totale Erschöpfung zu treiben. Besser als nichts. Und von „nichts“ hatte sie in den letzten sechs Monaten mehr als genug bekommen.
    Vielleicht war es einen Versuch wert, Camerons Vorgesetzten doch noch mal anzurufen? Oder sollte sie besser einen Brief schreiben? Vielleicht an die Innenrevision? Aber in einem Punkt hatte dieser Mistkerl leider recht: Sie hatte ihn angerufen. Heute früh und, was viel fataler war, mitten in der Nacht.
    „Scheiße.“ Das Telefonprotokoll würde nicht unbedingt für ihre Version der Wahrheit sprechen, und außerdem rief Cameron sie in letzter Zeit wirklich nicht mehr häufig an. Jedenfalls nicht persönlich. Und als sie auf dem Revier zu erklären versucht hatte, dass er ihre Exfreunde als Handlanger missbrauchte, hatte man sie nur ausgelacht.
    Cameron Kasten war viel zu schlau, um sich so einfacherwischen zu lassen. Aber die Erinnerung an ein paar tolle Nächte in Bens Armen würde selbst er ihr nicht mehr nehmen können. Sie musste nur dafür sorgen, dass eben diese Arme warm, willig und bereit waren.
    Sie ließ das Telefon fallen und rannte nach oben, um nach diesen verflixten halterlosen Strümpfen zu suchen.
    „Meine Güte, Mr Wenner“, schnaubte Ben. „Jetzt zeigen Sie doch mal ein bisschen Würde.“
    Doch der Mann schluchzte noch erbärmlicher und schlang die Arme um seine knochigen Knie. Ben versuchte ja Mitleid zu haben, aber am liebsten hätte er Wenner ordentlich die Ohren lang gezogen. Was für ein armseliges Bild! Dem alten Mann standen die weißen Haare struppig vom Kopf ab, und seine bloßen Beine ragten wie braun behaarte Stöcke unter dem leuchtend grünen Anorak hervor. Wobei das Bild noch armseliger gewesen war, bevor Mrs Wenner weich geworden war und ihrem Mann durchs Fenster kommentarlos seinen Anorak zugeworfen hatte.
    Sie war nämlich ganz und gar nicht glücklich gewesen, als sie von ihrem Bridgeabend nach Hause gekommen war und ihren Ehemann bei einem sehr intimen – und interaktiven – Telefonat mit einer anderen Dame erwischt hatte.
    „Mr Wenner, jetzt beruhigen Sie sich. Gibt es jemanden, bei dem Sie für ein paar Tage unterkommen können?“
    „Ich … Nein, keiner will mich! Wie soll ich ohne meine Olive denn leben?“
    „Vielleicht hätten Sie sich das überlegen sollen, bevor Sie sich mit ihrer besten Freundin vergnügt haben.“
    „Oh Gott“, heulte Wenner auf. „Das hatte doch gar keine Bedeutung! Es war doch nur Sex, das schwöre ich!“
    Bei der bloßen Vorstellung einer siebzigjährigen Ellie Verstgard, die sich mit Mr Wenner im Bett wälzte, zuckte Ben zusammen.Er atmete tief durch, um den Horrorfilm in seinem Kopf zu unterbrechen. Irgendwie würde er diesem Spektakel hier schon ein Ende bereiten.
    „Wohnt Ihr Bruder noch drüben in Grand Valley?“
    „Ja, aber …“
    Die Haustür ging auf, und Mr Wenner fuhr herum und jammerte: „Olive!“ Aber es war nur Frank, der dem Mann eine Hose und ein Paar uralte Turnschuhe reichte.
    „Und mehr brauchst du von mir gar nicht mehr zu erwarten“, quoll eine schrille Frauenstimme aus dem Haus.
    Ben murmelte etwas Beruhigendes, doch seine Worte gingen in Wenners erneutem Schluchzen unter.
    Dann fiel die Tür wieder zu, und Frank kam die Treppe herunter. „Sie braucht ein wenig Zeit, Sir“, erklärte er und nickte in Richtung des Trucks. Ben verstand und legte Wenner eine Hand auf die Schulter. Kaum zu glauben, dass dieses Häuflein Elend derselbe nette alte Friseur war, der Ben früher mit Bonbons belohnt hatte, wenn er beim Haareschneiden nicht weinte.
    „Was würden Sie davon halten, erst mal Ihre Hosen anzuziehen, Mr Wenner?“, fragte er. „Und dann fahren wir zusammen zur Polizeiwache und rufen Ihren Bruder an. Bestimmt holt er Sie gerne hier ab.“
    „Das wird meiner Schwägerin aber ganz und gar nicht gefallen. Meine Frau hat sie schon angerufen und ihr alles erzählt.“
    „Aber einen Versuch ist

Weitere Kostenlose Bücher