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Ich komme, um zu spielen (German Edition)

Ich komme, um zu spielen (German Edition)

Titel: Ich komme, um zu spielen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Dahl
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Stadt zurückritt. Der Gaul war vermutlich noch erschöpfter als er selbst. Stundenlang waren sie den Viehdieben in der gleißenden Nachmittagssonne Berg hinauf, Schlucht hinab gefolgt. Hale befahl dem Stallmeister, das Tier gut zu versorgen, und schleppte sich nach Hause.
    Die Wut pochte in seiner Brust wie ein zweites Herz. Die Viehdiebe hatten zwei Rancharbeiter angeschossen, die die Einjährigen gerade mit Brandzeichen versahen, und die unmarkierten Tiere gestohlen. Die Jungen waren einen langsamen Tod gestorben. Nicht einmal eine Stunde war es her, dass Jim Boll, gerade einmal sechzehn Jahre alt, seinen letzten Atemzug getan hatte. Den ganzen Tag über hatte er gestöhnt und geschrien, bis seine Stimme schließlich versiegt war. Seine Mutter, die auf der Ranch die Köchin war, hatte die ganze Zeit über an seiner Seite gesessen und in stummem Schmerz seine Hand gehalten. Nur ab und an hatte sie ihm leise Worte über Gott und ewigen Frieden zugeflüstert.
    Soweit Hale es beurteilen konnte, schwieg Gott in solchen Augenblicken stets. Er schien sich nicht um den Frieden in diesem County zu scheren. Das blieb Hale überlassen.
    Doch weder Hale noch Mr Layton hatten die Viehdiebe aufspüren können. Also würden sie warten müssen, bis sie der Gerechtigkeit Genüge tun konnten. Gleich morgen würden sie sich wieder auf die Suche machen.
    In der Küche wusch sich Hale mit eiskaltem Wasser den Schmutz des Tages von der Haut. Dann verschlang er hastig ein Sandwich aus gepökeltem Schweinefleisch und altbackenem Brot, erklomm die Treppe und fing an, seine Stiefel auszuziehen.
    Und dann bemerkte er das weiche Licht, das durch sein Fenster fiel.
    Wie hatte er Mrs Anders nach dem morgendlichen Drama auch nur eine Sekunde lang vergessen können? Wütend starrte er auf das blasse Rechteck aus Licht, das sich über den Dielenboden zog. Hatte sie tatsächlich erneut die Vorhänge aufgelassen, nachdem er ihr mit deutlichen Worten befohlen hatte, es nicht zu tun?
    Langsam trat er ans Fenster. Wenn sie seinen Befehl missachtet hatte …
    Er neigte den Kopf, damit er unauffällig um den Fensterrahmen herumspähen konnte. Da war sie, das Kinn trotzig erhoben, und bürstete sich vor dem Spiegel ihr Haar. Zwar hatte sie sich heute Abend züchtiger verhüllt und trug unter dem offenstehenden Morgenmantel noch Korsett und Unterkleid, doch das änderte nichts an der flammenden Wut, die ihr Anblick in Hale auslöste.
    Verdammtes Weibsstück.
    Mit einem Mal brach all der Ärger, der sich den Tag über in ihm aufgestaut hatte, aus ihm heraus. Hale stieß ein unterdrücktes, heiseres Stöhnen aus und ballte die Fäuste. Nur eine ganz einfache Bitte, und doch war diese Frau nicht dazu in der Lage, ihm zu gehorchen.
    Sie ließ den Morgenmantel von den Schultern gleiten.
    Hale fuhr auf dem Absatz herum und eilte die Treppe hinab. Er klopfte nicht, hielt nicht einmal inne. Nein, er stürmte einfach durch Mrs Hales Haustür und die Treppe hinauf in ihr Schlafzimmer. Als er eintrat, kämmte sie noch immer ihr Haar.
    „Habe ich Ihnen nicht gesagt, dass Sie die verdammten Vorhänge schließen sollen?“, knurrte er.
    Mrs Anders stieß einen erschrockenen kleinen Schrei aus und sprang auf.
    Hale schob sich an ihr vorbei, schob mit einem lauten Knall das Fenster nach unten und zog die Vorhänge zu. „Ich habe Sie gewarnt“, stieß er hervor.
    „Es tut mir leid.“
    „Ach, leid tut es Ihnen?“, rief er und wandte sich zu ihr um. „Was denn? Dass Sie nicht einmal der einfachsten Bitte nachkommen können?“
    „Ja.“ Sie wollte nicken, aber dann schien sie es sich anders zu überlegen und schüttelte stattdessen den Kopf. „Nein. Eigentlich tut es mir nicht leid.“
    Hale erstarrte. „Wie bitte?“
    Sie hob ihr Kinn und sah ihm unverwandt in die Augen. Ihr Blick war herausfordernd. „Es tut mir nicht leid. Es ist nicht verboten, sich das Haar zu bürsten. Was wollen Sie denn dagegen unternehmen?“
    Er kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. „Ich könnte beispielsweise jedem einzelnen Mann in dieser Stadt erzählen, wie sehr es Ihnen gefällt, wenn man Ihnen dabei zusieht, wie Sie sich selbst verwöhnen. Was denken Sie, wie lange würde es dauern, bis Sie Ihren niedlichen kleinen Arsch wieder ins rettende England verfrachten?“
    Fast unmerklich zuckte sie zusammen, doch an ihrem trotzigen Blick änderte sich nichts. „Und ich könnte die Frauen in dieser Stadt wissen lassen, wie gerne Sie Ihr bestes Stück streicheln, während Sie

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