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Ich krieg dich!: Menschen für sich gewinnen - Ein Ex-Agent verrät die besten Strategien (German Edition)

Ich krieg dich!: Menschen für sich gewinnen - Ein Ex-Agent verrät die besten Strategien (German Edition)

Titel: Ich krieg dich!: Menschen für sich gewinnen - Ein Ex-Agent verrät die besten Strategien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Martin
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Vorsichtsmaßnahmen und Legenden zur Routine werden.
    »Es liegt nach Erkenntnissen der Psychologie in der Natur des Menschen, dazu zu neigen, neue Erkenntnisse zu ignorieren oder zu verdrängen, wenn diese das bisherige Welt- und Lagebild infrage stellen.«
    Quelle: Nachrichtendienstpsychologie, Band 1
    Selbstverständlich war mir das aktuelle Spielergebnis des FC St. Pauli bekannt, und ich gratulierte Tichow zu dem Torsegen. Er winkte ab. »Nicht so wichtig. Hatte ein viel besseres Spiel am Wochenende.«
    »Aha?«, fragte ich.
    »Mein Sohn«, erwiderte er stolz. »Mit seiner Mannschaft.«
    »Und sie haben gewonnen?«
    Tichow strahlte. »Achtzehn zu zwölf.«
    Ich grinste. »Solche Spiele sind mir auch die liebsten. Je mehr Tore, desto besser.«
    Ich bog ab Richtung Elbe.
    Tichow ließ den Türgriff los. »Ich habe ihm Kickstiefel gekauft. Neue. Die alten waren viel zu eng. Er wächst so schnell!«
    »Na, das ist doch prima!«
    »Jetzt zieht er aber die Schuhe nicht mehr aus. Will sogar damit schlafen. Seine Mutter schimpft. Die Schuhe machen den Fußboden kaputt, weißt du.«
    Ich nickte.
    »Aber weißt du, was?«
    »Was denn?«
    »Das ist mir egal!«
    Wir lachten beide, und ich bog in eine schmale Straße am Elbufer ein. Dort kannte ich einen Platz, von dem aus man einen guten Blick auf einen abgelegenen Teil des Hafens hat. Hier parkte ich den Wagen.
    Tichow löste den Sicherheitsgurt und wollte aussteigen.
    »Lass uns im Auto bleiben«, bat ich.
    Er zuckte mit den Achseln. Nach einer Weile drehte er sich zu mir. »Wer hat mich verraten?« Das hatte er mich schon mehrmals gefragt. Alle meine V-Leute haben mich das immer wieder gefragt, und nie hat einer eine Antwort auf diesen Klassiker bekommen.
    Nord hatte Tichow verraten. Und andere. Doch das würde Tichow nie von mir hören. Ich gab ihm die Auskunft, die er bereits kannte. »Das werde ich dir nie sagen. Du wirst es niemals erfahren. «
    Er knurrte irgendeine Erwiderung. Mir war klar, dass er es erneut versuchen würde. Regelmäßig würde er mir diese Frage stellen. Doch wenn meine Interpretation unseres Vertrauensverhältnisses dazu führte, dass ich ihm das verriet, hätte ich alles falsch gemacht und sein Vertrauen in mich in dieser Sekunde zerstört. Für immer und alle Zeit. Denn ich hätte damit mein wichtigstes Versprechen gebrochen. Tichow vertraute darauf, nicht als Informationslieferant bekannt zu werden. Wie alle anderen V-Leute auch. Indem ich Tichow verriet, wer ihn verraten hatte, verriet ich einen anderen und verriet Tichow dadurch, dass er sich auf mich nicht verlassen konnte. Unser mühsam aufgebautes und noch immer im Wachstum befindliches Vertrauensverhältnis wäre unheilbar zerrüttet. Wer über das Geheimnis eines anderen spricht, spricht auch über Ihr Geheimnis.
    Agenten wissen, dass sie jederzeit an ihrem Verhalten gemessen werden. Wer schlecht über andere spricht, erweckt den Eindruck, schlecht über alle zu sprechen.
    »Ich will dir was zeigen«, kündigte Tichow unvermittelt an, streckte die Beine, hob den Unterleib zu einer Art Yogabrücke und zog sein Portemonnaie aus seiner rechten Hosentasche. Er klappte es auf und reichte es mir. »Schau!«
    Das Foto steckte offensichtlich noch nicht lange hinter der Plastikfolie der abgewetzten Brieftasche. Es zeigte einen mageren, blassen Jungen in blau-weißem Trikot.
    Tichow deutete auf die Knie des Kindes, wo das Foto endete. »Scheißapparat. Da unten, die Schuhe. Abgeschnitten!«
    »Aber ich kann es mir vorstellen«, nickte ich und gab ihm die Brieftasche zurück. »Er sieht dir ähnlich.«
    »Das sagen alle«, erwiderte Tichow stolz.
    Dass er mir das Foto zeigte, war eine Geste, die mir gut gefiel. Dennoch hatte es auch die Funktion, von für ihn unangenehmen Gesprächsinhalten abzulenken. Auf einem Umweg pirschte ich mich an ein neues Thema heran. »Jedenfalls finde ich es super, wie du dich um ihn kümmerst.«
    »Er ist doch mein Sohn!«, rief Tichow, als ließe ihm das gar keine andere Wahl.
    »Natürlich. Aber es gibt viele Väter, die nicht so denken wie du. Da bist du ganz anders. Das finde ich gut, richtig gut«, sagte ich. Und das meinte ich absolut ernst. Seine Liebe zu seinem Kind war einer der Aspekte seiner Persönlichkeit, die ich ohne Schwierigkeiten aufrichtig schätzen konnte. Bei Tichow gab es außergewöhnlich viele solche Aspekte. Selten war mir ein V-Mann wie er begegnet. Er bewies nicht nur Einfallsreichtum, Stärke, Intelligenz, Mut und Klugheit, er hatte sich

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