"Ich laufe, um zu laufen ...": Eine Frauen-Laufen-Anthologie (German Edition)
Hund rast heraus, begrüßt den erschrockenen Mann und rennt auf den Sportplatz nebenan. Als ich Mimi so hinterher sehe, bekomme ich auch plötzlich Lust zu rennen. Bofrost-Mann verabschiedet, Hund wieder zurück. Mimi sah so glücklich aus und war voller Tatendrang. Okay, ich zieh mir die Turnschuhe an, binde mir das andere Ende der Leine um den Bauch und laufe gemütlich mit ihr los. Sie bremst mich jedoch schon am zweiten Busch. Ich lasse sie schnuppern, drängesie dann weiterzulaufen. Wir laufen den Hofweg entlang zum Schellbruch und biegen in den Waldweg. Dabei werde ich nun fast vom Hund gezogen. Die ersten Meter lasse ich sie noch aus Unsicherheit an der Leine. Dann mache ich Mimi los und wir traben beide nebeneinander.
Jetzt kann ich entspannen und bemerke, wie schön die Sonne noch scheint und der Wald duftet. Meine Waden werden ein wenig schwer und ich beschließe zu gehen, da in der Ferne auch ein anderer Hund naht. Er und sein Frauchen nehmen einen anderen Weg, sodass wir weiterlaufen können. Mir wird warm und ich merke, wie mein Blut pulsiert. Ich atme bewusster und schon schießt der Hund an mir vorbei in den Wald in Richtung eines Modderloches. Sie rennt kreuz und quer mal über den Waldweg, dann wieder ins Dickicht. Es macht Spaß ihr zuzusehen, doch eigentlich wollte ich ja weiterlaufen, hab‘ aber Angst, dass sie nicht mehr zurückkommt. Ich rufe sie. Wir laufen noch ein Stück gemeinsam. An einer Gabelung beschließe ich umzukehren. Ich will es ja nicht übertreiben. Wir drehen also um und schon ist Mimi wieder im Dickicht verschwunden. Ich kann sie weder hören noch sehen. Wieder rufe ich, doch diesmal kommt sie nicht. Ich warte und beschließe dann, ein Stück zu laufen. Nach ein paar Minuten kommt sie wie ein Blitz angeschossen und ich erkenne sie kaum, so schwarz war der helle Hund. An der Straße angekommen, bleibt der Hund wieder stehen und will zurück in den Wald. Sie kann ganz schön störrisch sein. Nach ein wenig zerren und gut zureden, geht es endlich weiter. Ich hätte nicht gedacht, dass der Hund mich so ausbremst. Na ja, sie würde ja noch gerne im Wald laufen, doch ich glaube nicht, dass ich noch eine halbe Stunde durchhalten würde. Meine Beine sind zu schwer.
Zu Hause angekommen, fühl ich mich richtig gut und bin froh, dass ich mich aufgerafft habe. Ich überlege, wie weit ich wohl gelaufen bin. Ich schätze: dreieinhalb bis vier Kilometer. Das ist doch ein Anfang. Ich hoffe, der Muskelkater wird nicht zu stark morgen. Dagegen hilft bekanntlich nur weitermachen!
Ich hab weitergemacht und nicht aufgegeben. Schließlich hatte ich meine Teilnahme am Wettkampf versprochen. Zwei bis drei Mal die Woche hab ich trainiert, mal mit Hund, mal ohne. Es gab Tage, an denen der Hund mich antrieb weiterzulaufen. Das hat mir in der ersten Zeit sehr geholfen. Ich hab gemerkt, dass das Laufen die Anspannung des Tages abschüttelt. Sobald ich die Laufschuhe anziehe und mich in Bewegung setze, merke ich, wie mein Körper leichter wird und ich wieder Luft holen kann. Bei den ersten Schritten im Wald überkommt mich so ein Gefühl, dass ich das nur für mich tue und es gut für mich ist.
Ich laufe nicht, um irgendwelche Wettkämpfe zu gewinnen, oder um zu beweisen, dass ich Ausdauer habe. Ich laufe jetzt, wenn ich Lust dazu habe und mich entspannen will. Ich ertappe mich, dass ich überall, wo ich hinfahre, überlege, ob ich Laufschuhe mitnehme. Als wir im Juli in Mecklenburg in der Feldberger Seenlandschaft auf einem Campingplatz waren, wollte ich eines Morgens nur ein kleines Stück vor dem Frühstück laufen, ein kleines Stück am See entlang. Doch als ich so den schmalen Weg am See entlang lief, konnte ich gar nicht mehr aufhören. Mich überkam so ein Glücksgefühl. Morgens, die Sonne schien, ich allein mit der unbeschreiblichen Natur und meine Beine trugen mich immer weiter durch die Stille des Waldes immer am See entlang. Mein Blick schweifte über den stillen,klaren See. Ich dachte mir, jetzt auch um den See herum laufen zu können, und kam irgendwann wieder an unserem Wohnwagen an, ein bisschen außer Atem, aber zufrieden mit mir und dem Rest der Welt. Wer hätte das gedacht, dass ich mit 40 noch mal sportlich werde!
Gisela Schneider
„Lauf Jäger, lauf lauf lauf…“
Diese Melodie geht mir einfach heute nicht aus dem Kopf, ich muss sie ständig summen, obwohl ich es eigentlich nicht will. Ich laufe jetzt schon 25 Minuten auf diesem Laufband, weil – es soll ja gesund sein, soll
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