"Ich laufe, um zu laufen ...": Eine Frauen-Laufen-Anthologie (German Edition)
Häuflein Elend dahinzuschlurfen. Kopf hoch, Brust raus, Rücken gerade, Füße gehoben, Lächeln aufgesetzt. "Tribünenschritt" hat eine liebe Lauffreundin das mal genannt. Der Blick auf die Sonnen beschienenen roten Felsen oberhalb Mosel lenkt ab vom Gebrumme der Autos neben mir. Kurz stoppen am Zebrastreifen, weiter. "PIIIIIIEEEP!" signalisiert die Uhr wie nach jedem absolvierten Kilometer. Die Brücke hinunter austrudeln lassen, über die grüne Fußgängerampel. Vor dem Portal der Abtei drücke ich den Stopp- Knopf: 30.210 Meter – geschafft!
Ines Reiche
Runners High
Wenn Regen und Wind um die Häuser pfeifen,
kann ich es manchmal selbst nicht begreifen,
jeder Hund ist schlauer und bleibt im Haus,
nur mich treibt es mal wieder hinaus.
Ganz allein auf einsamen Wegen,
laufe ich mir selbst entgegen.
Wenn über mir die Bäume rauschen,
will ich nur meinen Schritten lauschen.
Füße, die kaum noch den Boden berühren,
Regen und Wind kann ich nicht mehr spüren.
Viel wird geredet vom runners high,
ich fühle mich einfach nur unendlich frei.
Rennsteig-Supermarathon
Nachts kurz nach drei, der Wecker schreit:
„Los steh auf, mach dich bereit!“
Bevor ich mich frage wer will dich so strafen,
steh ich halt auf, hab sowieso kaum geschlafen.
Kurzer Blick aus dem Fenster, ich hoffe es wird schön,
vor lauter Nebel ist heute Morgen rein gar nichts zu sehn.
Zwei Tassen Kaffee die müssen sein,
sonst schlaf ich womöglich noch unterwegs ein.
Auf dem Weg zum Start wie immer die Frage,
ob ich auch wirklich nicht zu viel wage.
Waren meine Trainingsläufe zu kurz bemessen?
Hab ich heute Morgen genug gegessen?
Nicht dass ich gleich ‚nen Hungerast kriege
und schon nach fünf Kilometern auf dem Rennsteig liege.
Vorm Klo riesen Schlangen, das schaff ich nicht mehr,
was soll‘s geh ich halt wieder mal open air.
Vorn stehen schon die ersten mit scharrenden Hufen,
da hör ich noch jemand nach Asthmaspray rufen.
Der Startschuss erschallt und endlich geht‘s los
und ich mitten drin im Läufertross.
Ich frage mich nur warum alle so wetzen,
der Weg ist noch lang, darum nur nicht hetzen.
Ich schau mich so um und kann es kaum fassen
da läuft einer barfuß, wo hat der bloß seine Schuhe gelassen?
Auch wenn es jetzt regnet, ich bin gut drauf,
da taucht schon das Zehn-Kilometer-Schild auf.
Die Zwanziger-Marke ist nicht mehr weit
und ich mache mich für den Inselsberg bereit.
Schon traben alle bergan froh und munter,
viel schwieriger ist der Weg wieder runter.
Wenn die Zehen sich vorn an die Schuhe drücken,
wenn die Kniescheibe knarrt und es sticht dir im Rücken,
dann bist du fast unten, dann hast Du’s geschafft,
dann kannst du dich freuen, doch dazu fehlt meistens die Kraft.
Schnell die Arme lockern und die Knie einrenken,
den Schmerz vergessen und an was Schönes denken.
Zum Beispiel stundenlang so durch den Wald zu traben,
sich an all den Köstlichkeiten zu laben.
Da wird selbst Haferschleim zur Delikatesse,
obwohl ich den sonst überhaupt nicht esse.
An der Schmücke ist über die Hälfte geschafft,
jetzt noch in die Kamera lächeln, das kostet Kraft.
Bei Kilometer sechzig, ach welche Idylle
da wird‘s in der Läuferschar ziemlich stille.
Jeder kämpft jetzt seinen eigenen Kampf,
gegen Müdigkeit, Zehenschmerz, Muskelkrampf.
Meine Zehen sind gerade ins Koma gefallen,
da spüre ich so ein seltsames Stechen im Ballen.
Bloß nicht dran denken und schnell motivieren.
Wenn nötig dann gehe ich halt auf allen Vieren.
Ich kann mich ja täuschen, doch ich hab das Gefühl,
die Kilometer werden länger auf dem Weg hin zum Ziel.
Da hat sich wohl einer gründlich vermessen,
oder haben die nur die Schilder vergessen?
Doch jetzt höre ich schon den Jubel der Massen,
es ist nicht mehr weit, ich kann es kaum fassen.
Ich hab es geschafft, hab gekämpft und gerungen
und habe mich wieder mal selber bezwungen.
Angela Schäpers
Wintermarathon in Husum
Wieso hatte eigentlich ausgerechnet ich mich zu einem Wintermarathon (03.03.2007) angemeldet, wo ich den Winter doch am liebsten direkt an der Heizung verbringe? Ich weiß es nicht mehr und nun ist es auch egal. Als ein vierblättriges LSC- Kleeblatt machen wir uns auf den Weg. Keine zwei Stunden bis Husum, nicht verfahren (trotz Nebel), nicht geblitzt… der Tag fängt auf jeden Fall gut an. Die Zeit bis zum Start nutzen wir für einen Gang durch den Schlossgarten, indem die Krokusse schon fast blühen, und für einen Bummel durch
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