Ich lebe lieber hier und jetzt
total
Gewöhnliches - O-Saft oder so«, tröstete Cassie Jenny und versuchte, dabei
ernst zu bleiben.
Elise war zwar auch neidisch,
gab sich aber größte Mühe, es sich nicht anmerken zu lassen. »Wo ist eigentlich
Blair?«, fragte sie Serena, um das Thema zu wechseln.
Eigentlich leitete Blair die
Diskussionsgruppe zusammen mit Serena. »Keine Ahnung.« Serena zuckte mit den
Achseln. »Die ist zurzeit irgendwie stinkig auf mich.«
Mary, Cassie und Vicky stießen
sich unter dem Tisch heimlich an. Sie fühlten sich ganz besonders privilegiert,
weil sie es immer als Erste mitkriegten, wenn sich Serena und Blair mal wieder
stritten.
»Ich hab gehört, Blair ist an
keiner einzigen Uni genommen worden, an der sie sich beworben hat«, erzählte
Maiy. »Ihr Vater will, dass sie gleich nach der Schule zu ihm nach Frankreich
zieht und bei ihm arbeitet.«
Serena zuckte wieder nur mit
den Achseln. Sie wusste aus Erfahrung, wie leicht Tatsachen verdreht wurden und
wie schnell sich Gerüchte fortpflanzten. Je weniger sie sich dazu äußerte,
desto besser. »Tja, keine Ahnung, was sie nach der Schule macht.«
Jenny grübelte immer noch über
das Thema Maxibinde nach. Sie fragte sich, ob es ihr so viel ausmachen würde,
falls es bei dem Shooting nächsten Sonntag um irgendein uncooles Produkt wie fettfreie
Tiefkühl-Fertiggerichte oder Pickelcreme gehen sollte. Es war immerhin ein Einstieg.
Wie sollte sie sonst entdeckt werden?
»Jetzt werd mal nicht
paranoid«, schimpfte Elise, obwohl sie momentan ja gar nicht miteinander
redeten. Elise und sie waren erst seit etwa zwei Monaten befreundet, und
trotzdem verfügte Elise über die verblüffende Fälligkeit, Jennys Gedanken
lesen zu können.
Nervig, was?
Jenny blinzelte zu Serena
hinüber. Die ätherische Schönheit hatte einmal ein unaussprechliches, nicht näher
bezeichnetes Körperteil von zwei unglaublich berühmten Fotografen ablichten
lassen, und wenig später hatte das Foto auf Taxis und Bussen in ganz New York
geklebt. Serena verdankte es unter anderem dieser Geschichte, dass sie das
coolste Mädchen der Stadt, wenn nicht sogar des Universums geworden war! Eine
Anzeige für Maxibinden war eigentlich dasselbe.
Naja, fast.
vier äugen sehen mehr als zwei
»Vergessen Sie Ihre
schmerzempfindlichen Brüste, die geschwollenen Knöchel, die
Schwangerschaftsstreifen. Stellen Sie sich vor, Ihr Po wäre ein Ballon, aus dem
die Luft entweicht. Lassen Sie los. Atmen Sie auuuuuus.«
Blair war nicht bereit, sich
irgendetwas in dieser Richtung vorzustellen. Es war schlimm genug, mit einer
Herde schwangerer Frauen in Stinkesocken, die wie überfütterte Kühe stöhnten,
auf dem Fußboden liegen zu müssen - sie sah keinen Grund, sich noch weiter zu
erniedrigen, indem sie auch noch ihren Hintern mit ins Spiel brachte.
Zu Blairs Rechten kicherte Mrs
Waldorf. »Lustig, was?«
Zum Brüllen!
Blair hätte ihr gerne eine
reingeschlagen. Sie hatte sich »aus persönlichen Gründen« vom Unterricht
befreien lassen, weil sie sich zu sehr dafür schämte, in Yale bloß auf die
Warteliste gesetzt worden zu sein, um ihren Schulkameradinnen - vorneweg
Serena - gegenüberzutreten. Aber nach einem sechsstündigen »Newlyweds«-Mara-
thon auf MTV, einer Packung fettfreiem Häagen-Dazs-
Schokoladen-Sorbet und dem hier, bereute sie es, nicht
doch zur Schule gegangen zu sein.
»Okay. Jetzt hatten Ihre
Partner genug Zeit, sich auszuruhen, und wir sollten sie wieder etwas arbeiten
lassen. Vergessen Sie nicht: Babys bekommt man als Team!«
Eleanor Waldorfs
Geburtsvorbereitungsworkshop- für- trendbewusst- schwangere- Upper- East- Siderinnen
wurde von einer yogaschlanken, krisselhaarigen Ex-Krankenschwester namens Ruth
»gecoacht«, die den Kurs in ihrem ultramodern eingerichteten Penthouse auf der
Fifth Avenue abhielt. Ruth war mit einem sehr erfolgreichen Designer für
Haushaltsgeräte verheiratet, also jemandem, der Waschmaschinen, Kühlschränke
und Geschirrspüler entwarf, die wie Raumschiffe aussahen und so viel kosteten
wie Autos. Die beiden hatten fünf Kinder, darunter ein zweieiiges
Zwillingspärchen, von denen alle paar Minuten eines auf dem Weg zu dem gigantischen
verchromten Kühlschrank in der Küche durchs Wohnzimmer schlappte, ohne die auf
dem Teppich verteilten Schwangeren auch nur eines Blickes zu würdigen.
Wahrscheinlich werden die
Kinder später alle mal schwer psychotische Gynäkologen, überlegte Blair.
Ruth zog ihre unvorteilhafte
schwarz-weiße Yogahose von Yohji
Weitere Kostenlose Bücher