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Ich lege Rosen auf mein Grab

Titel: Ich lege Rosen auf mein Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Jossa oder als Mugalle, das ließ er mit einem lauten «Hallo!» völlig offen.
    Mugalle blieb stehen.
    «So ‘n Zufall!» lachte der andere.
    Mugalle sah ihn an, studierte ihn. Mitte Zwanzig, leptosom, hochintelligenter Technokrat, einer, der sich morgens ans Klavier setzte, um Schumann zu spielen, und mittags zwanzig Mann erschießen ließ, ein liebes Märchenprinzengesicht, aber zugleich auch fischig und fies, Möwenaugen unter angeklatschten schwarzen Haaren, weicher Frauenmund, fehlte nur der Lippenstift, aber eine Nase, sozusagen kühn und scharf, die Nase eines Westernhelden.
    Mugalle wurde offensiv, wenn auch mit aller Vorsicht, zeigte zum Bistro hinüber. «Wieder mal was los da drüben?»
    «Drüben sind nicht nur unsere Brüder und Schwestern…»
    Mugalle suchte weiterhin nach einem Ansatzpunkt.
    «Mensch, Jossa, was ist los mit Ihnen heute…!? Vorgestern haben wir noch darüber… Sie sehen blaß aus, ist Ihnen nicht gut…?»
    «Doch, doch!»
    Die Rettung kam, als ein paar TV-Leute mit Kamera und Mikro aus einem schnell geparkten Kombi stürzten und Mugalle nach Rugby-Art zur Seite drängten.
    Aufnahme.
    «Meine Damen und Herren, in Bramme ist es auch heute wieder zu einer spektakulären Razzia gekommen. Ziel war diesmal das Bistro m.a.v. inder Altstadt hinterm Markt. Thomas Catzoa, Sie sind Hauptkommissar hier in Bramme; warum dies alles?»
    Nun wußte Mugalle, mit wem er das Vergnügen gehabt hatte. Hastig steckte er sich zwei von Jossas Pfefferminzpastillen in den Mund.
    «Wir fahnden ja», erklärte Catzoa, «mit Hochdruck nach Mitgliedern jener terroristischen Vereinigung, der Aktion Nord, die in den letzten Monaten im Großraum Bramme nicht nur für das Absägen dreier Strommasten verantwortlich zeichnet, sondern auch die Oberleitung der Strecke Bramme-Oldenburg an mehreren Stellen zerstört und den Zugverkehr nachhaltig behindert hat.»
    «Und welcher Zusammenhang besteht nun zur Razzia im Bistro drüben…?»
    «Wir haben Erkenntnisse, daß Mitglieder der Aktion Nord dort mehrere Treffen abgehalten haben. Wenn Sie den Namen des Lokals lesen – m.a.v. –, dann könnten Sie denken, das hieße manfred and verena, nach den Anfangsbuchstaben der Vornamen der beiden Betreiber. Heißt es aber nicht…»
    «Sondern…?»
    «Für die Eingeweihten heißt das: Mort aux vaches, gleich: Tod den Polizisten, denn im französischen Verbrecherjargon sind sie Polizisten die vaches, die Kühe…»
    «Ah, ja, vergleichbar unseren Bullen also…»
    Mugalle löste sich aus der schnell angewachsenen Menge, die das Catzoa-Interview live mitbekommen wollte, und ging die Knochenhauergasse hinunter, an der stadtbekannten Pension der Witwe Meyerdierks vorbei, wohl ein bißchen Edelpuff geworden, und einem endlos langen grauen Kasten, dem Luperti-Stift, von einem der unbegabtesten aller Schinkel-Schüler für den tristen Lebensabend bessergestellter Damen gedacht, fand den Zugang zur Fährgasse nicht gleich, mußte erst den fettleibigen Hausmeister fragen, der vorm Albert-Schweitzer-Gymnasium die mittags niedergetretenen Ziersträucher wieder aufzurichten versuchte.
    «Gleich rechts hier, wo der Supermarkt ist, Taschenmacher!»
    «Danke, ja.»
    Jossas Adresse war Fährgasse 28, Apartmenthochhaus, Eingang Ecke Packhofstraße.
    Mugalle erreichte ihn ohne weitere Verzögerung, hatte auch keinerlei Mühe, den Namen Jossa unten an den Klingelknöpfen zu entdecken und den richtigen Schlüssel herauszufinden.
    Der Fahrstuhl kam, kaum daß er das Aufwärtsknöpfchen gedrückt hatte, und eine säuerlich ausschauende Rentnerin trat ins Treppenhaus hinaus.
    «Guten Tag», murmelte Mugalle.
    «…’n Tag!» Sie hatte keinerlei Interesse an ihm.
    Dafür aber um so mehr die junge Frau, die mit ihr herabgekommen war, bäuerlich-massiv, von der Figur her zum Kugelstoßen prädestiniert, aber mit einem Gesicht, das, von einer Brille dahingehend gefördert, auf ein hohes Maß an Reflexion und innerem Erbeben hindeutete.
    «Haben Sie’s schon gelesen?» fragte sie Mugalle.
    Der stöhnte auf. «Heute abend ganz sicher…!»
    «Es ist ja so ganz anders, Herr Jossa, als Ihr eigenes Hörspiel für den WDR…»
    «Ja, als Mann, da…»
    Sie sah ihn sehr verwundert an, hatte hinter ihren Brillengläsern Augen groß wie Gedenkmünzen. «Gestern noch, da waren Sie voll meiner Meinung, daß das Androgyne als Prinzip auch bei Ihnen absolute Priorität eingeräumt bekommen hätte…?»
    «Gestern hab ich die Welt auch noch aus einer ganz anderen

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