Ich lege Rosen auf mein Grab
die Öffnung hinein, Zahn um Zahn wurde abgeklopft und auf mögliche Löcher geprüft, bis der erwartete Schmerzensschrei kam.
«Hier also!»
«Ja, da tut es weh!» stöhnte Jossa, obwohl er kaum etwas gespürt hatte.
«Dann schreiben Sie mal», sagte Dr. Rick zum Sani und wollte dem die Bestandsaufnahme des Jossaschen Gebisses in die Feder diktieren.
Jossa hielt den Atem an. Jetzt, jetzt mußte den beiden doch auffallen, in die Augen springen, hundertprozentig, daß nicht sein konnte, was alle Gesetze der Logik verboten, daß zwei Menschen haargenau dieselben Zähne hatten, Jossa und Mugalle. Der Mann hier im Stuhl hatte ganz andere Zähne, als sie da auf der Karte Mugalles vermerkt worden waren – also war das nicht Mugalle!
«Links oben sieben – fehlt…» begann Dr. Rick.
«Momentchen mal…» sagte der Sani.
Jossa blieb der Atem weg. Er war gerettet! Heute abend war er wieder draußen, hatte alles überstanden!
«Was ist denn?» fragte Dr. Rick.
«Nicht so schnell bitte! Mugalle ist doch zum erstenmal hier, und ich hab noch keine Karte da…!»
Crash und aus! Das Raumschiff, das ihn retten wollte, zerbarst vor seinen Augen, verglühte sonnenhell.
Jossa verlor vorübergehend das Bewußtsein, ließ sich ohne Widerstand fallen, wollte bis ans Ende aller Zeiten in einem Schwarzen Loch verschwinden. Kreislaufkollaps, sagte man, phobische Angst vor Zange und Bohrer, spritzte ihm ein schnell wirkendes Mittel, ließ ihn noch ein Weilchen im Krankenrevier ruhen, zur Beobachtung, wie es hieß.
Und er hatte Angst davor, Dr. Rick noch zuzurufen: Ich bin Jossa, Jossa, Jossa – tun Sie bitte was für mich, vergleichen Sie mein Gebiß mit den Zähnen Mugalles. Schaffte es nicht, wollte nicht geschlagen werden: Wenn du uns noch mal anlügen solltest, dann prügeln wir dich windelweich, dann sperren wir dich wieder in den Keller!
O Gott! Binnen weniger Tage hatte er sich zum Kind zurück verwandelt, lag zusammengekauert wie ein Baby auf der weißbezogenen Liege. Hätte am liebsten geweint und gewimmert.
Doch in seiner Zelle zurück, war er schnell wieder bei Kräften, hatte Langeweile und machte sich daran, in Mugalles Sachen nach irgendwas zu suchen, das nützlich für ihn war.
Bücher fand er viel, vor allem weniger unterhaltsame Schriften wie «Theorien der Gewinnsteuerüberwälzung» von Klaus Ballarini oder «Zur Indexierung von Kreditverträgen» von Adolf Ahnefeld, dann etliche Briefe von Leuten, deren Namen ihm nichts sagten, endlich aber auch eine Ausgabe des FAZ-Magazins, wo man Martin Mugalle, damals auf der Höhe seines Ruhms, gebeten hatte, den legendären Fragebogen auszufüllen.
Welche Chance für Jossa, mehr über den zu erfahren, der er jetzt war!
FRAGEBOGEN
Martin Mugalle Bankier
Was ist für Sie das größte Unglück? Arm zu sein.
Wo möchten Sie leben? Im Chefbüro des Weltbankpräsidenten.
Was ist für Sie das vollkommene irdische Glück? Meine erste Million.
Ihre liebsten Romanhelden? Jakob Fugger und Meyer Anschel Rothschild.
Ihre Lieblingsgestalt in der Geschichte? Columbus.
Ihre Lieblingsmaler? Menzel und Constable.
Ihr Lieblingskomponist? Ravel.
Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einem Mann am meisten? Die, mit mir Geschäfte machen zu wollen.
Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einer Frau am meisten? Die, mit mir ins Bett zu wollen.
Ihre Lieblingstugend? Die Fähigkeit, immer wieder den Kopf aus der Schlinge ziehen zu können.
Ihre Lieblingsbeschäftigung? Angeln.
Ihr Traum vom Glück? Einen kleinen Laden zu haben und mit Schreib- und Spielwaren zu handeln.
Ihre Lieblingsfarbe? Violett.
Ihre Lieblingsblume? Der stinkende Storchenschnabel.
Ihr Lieblingsvogel? Der Wellensittich.
Ihr Lieblingsschriftsteller? Karl May.
Ihr Lieblingslyriker? Der Notenbankpräsident. Wer Banknoten nachmacht oder verfälscht usw.
Ihr Motto? Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer springt.
Jossa hatte schnell gelesen, manches dabei überspringend, war auch in einer außergewöhnlichen Weise aufgeregt gewesen, ahnte aber dennoch nicht, welche ungeheure Bedeutung dieser Fragebogen später einmal für ihn haben sollte.
Was ihn in dieser Sekunde viel stärker interessierte, war ein DIN-A5 großes Foto, das in Mugalles hinterlassenen Papieren unmittelbar unter dem FAZ-Magazin gelegen hatte.
Zwei Männer waren da beim Golfen: Günther Buth und Martin Mugalle. Und Brammes Nummer eins, diese unnachahmliche Mischung von Mafia-Don und christlichem
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