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Ich lege Rosen auf mein Grab

Titel: Ich lege Rosen auf mein Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Gönner, Blutsauger und Mäzen, hatte mit breitem Füller die Rückseite mit einer schönen Widmung bedeckt: Für Martin Mugalle zur ewigen Erinnerung! Es ist immer besser, selber einzulochen als eingelocht zu werden… G. B. Bramme.
    Zu Spekulationen im Anschluß an diesen Tatbestand kam er indessen nicht mehr, denn inzwischen war einer der altbewährten Anstaltspsychologen, der Mackendoktor Uli Seeling, aufs Dach gestiegen, um mit dem armen Taubert zu reden. Dr. Seeling, ein Dr.-Ing. der Seele, wie seine Kollegen des öfteren spotteten, wenn sie ihn nicht gerade «unseren Anstalts-Jesus» nannten, war leidend, bärtig und hager und mit missionarischem Eifer um eine Verquickung von Therapie und Christentum bemüht, begann auch heute wieder mit einer Art Gebet.
    «Herr Jesus Christus, so vieles bewegt uns heute, wo wir das Elend unseres Bruders Hans-Werner Taubert so kraß vor Augen haben. Herr, wir wissen, wieviel Zuwendung, wieviel Liebe Hans-Werner Taubert braucht, damit er wieder Vertrauen in die Welt gewinnt. Und wir sind auch bereit, ihm diese Liebe und Zuwendung zu geben.»
    «Schickt doch gleich den Himmelskomiker rauf!» schrie Nobby.
    Der Anstaltsgeistliche kam auch prompt und begann mit der typischen Einleitungsformel hierzulande diplomierter Psychologen: «Erzählen Sie doch mal bitte, Taubert, wie es dazu gekommen ist, daß Sie jetzt hier auf dem Dach sitzen und…»
    Zum erstenmal seit Tagen konnte Jossa, so ernst und tragisch alles war, aus vollem Halse lachen.
    Beide, Geistlicher wie Psychologe, waren schon gut, und dennoch schafften sie es nicht, Taubert auf den Leim zu locken, das heißt, dazu zu bewegen, von seinem Schornsteinfegerbrett hinunterzuklettern.
    Und sicher hätte er sich in die Tiefe gestürzt, wenn da nicht Kassau eingegriffen hätte. Als Fallschirmspringer und Flieger an Höhe gewöhnt und absolut ohne Schwindelgefühl, hatte er sich auf der anderen Seite des Daches lautlos nach oben gearbeitet und stand nun, von einem kleinen Türmchen verdeckt, mit einem dicken Seil nur knapp hinter Taubert. Wenn er das nun wie ein Lasso warf, konnte er den Lebensmüden so lange festhalten, bis die O+S-Leute zu ihm hingerobbt waren.
    Es gelang, und Taubert wanderte für eine Woche in die Arrestzelle hinunter.
    Komm ich jemals hier raus, schwor sich Jossa, dann wird das die erste «Ich klage an»-Geschichte, die ich schreiben werde.
    Ablenkung von der ganzen Scheiße bot ihm erst das Fernsehen abends im Gemeinschaftsraum. Zu seiner großen Überraschung wollte die Mehrheit seiner Mitinsassen die regionale Talkshow sehen.
    «Warum denn das?»
    «Mann, weil da die Klein was sagen will über den Verkauf von Kondomen hier im Knast!»
    Jossa zuckte zusammen. «Die Edelgard Klein, die…?»
    «Ja, die! Zweeloo hat ‘n paar hundert Stück gekauft und will morgen anfangen damit, mit dem Verkauf also, doch die Klein hat im Brammer Tageblatt furchtbar darüber gewettert. Nun sind sie beide zum Fernsehen eingeladen worden.»
    Da sah Jossa sie dann im Studio sitzen, mit Zweeloo zusammen, und unter den Zuschauern erkannte er die gesamte Brammer Prominenz. Günther Buth an ihrer Spitze.
    Aha, so war das also! Schlagartig wußte er da, warum er hier saß, er als Martin Mugalle.

 
    Variante 3
     
     
     
    Fuschlsee, Österreich. Vom Steg unterhalb des Schloß-Hotels Fuschl, dem ehemals von Ribbentropschen Domizil, löste sich ein Ruderboot. Auf der Bank am Heck saß ein Mann, den laut Allensbach 94,3 Prozent aller Deutschen kannten; der «Königsmacher» der Seinen. Die Ruder bewegte mit kräftigem Schlag eine Frau, halb so alt wie er, halb so populär; Dr. phil. Edelgard Klein.
    «Sie, Edelgard, so beim Rudern, das wäre schon ein Plakat, das ich mir an jeder Litfaßsäule vorstellen könnte.»
    Der Königsmacher ließ seinen Blick zu Fibling, Frauenkogl und Schober hinaufwandern und war sehr zufrieden mit seiner Entscheidung. Studienrätin für Deutsch und Geschichte, das deckte alles ab, was auf den Dimensionen, auf der Schiene Heimat und Nation vonnöten war, und wenn sie die Leute mit Goethe erfreute («Angedenken an das Gute/Hält uns immer frisch bei Mute…»), hatte sie fast Indira Gandhi-Niveau, dies vor allem aber, wenn sie sich, kühn in ihren Vergleichen, um die Absolution für alle Deutschen bemühte («Was haben denn, meine sehr verehrten Zuhörer, die Schweden im Dreißigjährigen Krieg nicht alles für Greueltaten auf deutschem Boden verübt?»). Und bei aller Intelligenz war es doch ein

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