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Ich lege Rosen auf mein Grab

Titel: Ich lege Rosen auf mein Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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derb-bäuerisches Gesicht, das er da musterte, urdeutsch, und so sehr er auch forschte, weil damit der Verlust von vielen hunderttausend Stimmen zu befürchten war, er fand nichts in ihm, das welsch war oder jüdisch, auch, trotz Brille, keines jener Elemente, wie er sie für linke kulturschaffende Frauen so kennzeichnend fand: diese verkniffene Arroganz der Allwissenden; auch nicht die Emanzen-Schwanzabschneidelust. Gott, das wäre nun für seine Zielgruppen das Schlimmste gewesen.
    Was für Schultern hatte diese Frau! Man sah sie unwillkürlich beim Melken oder beim Hochstaken von Strohballen und Heu. Doch diese Urmütterbrüste erst! Fünf Kinder hatte sie gesäugt. Ein ungemein wichtiger Faktor im Zeichen der Angst, daß die Deutschen zur Freude ihrer Nachbarn alsbald aussterben würden. Phantastisch! Mit der ganzen Brust auf den Fotos drauf, und die Schlacht war gewonnen. Text: Nur eine Mutter weiß allein, was lieben heißt und glücklich sein!
    Doch der Königsmacher schmunzelte, erlaubte sich ein beinahe schon schmutziges Grinsen, denn untenherum, da hatte diese Frau, was Hüften, Schenkel, Knie und Venushügel betraf, auch soviel zu bieten, daß es fast schon für den Playboy reichte. Auf alle Fälle konnte er, wie sie da in ihren Shorts mit offenem Schoße vor ihm hockte, eine stramme Erektion unter seinen Händen spüren, die er fromm gefaltet hielt.
    «Sie wissen, Edelgard», sagte er, «meine liebe Gardy, daß Sie nahezu hundertprozentig das abdecken, was Herz, Bauch und Kopf der Menschen wollen, und daß Sie unsere letzte Chance im nächsten Wahlkampf sind. Eine neue Farbe im Spiel, Amazone gegen Rittersmann, ein Duell, das die Leute aus den Sesseln reißen wird; die erste Frau im Bundeskanzleramt! Wollen Sie…?»
    «Ja, ich will!»
    Der Königsmacher nickte und winkte seinen Sicherheitsbeamten zu, die sie in ihren Elektrobooten lautlos und in großen Bögen umkreisten.
    «Wenn ich Sie jetzt ganz systematisch als nächste Kandidatin aufbaue, meine liebe Edelgard, dann setzt das natürlich voraus, daß Sie in allem wirklich unangreifbar sind, von keinem irgendwie erpreßbar…» Er sah sie prüfend an.
    «Ich verstehe, ja…» Sie hörte auf zu rudern.
    «Die Computer unserer Dienste haben uns, Sie betreffend, nicht einmal eine Eintragung in Flensburg zuliefern können, aber ein Blick in Ihr Gesicht, Ihr Wort, zählt da um vieles mehr als alles, was…» Der Charmeur bekam immer mehr großinquisitorische Züge.
    Sie sah zum Schafberg hinüber, Richtung Gilgen und St. Wolfgang, wo der Rauch der alten Zahnradbahn nach oben stieg, und ließ ihre Hände durchs Wasser gleiten, das Boot abbremsend.
    «Sie zögern mir zu lange… Ich brauche Ihr Wort, Edelgard, sonst…!»
    «Verständlich, nachdem wir schon von so vielem überrascht worden sind.»
    «Sie weichen mir aus…!» Wenn sie ihm vorwarfen, ein Bulldozer zu sein, so mochte das schon stimmen, aber er war einer mit unendlich sensiblen Antennen darauf.
    «Also doch irgendwie die berühmte Leiche im Keller…?»
    Sie starrte auf den hölzernen Rost am Boden des Bootes, sah das grünlich-klare Wasser hin und her schwappen, wie es die ausgelaugten Bretter langsam tränkte, hörte ihre Stimme, ohne daß sie sprechen wollte.
    «… als Siebzehnjährige eine Abtreibung…»
    «Oh…!» Er stieß die Luft so kräftig aus, daß sie noch ihre Haare bewegte. «Noch Zeugen vorhanden?»
    «Ja, der…»
    «… der, mit dem Sie es…?»
    «Ja.»
    «Und wer ist das?»
    «Soweit ich weiß, ist er Journalist jetzt, freier Mitarbeiter bei kleineren Blättern, gewesen jedenfalls…»
    «Den Namen wollen Sie nicht nennen?»
    «Doch: Jens-Otto Jossa. Mein Mann hat ihn neulich in Bramme getroffen, ohne natürlich zu wissen, daß wir beide… In unserer Schulzeit noch…»
    «Jens-Otto Jossa…» wiederholte der Königsmacher. «Und zwar in Bramme… Und der ist garantiert der einzige, der das weiß?»
    «Ja, das schwöre ich Ihnen!»
    «Nun…» Der Königsmacher tauschte die Plätze mit ihr und schlug mit den Rudern so hart ins Wasser, daß das Boot wie vom Katapult geschnellt nach vorne schoß. «Das müßte man doch ganz lautlos aus der Welt schaffen können. In Bramme herrscht ja immerhin der Buth, mein alter Freund und Weggefährte…»
     
     
    Jossa lag auf seiner Pritsche, die Hände unter dem Nacken, die Augen geschlossen, hatte diesen kleinen Film für sich selber inszeniert, «Variante 3» genannt und ließ ihn nun auf einem imaginären Recorder noch einmal

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