Ich liebe dich, aber nicht heute: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)

nun wollte sich Rudis Ehefrau für einen anderen einstäuben?
    »Darum habe ich Rudi immer beneidet.«
    »Ich wünsche euch Glück.«
    »Liane! Wir reden nur.«
    »Ja gut, dann viel Glück beim Reden!«
    Als sie das Handy weglegte, schwankte sie zwischen Lachen und Weinen. Da waren sie plötzlich alle weg. Jürgen, der gerade noch um ihren Zuspruch gebeten hatte und, hoppla, gleich darauf wieder neuen Mut fasste. Jochen, der den unerreichbaren Überraschungsmann spielte, und ihr eigener Mann, der sich frisch verliebt hatte. Übrig blieb sie, Liane. Sogar Biggi ging es neu an. Wer hätte das gedacht! Sollte sie jetzt Rudi trösten? Aber wer wusste schon, mit wem sich Rudi schon getröstet hatte oder gerade tröstete?
    Egal, dachte sie, es wird dunkel, und allein bleibe ich nicht hier. Sie würde jetzt einen kleinen Koffer packen und nach Zürich fahren. Dort ins nächste Hotel einchecken und morgen den ersten Flieger nehmen, in dem sie noch Platz fand und der in ein schönes Urlaubsland abhob. Sie war schließlich keine Anfängerin, auf Flughäfen war sie zu Hause. Nur nach Asien wollte sie nicht, das erinnerte sie zu sehr an ihren Job und ihren Chef.
    Ihr Koffer fehlte. Daran hatte sie gar nicht mehr gedacht. Sie zog eine Nummer größer aus der Kammer hervor. Auch egal, dachte sie, dann habe ich mehr Platz für Klamotten. So schnell sie konnte, packte sie Bikinis, Sonnencreme, Jogginganzug, Jeans, eine kurze Hose, Poloshirts, Sweatshirts und einige Sommerblusen zusammen, dazu ein paar Schuhe und zwei winddichte Jacken. Ihre Kosmetiktasche war mit dem Koffer verschwunden, also packte sie rasch eine kleine Ersatztasche. Und wenig später schloss sie ihre Haustür hinter sich ab. Sie drehte den Schlüssel zweimal herum und fand es völlig widersinnig. Genauso gut hätte sie sie gleich offen stehen lassen können.
    Was soll’s, dachte sie, als sie ihren Wagen aus der Garage fuhr. Jetzt bin ich auf dem Weg und werde sehen, was passiert. Nur schade, dass sie Jochens Adresse nicht hatte, sonst hätte sie den Überraschungsmann wunderbar überraschen können.
    Schluss jetzt mit Männern, Liane schlug sich jeden weiteren Gedanken an ihn aus dem Kopf. Es galt einfach nur, in einem Hotel nahe dem Flughafen zu übernachten, am besten im Radisson Blue, da quartierte sie auch Firmenkunden ein. Betrachte es als großes Spiel, sagte sie sich, als sie im Radisson an der Rezeption stand und zwischen einem Standardzimmer »At home«, »Fresh« oder »Chic« wählen sollte. Ihr stand der Sinn nach Frische, also wählte sie »Fresh« und ließ sich die Zugangsdaten für das Hotel- WLAN geben. Sollte sie selbst nach einem passenden Flug suchen oder lieber suchen lassen? Liane entschied sich für die bequeme Variante. Ihr wurde die Telefonnummer des SBB -Reisebüros direkt im Flughafencenter gegeben, geöffnet von neun bis neunzehn Uhr. Täglich, wurde ihr gesagt. Gut, sie würde noch ein bisschen auf ihrem iPad nach frühen Flügen suchen und es dann Mister Zufall überlassen.
    Wider Erwarten schlief sie schnell ein und war Punkt neun Uhr am Reisebüro im Flughafengebäude. Die Reisefachfrau hatte sich gerade einen Kaffee auf den Tisch gestellt, als Liane schon in der Tür stand und um Eile bat. Wahrscheinlich denkt sie, ich bin auf der Flucht, sagte sich Liane. Aber egal, sie hatte nur Sorge, dass sie die nächsten Flieger verpassen könnte. Der Computer brauchte noch etwas Zeit, bis er vollständig hochgefahren war.
    »Einen Flug hätte ich da in …«, sie sah auf die Uhr, »fünfzig Minuten. Ein Platz ist noch frei, das ist um diese Jahreszeit ein echter Glücksfall, und zeitlich würde es reichen. 128 Franken.«
    »Ja, prima«, freute sich Liane. »Und wohin geht es?«
    »Ibiza. Ist das für Sie in Ordnung?«
    Liane zögerte. Ibiza. Ausgerechnet. Sollte sie jetzt auch noch einem heiß verliebten Pärchen zuschauen?
    »Können Sie mir dort ein Hotel empfehlen?«
    »Ich war selbst vor zwei Jahren in der Nähe von Santa Eulalia, das ist etwa fünfzehn Kilometer von Ibiza-Stadt entfernt, in einer hübschen, gemütlichen Hotelanlage. Aber ich kann Ihnen natürlich auch etwas direkt in Ibiza-Stadt buchen.«
    Liane überlegte kurz. »Buchen Sie vielleicht erst einmal den Flug?« Nach außerhalb stand ihr nicht so sehr der Sinn, dafür klang Ibiza-Stadt im Sommer schon sehr nach Party. Hatte sie Lust auf Party?
    »Am Hafen liegt das El Hotel Pacha, ein Designerhotel mit Blick auf den Jachthafen und alles, was sich dort in der Sonne …