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Ich liebe mich

Ich liebe mich

Titel: Ich liebe mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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gab’s einen drauf! Und noch einen und noch einen! Natürlich nur im Spaß. Schluß jetzt, habe ich gesagt, Marsch ins Bett! Ich war ja noch verabredet. Sie wissen... Als ich in das Zimmer kam, lag sie weinend im Bett. Nun, ich habe sie beruhigt, konnte sie ja verstehen — wie logisch man doch träumen kann. Wir liegen also nebeneinander. Auf einmal stört mich ihr Parfum, ihr Atem, alles. Sie hat natürlich gespürt, daß meine Gedanken woanders sind — es wurde eine peinliche Nacht. Kaum bin ich wieder in meinem Zimmer, zünde eine Zigarette an, wasch mir die Hände, um ihr Parfum loszuwerden — steht Stephanie da. Sie könne nicht schlafen. Und wieso ich nicht im Bett sei? Weil ich auch nicht schlafen kann, sage ich. Wir setzen uns auf das Sofa. Sie gähnt, zieht ihre langen Beine hoch, lehnt sich an meine Schulter und schläft ein. Rührend, wie ein Kind. Ich schaue ihr zu, wie sie atmet, warte, bis die Züge tiefer und langsamer werden, trage sie zu meinem Bett, gebe ihr noch einen Kuß aufs Haar, und lege mich auf das Sofa.«
    »Ein sehr umfangreicher, sehr konkreter Traum!« sagt der Doktor todernst. »Daß Sie den so gut behalten haben?« Blickbegegnung über dem Bücherstapel.
    »Ja und die Deutung, die Auswertung...«
    »Probieren Sie’s einmal selber! Bei Ihrer Vorstellungskraft wird Ihnen bestimmt viel einfallen. Sie sind doch ein routinierter Träumer...«

    Eine Chefsekretärin hat dafür zu sorgen, daß Termine eingehalten, Aufregungen ferngehalten, Antragsteller hingehalten, Unangemeldete zurückgehalten, Privatangelegenheiten herausgehalten, Pläne geheimgehalten und Getränke bereitgehalten werden.
    Auf Hilde war Verlaß.
    Zwei Telefone gleichzeitig bedienend, schwelgte sie in Unentbehrlichkeit. Im Dirndl. Mit der mechanischen Höflichkeit eines Sprechautomaten gab sie wieder und wieder dieselben Auskünfte: Nein, der Chef habe keinen Separatfrieden mit der Gewerkschaft geschlossen, da sei man falsch interpretiert worden, was in den Zeitungen stehe, könne der Chef nicht gesagt haben, weil er gar nicht in München sei, sondern auf einer Geschäftsreise. Der Chef suche lediglich neue Perspektiven aus echter Sorge. Was jetzt daraus gemacht werde, von gewissen Kreisen, komme einer gezielten Intrige gleich.
    Auf Hilde war Verlaß. Das wußte der Chef. Die Aufregung um seine Person störte ihn nicht. Er kannte die Empfindlichkeiten in der Wirtschaft, die bisweilen hysterischen Reaktionen der Regierung. Das hatte sich auf dem Empfang gestern abend wieder einmal bestätigt.
    »Sie liegen falsch!« hatte ihn ein Vertreter des Industrieverbandes in einer historischen Fensternische gewarnt.
    »Sie liegen falsch, mein Lieber!« hatten Freunde geflüstert. Herren vom Arbeitgeberverband und Politiker hatten sich der Meinung angeschlossen:
    »Sie liegen falsch!«
    Ein Kamerateam des Fernsehens störte mit Gerät und Licht. Beim Schwenken der Kamera über die proporzgerecht gruppierten Karyatiden aus Politik und Wirtschaft stand er allein in der Nische. Man hielt Abstand, als folge man geheimen Regieanweisungen.
    Nach Mitternacht — er war gerade dabei, ins Bett zu gehen — meldete sich der >Regisseur<. Wohlvertraut schnarrte die alte Stimme durch die Leitung, gleich bei der Sache, ohne jedes schmückende Wort: Die Zuliefererindustrie könne nicht einfach aus der Reihe tanzen, es gelte Aufträge zu erfüllen. Oder ob er riskieren wolle, vor der Öffentlichkeit als der Schuldige an einer Exportstockung hingestellt zu werden? Wenn er sich an die Gewerkschaft verkaufe, müsse er sich auch andere Abnehmer suchen. Bleibe er bei der Stange, werde das nicht sein Schaden sein. Im Grunde habe er ja recht. Aber man müsse einen anderen Weg finden. Er solle vernünftig bleiben, sich erholen, ein wenig verreisen. Zum Abschluß noch ein Wink mit neuen Aufträgen — Umrüstung der Bundeswehr stehe bevor! — damit der erwartete Gehorsam auch Freude bringe. Grußlos legte der Industriekaiser auf.
    E
    lvira bleibt stehen, preßt Landluft auf die Stadtluft in den ungeleerten Lungen.
    »Atme, Pan! Ich kann’s noch gar nicht fassen, daß wir hier sind. Und alles tust du mir zuliebe. Trotz deiner Sorgen. Diese Farbenpracht! Als habe Meister Herbst mit seiner Palette die Bäume getupft!«
    »Mit seinem Pinsel!« verbessert Pan. Es ist sein erster Satz seit Stunden. Elvira drückt seine Hand. Sie schweigen.
    Ach ja — jetzt überlegen sie sich wie sie mein Gesicht wahren — ich hatte die richtige Nase — man wird mich für

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