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Ich liebe mich

Ich liebe mich

Titel: Ich liebe mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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dir, uferlos...«
    Ihre diesbezügliche Pantomime wird unterbrochen. Elvira kommt zurück. Mit ihrem höflich sich erhebenden Vater steht auch Stephanie auf. Elvira schmilzt.
    »Aber Kind, bleiben Sie doch sitzen!«
    Stephanie lächelt, nimmt die Karte vom Tisch, um sie wegzubringen, bevor es Elvira vielleicht einfällt, mit unterschreiben zu wollen. Erinnernd tritt sie ihren Vater ans Schienbein. Und geht.
    »Schick sie jetzt ins Bett, Pan! Wir wollen den Tag hübsch ausschwingen lassen!«
    An anderen Tischen erhebt man sich, man grüßt.
    »Wir gehen in die Bar. Sie kommen doch auch?«
    Verzweifelt nicken Vater und Pan.
    »Ich fürchte, das wird eine uferlose Nacht!«

    »Was ist jetzt, kommst du mit?«
    Golo stand an der Tür, Herkules bellte ihn an. Stephanie, auf ihrem Bett, drehte sich zur Wand.
    »Laß mich in Ruh’.«
    Unterwegs im Auto, Schmollen und Grollen.
    »Was soll das?«
    »Laß mich in Ruh’.«
    »Den Satz kenne ich schon. Du hast wohl Liebeskummer?«
    »Und wenn? Laß mich in Ruh!«
    Er ließ sie in Ruhe. Bis zum Starnberger See. Erst als aufkommender Wind das Boot hinaustrug, sprachen sie weiter. »Sag mal Golo, was hältst du von Papi?«
    Die Frage kam ungelegen, Golo mußte den Spinnaker setzen.
    »Noch allgemeiner geht’s wohl nicht? Um dir trotzdem präzis zu antworten: als Firmenchef fabelhaft; als Vater etwas zu großzügig; als Mensch auch nicht mehr der jüngste; als Patient leichte vegetative Dystonie, Koronarinsuffizienz ansonsten, nun ja, sein Bayern tick: Vitalitätsersatz, Altersstarrköpfigkeit...«
    Stephanie hatte ihm nicht zugehört.
    »Flältst du es für möglich, daß er Mami betrügt?«
    Golo freute sich an der Naivität seiner Schwester, sein Ton wurde mild. Noch einmal spendete er Altkluges aus der schmalen Schublade seiner Erfahrung. Daß der gemeinsame Vater plötzlich das Spazierengehen entdeckt habe, sei kein Anzeichen für zweiten Frühling. Das dürfe sie einem alten Medizinstudenten glauben. Zudem sei er gar kein erotischer Typ.
    In diesem Punkt war Stephanie anderer Meinung. In geordneter Reihenfolge schilderte sie dem Bruder Eindrücke und Beobachtungen aus Salzburg: von der Dame Elvira, von Blicken, Bemerkungen. Golo forderte konkretere Anhaltspunkte: Wie sich besagte Dame am anderen Morgen beim Frühstück benommen habe. Aber die Schwester wollte nicht verstehen. Er umschrieb:
    »Ich meine, um mich vornehm auszudrücken: Hatte sie ein schlechtes Gewissen? War sie unsicher dir gegenüber?«
    »Davon hab ich nichts bemerkt.«
    »Und unser geschätzter Vater?«
    »Sah blendend aus, wie immer.«
    Die Antwort, prompt wie auf Knopfdruck erfolgt, sagte Golo nichts. Er war auf Indiziensuche. Und mußte wenden. Ohne Aufforderung setzte sich Stephanie auf die andere Seite, Golo werkelte seemännisch und kam erst, als er das Boot auf neuem Kurs hatte, auf die Sache zurück.
    »Du meinst also, wenn überhaupt, kommt nur diese Person in Frage. Aber dann hätte er dich ins Bett geschickt.«
    »Wollte sie ja, daß er’s tut. Ich hab’s genau gehört.«
    Golo verzog das Gesicht.
    »Tatsache bleibt, daß Vater mit dir allein in die Bar ging. Oder?«
    »Vielleicht hat er sich mit ihr nicht getraut. War ja voll mit Bekannten. Oder er hat sie auf später vertröstet.«
    »Dann wäre er nicht so lange mit dir geblieben, hätte nicht mit dir getanzt.«
    »Und warum mußte ich dann so viel trinken? Warum hat er mir Komplimente gemacht? Kannst du mir das erklären?«
    »Mein Gott! Vergreisende Väter in Champagnerlaune werden gern sentimental. Vielleicht glaubte er plötzlich, Mutter in jung vor sich zu haben. Wachtraum durch Alkohol, hat mit dir gar nichts zu tun, spricht nur für die Qualität der Ehe.«
    Stephanie zog ihre Lippen schmal. Warum war sie nach dem Gutenachtkuß noch einmal in sein Zimmer gegangen? Warum war er so erschrocken, als sie eintrat? Golo tat ihre Fragen mit der linken Hand ab.
    »Das redest du dir ein. Da warst du längst betrunken. Sonst hättest du dich nicht in sein Bett gelegt.«
    »Papi war ja gar nicht drin!«
    »Das will ich auch schwer hoffen!«
    »Und als ich gegen Morgen noch mal kam, weil ich nicht schlafen konnte, war er immer noch nicht drin, sondern stand am Fenster und hat geraucht.«
    »Wie oft soll ich’s dir denn noch erklären! Unser Vater ist in einem kritischen Alter. Er schläft schlecht. Ich hör ihn doch nachts immer, wenn ich arbeite. Da wird rumgetigert, gehustet, Fenster auf, Fenster zu, Treppe runter, Treppe rauf...«
    »Sein

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