Ich mag dich immer noch, wie du bist - Liebe ist nicht die Antwort, sondern die Frage: Ich mag dich immer noch, wie du bist
heißt), breitete sich auf dem Gesicht des Typen ein Lächeln aus. Er hat den Koch aus der Küche holen lassen und gesagt, ich würde am nächsten Morgen dort Probe arbeiten.
Und hier bin ich nun. Ich habe schon eine Kiste Zucchini kleingeschnitten, den Spinat kurz angedünstet, eine rote Soße in einem Topf umgerührt, einen riesigen Kürbis geschält, und das alles unter den kritischen Augen des Kochs, der stumm vor sich hin nickte.
»Wann soll ich anfangen?«, frage ich den Koch.
Er starrt mich an, man könnte glauben, er hätte mich nicht verstanden.
»Das heißt, soll ich heute Abend schon anfangen?«
»Aber klar, natürlich«, antwortet er mir lächelnd und mit einem unerklärlich sadistischen Blick.
Um acht bin ich vom totalen Wahnsinn umgeben. Ich hatte ja keine Ahnung, dass in der Küche eines Restaurants so viele Leute arbeiten, und ich hab mir auch nicht im Mindesten vorgestellt, dass ich es fast ausschließlich mit Kleinkriminellen zu tun haben würde: Meine zukünftigen Kollegen scheinen allesamt drogensüchtige, lebensmüde Rabauken zu sein, und noch dazu ziemlich feuerfest (ich habe genau gesehen, wie ein Brasilianer tatsächlich mit bloßen Händen ein flambiertes Filet aus den Flammen geholt hat).
»Luca!«, brüllt der Koch. Dann schiebt er mich an den Herd, zeigt mir mit den Fingern, wie viele Minuten noch fehlen und fügt hinzu: »Six, six.« Dann deutet er auf ein Mädchen, das die Teller vorbereitet. Die Kommunikation in der Küche findet beinahe nur mit Gesten statt. So schaffe ich es sogar mit meinem bescheidenen Englisch, alle Befehle zu befolgen, die man mir gibt.
Meine Aufgabe ist, alles zu tun, was man mir sagt.
Als ich die sechs kleinen Portionen gefüllten Braten aus dem Ofen geholt habe, habe ich sie auf die Teller getan und diese dem Mädchen gegeben, das sie wieder weitergereicht hat an jemanden, ich glaube, das war der Souschef. Danach werde ich zu dem Mann geschickt, der das Geschirr spült und buchstäblich unter Töpfen begraben ist. Ich helfe ihm zwanzig Minuten lang. Bis der Koch mich wieder schnappt und mich neben einen Schwarzen stellt, dem er etwas sagt, das ich als »er gehört ganz dir« verstehe.
Auf dem Metalltisch ein paar Meter von mir entfernt bereitet ein junger Mann etwas vor, das nichts mit Kochen zu tun hat. Mit einer Plastikkarte zerteilt er ein kleines weißes Kügelchen und erhält so ein feines weißes Pulver, das er in vier Linien aufteilt. Dann rollt er einen Geldschein zusammen und pfeift den Koch heran, der sofort in Begleitung von zwei Männern bei ihm ist. Einer nach dem anderen ziehen sie sich das Kokain rein, bevor sie an ihre Arbeit zurückkehren.
»Do you like it?«, fragt mich der Schwarze, der bemerkt hat, dass ich das Ganze beobachtet habe.
»Oh, no, no, thank you.«
»Good guy«, sagt er kichernd. »That’s shit.«
»Ah, okay.«
In diesem Augenblick öffnet sich die Tür zur Küche und man hört die Mikrofonstimme, die gestern Abend die Tabledance-Show angekündigt hat. Jetzt ist es wieder so weit, wie ich leicht den Pfiffen und dem Händeklatschen entnehmen kann, die auf die Ansage folgen.
Ich muss an Dalila denken, die ein Teil dieser Welt ist, die jeden Abend diese Show macht. Und ich denke auch, dass dieser Job sich sehr schlecht mit dem verträgt, was wohl ihre eigentlichen Lebensziele sind, nämlich die Musik und ihre Band, die Nirvana’s Sisters.
Um zwei Uhr nachts haben wir alle das Lokal verlassen. Die letzten Gäste entfernen sich schwankend und ich muss an meine erste Begegnung mit Dalila denken. Gleicher Ort, gleiche Zeit, nur dass sie diesmal allein ist. Auch heute verschwinden die Kellner und das übrige Personal ziemlich schnell. Es ist kalt, eine seltsam feuchte Kälte, die nach Meer riecht, dichter Nebel ist über der Stadt aufgezogen.
»Wie ist es gelaufen?«, fragt Dalila. »Hast du es überlebt?«
»Ich glaube schon. Es ist ganz gut gelaufen, ich bin zufrieden.«
Ich sehe mich um. Alle außer uns sind verschwunden.
»Gehst du eigentlich nachts immer allein nach Hause?«, frage ich sie und klinge geradezu väterlich besorgt.
Sie sieht mich gerührt an, keine Ahnung, warum. Ihre Wangen sind gerötet und ich bemerke ein paar Schweißperlen auf ihrer Stirn.
»Na ja, kommt darauf an«, antwortet sie. Dann hakt sie sich bei mir unter und wir machen uns auf den Weg. Sie zieht ihren Mantel fester um sich und lächelt. Ihr Lächeln ist schön, es hat etwas, das ich nicht einordnen kann. Ihre Augen blicken
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