Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich mag dich immer noch, wie du bist - Liebe ist nicht die Antwort, sondern die Frage: Ich mag dich immer noch, wie du bist

Ich mag dich immer noch, wie du bist - Liebe ist nicht die Antwort, sondern die Frage: Ich mag dich immer noch, wie du bist

Titel: Ich mag dich immer noch, wie du bist - Liebe ist nicht die Antwort, sondern die Frage: Ich mag dich immer noch, wie du bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Gungui
Vom Netzwerk:
das näher zu erklären.
    »Welche Uni?«, fragt er, und jetzt ist Dalila ganz eindeutig verblüfft.
    »Wirtschaft, in Berkeley.«
    »Und wo wohnst du?«
    »Hier in der Nähe, in der Nähe von … Dalilas Wohnung.«
    Diesmal platzt der Mann wirklich laut heraus vor Lachen. Dann sieht er Dalila an.
    »Dann kennt ihr euch also schon?«, fragt er augenzwinkernd.
    Dalila ist offensichtlich nicht sehr glücklich über meine Erklärung. Deshalb schildert sie ihm flüchtig die Umstände unserer ersten Begegnung. Der Mann hört ihr aufmerksam zu. Sein Gesichtsausdruck wird ernst und er streift mit seinen Fingern leicht über mein Auge, das immer noch gerötet ist, bevor er die Hand auf meine verbundene Schulter legt.
    »Bravo!«, sagt er und nickt gedankenverloren. »Gut gemacht!«
    »Vielen Dank, aber … Ich hab nur ein wenig geholfen.«
    »Du hast mehr getan, als ein wenig zu helfen. Wie heißt du noch mal?«
    »Luca.«
    »Genau, Luca, ich sage dir jetzt mal was: Meiner Meinung nach kann man die Menschen in zwei Gruppen einteilen: die, die weitergehen und die, die stehen bleiben.«
    Ich sehe ihn fragend an, denn ich bin mir nicht sicher, ob ich verstanden habe, was er damit meint.
    »Wenn du nachts in einer Gasse ein Mädchen schreien hörst … Das habe ich gemeint. Wenn du weitergehst, bist du ein Feind. Wenn du stehen bleibst, ein Freund. Verstanden?«
    »Ich glaube schon.«
    »Willst du einen Job?«
    »Ich glaube schon.«

18  Alice
    Heute Morgen ist eine meiner absurdesten Ängste Wirklichkeit geworden.
    Alle starren mich an und tuscheln miteinander. Sie geben Kommentare ab, flüstern, jemand lacht. Der Weg vom Schultor bis in meine Klasse ist geradezu ein Spießrutenlaufen. Kurz bevor ich im Klassenraum verschwinde, ruft mir Nicola, unser Hausmeister, sogar hinterher: »Super, Alice!«
    Ich setze mich an meinen Tisch und starre aus dem Fenster, während ich sehnlichst auf das Läuten der Glocke zu Stundenbeginn warte. Im dunklen Hof sieht man die gelben Rechtecke der beleuchteten Fenster. Plötzlich sehe ich etwas vom Himmel fallen, einen weißen Punkt, der leicht durch die Luft schwebt, bis er gegen die Fensterscheibe prallt. Ein kleines Schneekristall. Perfekt in seiner geometrischen Harmonie. Bewundernd betrachte ich es, kaum eine Sekunde lang, genau die Zeit, in der es sich in einen Wassertropfen auflöst.
    Heute Morgen ist der Partis schlecht drauf. Kaum hat er die Klasse betreten, setzt er sich an sein Pult und schaut uns schweigend an. Er lässt die Arme am Körper herabsinken, um sie dann, offenkundig wegen der theatralischen Wirkung, langsam wieder auszubreiten.
    »Ich lese euch jetzt ein Gedicht von Montale vor«, erklärt er knapp.
    Roberto Panfili hebt prompt die Hand. Partis sieht ihn resigniert an.
    »Ja, du kannst nach Hause gehen, Roberto«, sagt der Lehrer.
    »Nein, ich wollte eigentlich …«, widerspricht mein Mitschüler, doch Partis hört ihm nicht mehr zu. Er beginnt zu lesen.
    Seine tiefe Stimme zittert leicht. Von der zweiten Zeile an versinkt die Klasse in tiefes Schweigen, man hört nicht einmal mehr ein Flüstern, Rascheln oder die anderen typischen Geräusche, die jede Stunde begleiten.
    In dem Gedicht wendet sich ein Mann an eine Frau. Sie ist ein ganz besonderer Mensch, der wirklich sehen kann, über den äußeren Anschein hinaus. Es ist ein Liebesgedicht, obwohl der geliebte Mensch nicht mehr da ist. Das lyrische Subjekt sucht nicht mehr nach der Wirklichkeit, nicht mehr nach Antworten, seit er die Augen seiner Geliebten verloren hat.
    Partis hat das Gedicht zu Ende gelesen, doch er steht weiter mit gesenkten Lidern da, den Kopf über das Buch in seinen Händen gebeugt. Dann klappt er es zu und sieht uns mit einem geradezu sarkastischen Grinsen an. Ich habe den Eindruck, dass er uns alle für Idioten hält und am liebsten ganz woanders wäre.
    »Herr Partis, soll ich Ihnen einen Kaffee holen?«, fragt Roberto Panfili.
    Da wird Partis Blick weicher. Er wirkt beinahe gerührt.
    »Danke, Roberto«, sagt er und gibt ihm Geld.
    Ich frage mich, mit welchen Gespenstern er wohl zu kämpfen hat. Ob sie wohl meinen eigenen ähneln? Ich überlege einen Moment, ob unsere Ängste in uns selbst entstehen und mit uns wachsen und ob vielleicht doch all jene recht haben, die darauf beharren, dass diese Zeit jetzt die schönste unseres Lebens ist. Doch dann besinne ich mich schnell, weil mir einfällt, dass ich seit einer Woche nichts von Luca gehört habe, mein Vater immer noch arbeitslos zu

Weitere Kostenlose Bücher