Ich mag dich immer noch, wie du bist - Liebe ist nicht die Antwort, sondern die Frage: Ich mag dich immer noch, wie du bist
ist los?«, frage ich beunruhigt.
Sie antwortet nicht, sondern starrt weiter auf den Bildschirm. Dort sieht man eine Menschengruppe mit Schildern und Spruchbändern vor einem großen Tor. Vier Männer sitzen auf dem Boden und haben sich mit den Händen daran festgekettet!
Vor ihnen steht ein Journalist, der ein Mikrofon in der Hand hält und erklärt, was dort passiert. Aber ich muss nicht erst hören, was er sagt, denn ich erkenne sofort, dass einer dieser Männer mein Vater ist.
21 Luca
»Komm schon, so übel ist es doch gar nicht«, sagt Dalila, sobald sie die Wohnung betreten hat.
»Na ja, wenn darunter nicht euer Probenraum wäre, wäre es ganz okay.«
Sie lächelt mich an.
»Kann ich mal die Toilette benutzen?«
Während Dalila im Bad ist, betrachte ich noch einmal meine kleine Bleibe und versuche mich mit dem Gedanken anzufreunden, dass sie im Grunde gar nicht so übel ist. Ich habe neue Laken und Kopfkissenbezüge gekauft. Dann habe ich, so gut es ging, die Böden geschrubbt und die Spinnweben von den Wänden entfernt. In einem Schrank habe ich eine kleine Nachttischlampe gefunden, die ein mildes rötliches Licht verströmt.
»Wenn du wirklich umziehen willst, kann ich mich gern mal umhören«, meint Dalila, als sie aus dem Bad kommt.
»Ach, ich weiß nicht, ich hab nicht viel Geld.«
»Na ja, jetzt verdienst du ja etwas. Und wenn du gut bist, kann Michael durchaus großzügig sein.«
»Wie meinst du das?«
»Er ist nicht gerade der typische Arbeitgeber. Manchmal fahren wir zusammen raus, er hat ein schönes Haus am Meer, draußen vor der Stadt …«
»Meinst du, er schenkt es mir?«, witzele ich, doch gleichzeitig stelle ich klar, wie ich das sehe: Wenn man mich zu einem Ausflug ans Meer einlädt, löst das noch lange nicht meine finanziellen Probleme …
Dalila lächelt und schüttelt den Kopf, dann kommt sie näher und schaut mir tief in die Augen. Also, ehrlich gesagt kommt sie mir etwas zu nahe.
»Du bist echt nett«, sagt sie. »Du bringst mich zum Lachen.«
»Ich hab gar nichts da, was ich dir anbieten könnte. Höchstens ein Glas Wasser, wenn du möchtest.«
Sie starrt mich immer noch an, als wollte sie in meinen Kopf hineinschauen. Dalila ist wirklich hübsch, sage ich mir, während mir zugleich bewusst wird, wie schrecklich zweideutig diese Situation doch ist, und ich fürchte, Alice wäre nicht gerade begeistert, wenn sie wüsste, dass ich um diese Uhrzeit mit einer Tabledance-Tänzerin zusammen bin …
»Also, muss ich denn wirklich alles selber machen?«, fragt sie leise.
Und dann küsst sie mich.
Einfach so.
Ich weiche verlegen zurück. Eigentlich würde ich jetzt am liebsten lachen, aber ich unterdrücke diesen nervösen Reflex.
»Was ist los?«, fragt sie mich.
»Nichts.«
Sie sieht mich verärgert an.
»Ja und?«
Inzwischen habe ich einen Sicherheitsabstand zwischen uns gebracht. Ich betrachte sie, sie ist wirklich ausnehmend attraktiv. Die bunten Strümpfe bringen ihre wohlgeformten Beine zur Geltung, dazu der Minirock und ein dünnes T-Shirt mit einem kleinen Ausschnitt.
»Also, eigentlich bin ich in festen Händen.«
»Eigentlich?«
»Äh, also ich bin.«
»Und warum hast du mich mit nach oben genommen?«
»Ich weiß es nicht«, sage ich und werde immer unsicherer. »Vielleicht auf einen Drink.«
»Ich dachte, du hast nichts zu trinken da?«, erwidert Dalila und schaut sich um.
»Nein, eigentlich nicht«, gebe ich zu und komme mir auf einmal selbst ziemlich lächerlich vor. »Oder um zu reden.«
Da lacht sie laut und lässt sich aufs Bett fallen.
»Oh Mann, ich dachte, solche Typen wie dich gibt es nicht mehr«, sagt sie kopfschüttelnd.
»Ich betrüge meine Freundin eben nicht, was ist denn so schlimm daran?«, frage ich. Jetzt liegen die Karten auf dem Tisch. Dann kann man es auch offen ansprechen.
»Stell dir vor, ich habe mir schon gedacht, dass du eine Freundin hast.«
»Ach ja? Und warum?«
»Weil du so aussiehst wie der typische brave Junge mit Freundin. Ich habe nur immer noch nicht begriffen, was du hier in San Francisco willst, hier in Castro, und was dich bewogen hat, in einem Restaurant unter Kokainsüchtigen den Hilfskoch zu spielen.«
»Ich hab eigentlich ganz andere Pläne. Die Arbeit brauche ich, weil ich kein Geld habe, und morgen schreib ich mich an der Uni ein.«
»Ich glaube, du machst dir was vor«, erklärt sie mir mit einem Gesichtsausdruck, der schwer zu deuten ist.
»Da irrst du dich«, erwidere ich leicht gereizt,
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