Ich mag dich immer noch, wie du bist - Liebe ist nicht die Antwort, sondern die Frage: Ich mag dich immer noch, wie du bist
nie gefragt, wo sie wohl herkommen.
Oben angekommen, erkenne ich, dass es nur eine Art Wohnzimmer ist, das man als Garderobe eingerichtet hat. Es gibt ein paar Kleiderständer, Spiegel und Sessel, außerdem ein langes Bord vor einer Spiegelwand, vor der sich einige junge Männer und Frauen schminken. Dalila ist ebenfalls dort. Als sie mich sieht, kommt sie mir entgegen.
»Was geht denn hier ab?«, frage ich sie.
»Hast du jetzt endlich kapiert, was für eine Party das heute Abend ist?«
26 Alice
Als wir vor dem Gandhi-Abendgymnasium ankommen, haben sich da schon eine Menge Leute versammelt. Auf der Schultreppe wimmelt es von Menschen, und viele andere stehen auf der Straße davor.
Ich steige vom Moped und nehme den Helm ab, während Guido mit dem Schloss hantiert.
»Ich schau mal kurz rein, ich bin mit jemandem verabredet«, sagt er, während er ein paar Leuten hinter mir zuwinkt. »Wir treffen uns gleich wieder hier draußen.«
Guido verschwindet in der Menge, ich beobachte die Situation von außen. Die Polizei hat eine Straßenseite abgesperrt, aber alles wirkt ruhig. Aus den Fenstern der umliegenden Gebäude beobachten einige Leute neugierig das Geschehen. Ein Mädchen mit Megafon schreit einer alten Frau im zweiten Stock zu, sie möge doch bitte herunterkommen und mitdemonstrieren. Die Frau lächelt und schwenkt einen Spüllappen zum Zeichen der Solidarität, was ihr spontanen Applaus und übertriebene Beifallsrufe einbringt.
Mitten in der Menge sehe ich Roberta, die Chefredakteurin der Schülerzeitung, die mir entgegenkommt, als sie mich entdeckt.
»Wir beide müssen reden«, sagt sie ernst.
Ich starre sie verständnislos an.
»Hör mal«, meint sie, »ich weiß nicht, worum es dir geht oder warum du das alles machst …«
»Roberta, ich hab keine Ahnung, wovon du redest.«
»Ach, komm schon, also bitte, ich reiß mir seit zwei Jahren den Arsch auf für diese Schülerzeitung. Und dann kommst du daher, schreibst einen Artikel und alle schreien ›Oh, wie toll, die ist ja so super‹. Schön, du hast einen guten Artikel geschrieben, aber das heißt noch lange nichts. Eine Zeitung am Leben zu erhalten ist etwas ganz anderes.«
»Oh mein Gott, darum geht es also?«, frage ich sie ungläubig. »Da liegst du völlig falsch. Ich habe überhaupt kein Interesse daran …«
»Na toll, nicht einmal du hast daran Interesse …«
»Nein, eigentlich wollte ich sagen, das ist einfach so passiert, ich wollte diesen Artikel ja nicht einmal schreiben.«
»Und warum hast du es dann getan?«
In dem Moment taucht Guido hinter ihr auf.
»Hallo, Mädels!«, begrüßt er uns fröhlich. »Ein Riesenerfolg, oder?«
Roberta antwortet ihm nicht und ich lächle nur traurig. Ich kann mich über diesen »Riesenerfolg« nicht freuen. Ich kann nur an Luca denken, wie er mit einer anderen schläft. Und jetzt legt sich diese verrückte Kuh mit mir an, weil sie glaubt, ich wolle ihr den Posten streitig machen.
»He, alles in Ordnung?«, fragt Guido.
»Jaja, wir haben uns nur unterhalten«, antworte ich ausweichend.
»Ach so, okay, hört mal, da ist ein Journalist, der noch einige Informationen bräuchte. Ich hab ihm schon ein paar Exemplare der Schülerzeitung gegeben, aber er hat gesagt, er möchte mit dem Mädchen sprechen, das den Artikel geschrieben hat. Alice, traust du dir das zu?«
Roberta wirft mir einen vernichtenden Blick zu und ich verdrehe die Augen.
»Also, was ist?« Guido lässt nicht locker.
»Vielleicht ist es ja besser, wenn Roberta geht«, sage ich. »Also, ich meine, schließlich weiß sie mehr darüber als ich, auch über die Schülerzeitung im Allgemeinen.«
»Was redest du denn da? Den Artikel hast du geschrieben. Wenn du nicht willst, ist das okay, aber wo du schon mal hier bist …«
»Geh nur, geh«, sagt Roberta mit saurer Miene. Dann macht sie kehrt und verschwindet wortlos.
»Ist etwas passiert?«, fragt Guido und sieht mich forschend an.
»Sie denkt, dass ich ihren Platz einnehmen will.«
Er schaut mich verblüfft an. Dann dreht er sich zu Roberta um, die wenige Meter von uns entfernt mit einem Jungen von der Schülerzeitung spricht und dabei wild gestikuliert. Es sieht so aus, als ob sie ihren Zorn bei ihm ablässt und beschreibt, was passiert ist.
»Ach komm, sie wird bloß ein wenig neidisch sein«, meint Guido nicht gerade überzeugend.
»Nein, nein, das hat sie wirklich gesagt.«
»Okay«, meint er, »das tut mir leid, aber irgendwie … Los, komm mit, damit ich dich dem
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