Ich mag dich immer noch, wie du bist - Liebe ist nicht die Antwort, sondern die Frage: Ich mag dich immer noch, wie du bist
übrig.
»Meine Freundin hat mich mit einer anderen Frau gesehen und jetzt will sie mich verlassen, oder vielleicht hat sie es schon getan, ich bin nach San Francisco gekommen, um mich an der Uni einzuschreiben, aber ich habe den letzten Tag der Einschreibefrist verpasst und … und das ist es.«
»So, das sind also deine Probleme?«
»Hm, ja, also momentan schon«, antworte ich, aber ich bin mir überhaupt nicht sicher, ob er mir zuhört.
»Hör mal«, meint er und legt mir eine Hand auf die Schulter, »ich mag dich. Ich brauche Leute wie dich. Aber du darfst mich nicht verarschen. Pass auf: Es gibt immer irgendeine Frau, die dich nervt, die dich in den Wahnsinn treibt, irgendein Problem, weshalb du dir eine Kugel in den Kopf jagen willst, aber du darfst nicht stehen bleiben. The show must go on . Schon mal gehört? So ist das nun mal. Die Show muss weitergehen, das ist mein Motto. Merk dir das, dann kommst du super durchs Leben. Deshalb entscheide dich: Entweder ist die Show jetzt für dich vorbei, dann bin ich dir deswegen nicht böse, aber du brauchst hier nie wieder aufzukreuzen. Oder die Show beginnt jetzt, du gehst da raus, setzt ein freundliches Lächeln auf und kümmerst dich darum, dass meine Gäste ihren Spaß haben, okay?«
Mit geht viel zu viel durch den Kopf, viel zu viele Gedanken. Widersprüchliche Wünsche, die miteinander ringen. Der Gedanke an Flucht, wieder einmal wegzulaufen, auch hier. Der Wunsch, dass alles wieder so wird wie vorher, dass alles in Ordnung kommt. Die Illusion, ich könnte die Zeit zurückdrehen und meinem Vater sagen, ja, ich habe es mir anders überlegt, ich gehe nicht weg, ich studiere in Mailand. Und schließlich der Gedanke, wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte und Dalila noch mal in der Seitenstraße sähe, würde ich einfach weitergehen, als ob nichts wäre, während eine andere innere Stimme mir sagt, dass das nicht stimmt: Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich mit Dalila schlafen, einmal, hundert, tausend Mal, und Alice gar nicht mehr antworten, und auf die Uni würde ich pfeifen, zum Teufel, wer interessiert sich schon für Berkeley. Ich werde jetzt einfach tun, was mir gefällt, nur noch an mich selbst denken und nicht an das, was die anderen von mir erwarten. Mein Chef hat recht: The show must go on.
28 Alice
»Also, was hast du herausgefunden?«, frage ich Mary, die sich seit zwei Stunden auf Facebook tummelt.
»Nicht viel, aber ich bin auf dem richtigen Weg, wenn du mir nur etwas dabei helfen würdest.«
»Nein, Mary, wenn ich jetzt ein Foto von ihm sehe, schlag ich deinen Computer kurz und klein.«
»Hmm, also … Er hat vor Kurzem neue Freunde und Freundinnen geaddet, zwei von denen haben einen Account, der für alle sichtbar ist, und überall taucht immer wieder der Name eines Lokals auf, dieses Lilly Restaurant.«
»Lilly Restaurant?«
»Ja, ich weiß noch nicht genau, was das für ein Laden ist, aber jetzt hake ich da mal nach. Ich bin auf einer heißen Spur.«
In dem Moment meldet sich mein Handy. Nur ein kurzes Klingeln, das Zeichen, dass Guido da ist und ich jetzt runtergehen muss. Ich sehe mich um wie eine Maus in der Falle, aber es gibt keinen Ausweg. Martinas Mansardenwohnung ist mir noch nie so klein vorgekommen, und leider gibt es hier keine Rutschen, auf denen man direkt in ein Paralleluniversum gleiten kann, in denen es keine Jungs gibt, die einen abholen kommen, wenn man eigentlich schon vergeben ist, obwohl einen der eigene Freund gerade betrogen hat.
»Nein, ich gehe nicht«, sage ich zu Mary.
»Du musst aber gehen«, erwidert sie entschieden. »Stimmt doch, Martina?«
»Warum muss sie gehen, wenn sie nicht will? Wie ist dieser Typ denn so?«
»Das ist doch völlig egal, wie der Typ so ist!«, stöhnt Mary laut. »Sie muss ausgehen, um Luca eifersüchtig zu machen.«
»Na sicher, weil ja jede Menge Paparazzi in der Kneipe auf Alice warten.«
Ich trete ans Fenster, aber ich kann niemanden entdecken. Von Guido oder seinem Moped keine Spur.
»Problem gelöst, da ist niemand«, verkünde ich.
»Ach Quatsch, lass mich mal sehen!«, grummelt Mary. Sie steht auf und geht zum Fenster, während ich mich wieder setze. Dann schaut auch sie etwas skeptisch, doch schließlich stößt sie einen ihrer spitzen Begeisterungsschreie aus. Sie dreht sich um, kommt wieder in die Mitte des Zimmers, dabei hüpft sie auf und ab und hält sich die Hände vor den Mund vor Lachen. Ausgerechnet Mary, die einmal gesagt hat: »Warum
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