Ich mag dich wie du bist
tue es ihm nach.
»Jetzt schau dich um.«
Wie geheißen schaue ich mich um und sehe den Wohnwagen zitternd und verschwommen. Die Lichtflecken, die durch die Bäume hindurchscheinen, springen einem regelrecht ins Auge. Die Umrisse sind deutlicher zu erkennen, aber viele Einzelheiten gehen unter.
In dem Augenblick kommt mein Vater und betrachtet uns verwirrt.
»Seid ihr jetzt alle verrückt geworden?«
»Papa, versuch es doch mal! Du musst die Dinge mit zusammengekniffenen Augen betrachten.«
Jetzt setzt sich auch mein Vater hin und schaut sich mit halb geschlossenen Augen um.
Der Anblick wird immer lächerlicher.
Mein Vater lässt es gleich wieder, aber ich komme allmählich auf den Geschmack.
»Wozu soll das denn gut sein?«
»Du siehst«, antwortet mein Großvater und setzt sich seine Brille wieder auf.
»Was?«
»Du siehst, habe ich gesagt. Das ist die einzige Art, um klar zu sehen. Was tust du, wenn etwas weit weg ist und du es besser erkennen willst? Du kneifst die Augen zusammen. Und so wird es scharf. Wenn etwas in deiner Nähe ist, musst du es andersherum machen, du musst sie undeutlicher werden lassen, vielleicht geht dabei ein Detail verloren, aber tatsächlich siehst du das, was es wirklich zu sehen gilt, viel besser.«
In dem Augenblick erscheint meine Mutter mit einer großen Pfanne in der Hand.
»Alice, kannst du kurz mitkommen?«
Jetzt ist es also so weit.
Wir gehen nicht sehr weit, nur um den Wohnwagen herum und dann noch ein Dutzend Schritte. Wahrscheinlich will sie mich lediglich umbringen, indem sie mir mit der Pfanne eins überzieht.
»Weißt du, warum ich so wütend bin?«
»Ja, das weiß ich.«
»Und was hast du dazu zu sagen?«
»Keine Ahnung, ich habe eben einen Fehler gemacht.«
»Ich habe deinem Vater nichts erzählt, aber nicht deinetwegen, das habe ich für uns getan, denn sonst hätte es nur einen Riesenkrach gegeben, und ich wollte, dass die Ferien einigermaßen friedlich zu Ende gehen.«
»Du hast ja recht, mehr kann ich nicht sagen.«
»Seit die Ferien begonnen haben, bin ich auf deiner Seite gewesen, ich habe dich verteidigt, auch wenn du gesagt hast, dass du gelernt hast, obwohl du keinen Finger gerührt hast, ich habe dir vertraut, als wir unser Gespräch hatten und du mir von deinen Freunden erzählt hast, ich habe gedacht, das wäre gut für dich, ich habe beschlossen, dich voll und ganz zu unterstützen. Und offensichtlich war das ein Fehler.«
»Mama, das stimmt nicht, ich habe Mist gebaut, das ja, ich wollte es dir ja erzählen, aber …«
»Aber?«
»Das ist jetzt so ein Moment … was soll ich denn tun? Stimmt, ich bin über Nacht weggeblieben, weil ich zu viel getrunken habe und eingeschlafen bin, und ich weiß, das war falsch, aber es ist eben passiert. Können wir nicht einfach nach vorn sehen?«
Erst nachdem ich das gesagt habe, wird mir klar, dass ein vollständiges Geständnis wohl gar nicht nötig gewesen wäre.
»Du hast zu viel getrunken und bist eingeschlafen?«, fragt meine Mutter, als würde sie ihren Ohren nicht trauen.
»Ja.«
»Und was soll ich davon halten?«
»Du sollst denken, dass ich einen Fehler gemacht und dein Vertrauen enttäuscht habe. Das war falsch von mir und es tut mir leid. Und ich verstehe, dass du jetzt sauer bist. Ich habe einen Fehler gemacht.«
Der Gesichtsausdruck meiner Mutter verändert sich mehrfach, wechselt von Zorn zu Traurigkeit, bis sie schließlich den Mund zu einem wehmütigen Lächeln verzieht.
»Großmutter hat dir ihr Gedicht zu lesen gegeben. Das hat sie mir erzählt.«
»Sie hat es mir geschenkt.«
»Langsam stirbt der, der es sich nicht erlaubt, Fehler zu machen.«
»Na ja, so ungefähr.«
»Frieden?«
Neunundsiebzig
Alice: Luca!
Luca: Zu Befehl!
Alice: Bist du immer noch bei Rosa?
Luca: Ich sitze am Computer des Campingplatzes. Ihr seid schließlich nicht die Einzigen, die so was haben.
Alice: Was machst du?
Luca: Ich habe Zeitung gelesen.
Alice: Gute Nachrichten?
Luca: Je nachdem, wie man es sieht. Die Regierung ist zurückgetreten.
Alice: Machst du Witze?
Luca: Nein, nein, ich bin todernst.
Alice: Und jetzt?
Luca: Jetzt gibt es eine Interimsregierung, dann werden Neuwahlen angesetzt und die Rechte wird gewinnen.
Alice: Kannst du die Zukunft lesen?
Luca: Nein, ich lese Zeitungen.
Alice: Und dort sagt man, dass es so laufen wird?
Luca: Ja, denn es ist doch so, Italien hat die höchste Rate an Wechselwählern, die bei jeder Wahl einer anderen Partei ihre Stimme
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