Ich mag dich wie du bist
die ist ganz leicht.«
»Papa, bitte.«
»Nur eine einzige, du weißt doch, dass Zigaretten mir das Leben gerettet haben.«
Wir sind gerade mit dem Essen fertig geworden. Nebenbei bemerkt, Clara und die Wohnwagennachbarn saßen mit uns am Tisch, was beweist, dass zumindest eine meiner Vermutungen doch nicht so weit hergeholt war.
Die Geschichte meines Großvaters, wie Zigaretten ihm das Leben gerettet haben, gehört zu seinen besten Anekdoten und die neuen Gesichter an der Tafel geben ihm alles Recht der Welt, sie noch einmal zu erzählen.
Die Sache hat sich mehr oder weniger so abgespielt:
Während des Zweiten Weltkriegs wurde mein Großvater von den Engländern gefangen genommen und zusammen mit etwa dreitausend anderen Italienern auf einen Panzerkreuzer verfrachtet, der für diesen Gefangenentransport umgerüstet worden war. Ein Panzerkreuzer ist ein großes Kriegsschiff, das theoretisch keine Gefangenen befördern sollte. Und genau das war das Problem. Nachdem ein deutsches U-Boot das große Schiff auf dem Radar ausgemacht und dann die Bestätigung erhalten hatte, dass es zum Feind gehört, beschoss es den Panzerkreuzer mit ein paar Torpedos, die den Frachtraum trafen, in dem die Gefangenen untergebracht waren. Die Mehrzahl von ihnen, mehr als zweitausend, kam sofort dabei um. Mein Großvater konnte sich durch einen Luftschacht zur Brücke durchschlagen. Dann sprang er mitten in der Nacht ins eiskalte Meer, während das brennende Schiff unterging.
Inzwischen waren auch die Rettungsboote zu Wasser gelassen worden, doch selbstverständlich fanden dort nur die englischen Soldaten Platz. Die ganze Nacht und auch den folgenden Tag trieb mein Großvater also im Wasser und versuchte immer wieder, einen Platz in einem Rettungsboot zu bekommen, doch man schlug nur mit den Rudern auf ihn ein. Viele seiner Leidensgenossen verließen am Morgen die Kräfte, zahlreiche andere wurden von Haien gefressen. Mein Großvater hielt durch und hoffte, dass jede Minute Hilfe eintreffen würde oder dass die Deutschen ihren Fehler bemerken würden. Plötzlich fand er eine kleine schwarze, versiegelte Schachtel, die im Wasser trieb: Zigaretten. Er kehrte zu einem der Rettungsboote zurück, von dem man ihn verjagt hatte und hielt mit dem Mut der Verzweiflung seinen Fund hoch: »Ich hab Zigaretten! Ich hab Zigaretten!« Und sie ließen ihn an Bord.
»Mach, was du willst, ich will nicht mit dir darüber streiten.«
Meine Mutter kann sich für diese Geschichte nicht mehr begeistern. Federico hingegen liebt sie. Jedes Mal soll Opa ihm noch mehr Einzelheiten erzählen. Was ist passiert, als die Haie kamen? Was haben sie mit den Zigaretten gemacht, also, haben auf einmal alle im Boot drauflosgeraucht? Wann sind endlich Rettungsschiffe eingetroffen?
Auch Clara ist von dieser Geschichte gefesselt, genau wie ich. Schließlich verdankt nicht nur mein Großvater sein Leben den Zigaretten, oder vielmehr der Nikotinsucht (denn wären nicht ein paar eingefleischte Raucher an Bord dieses Rettungsbootes gewesen, hätte ihn wohl niemand gerettet).
Hätte damals mein Großvater nicht dieses Päckchen gefunden, wäre ich auch nicht auf dieser Welt.
»Hast du ein paar Jungs kennengelernt?«, fragt mich meine Großmutter, um das Thema zu wechseln.
In dem Augenblick klingelt mein Handy.
Ich habe eine SMS bekommen.
Für meine Großmutter ist dieses piep piep gleichbedeutend mit einem Ja.
»Sie hat hier ein paar sehr nette Freunde gefunden«, erklärt meine Mutter. »Wir haben die jungen Leute auch kennengelernt, weil wir sie auf einem Weinfest getroffen und zusammen gegessen haben.«
»Einer von denen hat Dreadlocks!«, ruft dieses Schlitzohr aus Neapel aus, das angeblich mein Bruder ist.
»Dreadlocks? Was ist das denn?«, fragt meine Großmutter.
»Die kannst du dir auch machen. Man nimmt ein paar Haare und rollt sie zu Büscheln zusammen und am Ende siehst du aus, als hättest du nur ungefähr zwanzig sehr dicke Haarsträhnen.«
Meine Großmutter ist völlig baff und mein Großvater grinst in sich hinein.
»Und der andere ist am ganzen Körper tätowiert!«
Jetzt ist der Moment gekommen, wo ich leider gezwungen bin, meinen Bruder mit einem Handgriff zum Schweigen zu bringen, den ich schon seit Jahren nicht mehr eingesetzt habe: der mörderische Schenkelkniff.
Federico schreit lachend auf und ich lasse los.
Meinem Großvater geht es auf jeden Fall besser. Der Arzt hat gesagt, dass ihm ein bisschen Seeluft guttun würde, und da sind sie
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