Ich mag dich wie du bist
mache eine unverständliche Geste mit den Händen und setze ein ausdrucksloses Gesicht auf. Eigentlich möchte ich wirken, als hätte ich vergessen, ihm etwas zu sagen.
Ich muss Zeit gewinnen.
Jetzt stehe ich wieder vor ihm.
»Wie bist du eigentlich an meine Handynummer gekommen?«
Die Frage scheint ihn zu verwirren. Wenn er wüsste, wie verwirrt ich gerade bin! Ich hätte ihn auch fragen können: »Wo hast du denn dieses tolle T-Shirt her?«
Er lächelt und senkt den Kopf.
»Du hast mich doch angerufen, als du das Frettchen gefunden hast.«
»Aber ich habe Martina angerufen … ach nein.«
»Ich hatte mein Handy im Chiringuito vergessen und Martina ist rangegangen … also, die Nummer auf Dr. Marleys Marke ist meine.«
»Ach so …«
Na toll, meine Frage war nicht nur völlig unangebracht, sie war auch noch hirnrissig. Ich selbst habe Daniele angerufen. Daher hatte er meine Handynummer. Darauf hätte ich auch von alleine kommen können.
»Ich habe einfach unter den angenommenen Anrufen gesucht und dort deine Nummer gefunden.«
Das wird ja immer schlimmer. Unser vertrautes Gespräch hat sich zu einer Rekonstruktion des Tathergangs à la CSI entwickelt.
Während wir uns wortlos gegenüberstehen, nimmt Daniele meine Hand und sieht mir in die Augen. Diese Geste wirkt ein bisschen seltsam nach unserem Wortgeplänkel über das »Rätsel der Handynummer«, und wie immer in solchen Situationen überkommt mich unvermeidlich ein nervöses Kichern.
Doch dieses Mal sieht er mich unbeirrt an. Und er lächelt, strahlt über das ganze Gesicht.
Kurz darauf berühren sich unsere Lippen, dann halten sie inne. Seine Hände gleiten an meinen Hüften nach oben, streichen über meinen Rücken, und dann hält er mich fest in seinen Armen. Wir küssen uns, während am Himmel nichts mehr von der Dunkelheit der Nacht geblieben ist und die ersten Geräusche des beginnenden Tages die Stille durchbrechen. In der Ferne hört man einen Automotor brummen, einen Gewehrschuss, entfernte Stimmen. Nach einer Weile merke ich, dass ich rückwärts gehe, aber ich weiß nicht, ob er mich schiebt oder ob ich ihn mit mir fortziehe. Wir kommen am Tisch neben dem Pool vorbei, betreten das Haus, immer noch engumschlungen, und gehen am Sofa entlang, auf dem Martina sanft und selig schläft. Wir öffnen eine Tür und stehen auf einmal in einem dunklen Zimmer.
Wir küssen uns weiter, im Stehen, im Dunkeln.
Plötzlich hören wir Schritte im Flur.
»Daniele, seid ihr das?«
Das Licht im Zimmer geht an.
Die Tür öffnet sich.
Einundfünfzig
Alice: Hallo Luca (Schüchternes Schweinchen, das auf einem Bein wippt)
Luca: Hallo Ali!
Er hat sofort geantwortet, ein gutes Zeichen. Schluss jetzt, ich wage den ersten Schritt. Wird schon schiefgehen.
Alice: Ich vermisse deine blöden Sprüche (Zwinkernder Smiley) und auch dich …
Ein paar Sekunden vergehen.
Luca: Ich habe sie für dich aufgehoben, es macht nicht den gleichen Spaß, wenn ich sie jemand anderem erzähle …
Luca: (Lächelnder Smiley)
Alice: Hör mal, Luca, bist du noch böse?
Luca: Nein, nein, überhaupt nicht, das war blöd, wir waren alle beide ganz schöne Idioten!
Alice: Stimmt!
Einige Sekunden geschieht nichts und ich stelle mir vor, wie Luca genau wie ich einen Riesenseufzer der Erleichterung loslässt, dass der Kalte Krieg zwischen uns beendet ist.
Alice: Kalter Krieg vorbei?
Luca: Lustig, dass du mich das fragst.
Alice: Warum?
Luca: Weil ich in Berlin bin, gerade fällt die Mauer.
Alice: In Berlin?
Luca: Ja genau, im Jahr 1989.
Alice: Du hast also eine Zeitreise gemacht?
Luca: Ja, das musste ich, nur so konnte ich den Kalten Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion von Anfang an studieren.
Alice: Und was hast du herausgefunden?
Luca: Die Amerikaner und die Russen haben in afrikanischen Staaten entgegengesetzte Lager finanziert, um ihre Regierungen durchzusetzen, und die haben dann mit amerikanischen und russischen Waffen gegeneinander gekämpft.
Alice: Also war der Kalte Krieg gar nicht so kalt.
Luca: (Archimedes mit Glühlampe) Stimmt, Ali! Es gibt keinen Kalten Krieg.
Alice: Geheimnis gelüftet. Und wo haben wir unseren Krieg ausgefochten?
Luca: Das ist das eigentliche Rätsel …
Luca bringt mich auf den neuesten Stand über Mailand. Wie vorherzusehen war, ist die Stadt mittlerweile wie ausgestorben. Seine Mutter hat eine Woche Urlaub bekommen und jetzt kann er auch weg, wohin, weiß er noch nicht.
Dann bin ich an der Reihe. Ich erzähle ihm
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