Ich muss Sie küssen, Miss Dove
ihm gesagt, dann können wir sicher sein, dass dem so ist. Seitdem sind wir jeden Tag zusammen von der Arbeit nach Hause gegangen, Mrs. Inkberry. Und an den Sonntagnachmittagen waren wir auch zusammen im Park. Und genau da hat er mir vor weniger als einer Stunde einen Heiratsantrag gemacht." Sie betrachtete den Ring an ihrem Finger und drehte ihre Hand hin und her, damit das Silber im Sonnenlicht glitzerte. „Wir heiraten noch vor Weihnachten."
Emma lächelte still vor sich hin und trank einen Schluck Tee. Ja, ihr neues Leben war in der Tat äußerst befriedigend.
Sie war immer noch recht glücklich über ihr neues Leben, als am Donnerstagnachmittag der Botenjunge der Social Gazette kam, um ihre Kolumne abzuholen, obwohl Emma vier Tage unter etwas gelitten hatte, das man wohl als Schreibblockade bezeichnete. Als der junge Hobbs an ihre Tür klopfte, tippte sie gerade fieberhaft den letzten Absatz. „Warten Sie kurz, Hobbs", rief sie in Richtung der geschlossenen Tür und zog das fertige Blatt aus der Maschine. „Ich brauche noch einen Moment."
Sie faltete die Seiten ihrer Kolumne zusammen, schob sie in ein Kuvert und versiegelte es so eilig, dass Wachs auf ihren Schreibtisch tropfte. Dann lief sie zur Tür, öffnete sie und reichte dem Jungen ihr neuestes Werk mit großer Erleichterung. „Hier, Hobbs."
Zu ihrer Überraschung nahm er ihr den Umschlag nicht ab, sondern schüttelte den Kopf. „Ich soll Ihnen ausrichten, dass Sie die Kolumne selbst in den Verlag bringen sollen. Ich bin nur gekommen, um Sie abzuholen."
„Aber ..." Emma verstummte und runzelte verwirrt die Stirn. Das war eine sehr seltsame und unerwartete Entwicklung der Dinge, aber Hobbs schien auch nicht mehr zu wissen als sie. Sie holte ihren Hut, zog die Handschuhe an und begleitete den jungen Mann zu den Büros der Social Gazette in der Bouverie Street.
Bei ihrer Ankunft wurde der Junge auf einen weiteren Botengang geschickt, und ein Angestellter mit etwas gequältem Gesichtsausdruck geleitete sie hinauf in Barringers Büro. Emmas Erstaunen nahm noch zu, als sie sah, wie Mr. Ashe, der Sekretär des Earl, gerade seine Sachen zusammenpackte.
„Guten Tag, Mr. Ashe", begrüßte sie ihn. „Was machen Sie denn da?"
Der Sekretär versenkte sein silbernes Tintenfass in der Holzkiste auf seinem Schreibtisch, ehe er antwortete. „Lord Barringer hat die Zeitung verkauft", teilte er Emma mit. „Man hat mir angeboten für den neuen Besitzer als Sekretär zu arbeiten, aber ich bin jetzt schon so viele Jahre bei Lord Barringer, dass ich beschlossen habe, in seinen Diensten zu bleiben. Deshalb räume ich jetzt meinen Schreibtisch, wie Sie sehen."
„Die Social Gazette ist verkauft worden? An wen denn?"
„An mich, Miss Dove."
Die Stimme, die hinter ihr ertönte, kam Emma erschreckend vertraut vor. Einen Moment schloss sie die Augen und betete, sie möge sich irren, doch als sie sie wieder aufschlug und sich umdrehte, erkannte sie, dass es kein Irrtum war. In der Tür, eine Schulter an den Rahmen gelehnt und die Arme vor der Brust verschränkt, stand ihr früherer Arbeitgeber.
Emma starrte Marlowe an, und ihr krampfte sich der Magen zusammen. Ihr wunderschönes neues Leben löste sich in Luft auf.
7. KAPITEL
Es ist durchaus möglich, mit einer Frau eine zufriedenstellende, beiderseits beglückende Beziehung einzugehen. Allerdings nur, wenn man sich zu dem Zeitpunkt nicht gerade in einer Kirche aufhält.
Lord Marlowes Junggesellenmagazin, 1893
„Lord Barringer hat Ihnen die Gazette verkauft? Das ist ..." Emma verstummte und versuchte, ihre Fassung wiederzuerlangen. „Das kommt höchst unerwartet."
„Barringer und ich haben schon seit Monaten über einen möglichen Verkauf diskutiert. Letzte Woche haben wir uns geeinigt, und gestern sind die Verträge unterzeichnet worden."
Emma ging ihm voraus in Barringers ehemaliges Büro. Die Möbel waren zwar noch da, aber sonst waren alle persönlichen Spuren des früheren Besitzers beseitigt. Das Bücherregal war leer, der elegante Schreibtisch ausgeräumt, die Bilder hatte man von den Wänden genommen und auf dem Holzboden lagen keine Teppiche mehr.
Marlowe schloss die Tür und stellte sich hinter den Schreibtisch, der nun seiner war. Er deutete auf den Stuhl ihm gegenüber. „Bitte, setzen Sie sich."
Emma wollte sich nicht setzen. Sie wollte das alles schnellstmöglich hinter sich bringen und verschwinden. Sie zog den Umschlag mit ihrer neuesten Kolumne aus der Tasche. „Hier, für die
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