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Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)

Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)

Titel: Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbort
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nach Auffassung der Kammer nie mehr in Freiheit kommen.«

55
                        
                       Man verwahrte ihn in einem Raum, der nicht mehr als acht Quadratmeter maß. Von der Tür bis zum Fenster waren es gerade vier Schritte. Joachim Krolls neues Refugium bestand aus Bett, Schrank, Tisch und Stuhl. Seine Zelle lag im besonders gesicherten B-Flügel der Justizvollzugsanstalt Rheinbach. Hier wurden »Lebenslängliche« verwahrt, die für die Allgemeinheit eine Bedrohung darstellten. Lebensversicherungs- und Lebensversickerungsanstalt zugleich.
    Von Beginn an arbeitete er in der anstaltsinternen Wäscherei, verdiente monatlich 150 Mark. Sein Leben wurde jetzt wieder zensiert, zwangsverwaltet – wie viele Jahre zuvor schon in seinem strengen Elternhaus. Er kannte das, er hasste es, aber er konnte sich damit abfinden. Sein Tagesablauf: 7 Uhr: Wecken. 8 Uhr: Arbeitsbeginn. 12 Uhr: Mittagspause. 16 Uhr: Hofgang. 18 Uhr: Abend zur freien Verfügung. Kroll blieb dann die meiste Zeit für sich, las Comic-Hefte oder Zeitschriften oder sah fern.
    Zu den wenigen, mit denen er gelegentlich überhaupt mal sprach, gehörte der Anstaltspfarrer. Aber auch dem Geistlichen gegenüber öffnete er sich nicht, und er machte auch keine Anstalten, über seine Taten zu sprechen. Er lebte so, als sei gar nichts gewesen, als habe der Albtraum nie stattgefunden. Ein Mithäftling über den Sonderling: »Der war immer nur für sich, lag auf seiner Einzelzelle rum. Zu sagen hatte der nichts. Wenn man ihn nicht immer mal wieder gesehen hätte, wäre der uns gar nicht aufgefallen.«
    Neun Jahre verbrachte Kroll auch hier damit, nicht anzuecken, nicht aufzufallen, sich anzubiedern, sich zu unterwerfen. Nur in Gedanken ließ er sich nicht aufhalten. Das »komische Gefühl« machte auch vor seiner Zellentür nicht Halt. Krolls kümmerliche Existenz blieb kaum wahrnehmbar – selbst die Schallplatten spielte er auf seiner Stereoanlage so leise ab, dass keiner der Mitinsassen sich darüber beschweren konnte.
    Es existierte niemand, der Kroll im Gefängnis besuchen wollte. Doch gab es viele Menschen, die häufig an ihn denken mussten – obwohl er ihnen höchst zuwider war. Einer davon war Hans Bracht, der Vater der kleinen Tanja, die Kroll am 2. Juli 1976 erwürgt und deren kleinen Körper er anschließend zerschnitten hatte. »Sollte der irgendwie und irgendwann freikommen«, hatte er nach Verkündung des Urteils prophezeit, »werde ich ihn bis zum Ende meines Lebens suchen. Ich finde ihn!«
    Tatsächlich wurde Kroll aber auch auf anderem Wege erfolgreich daran gehindert, weiteres Unheil über die Menschen zu bringen. Er kam nicht mehr in Freiheit und starb in der Justizvollzugsanstalt Rheinbach. Am 1. Juli 1991 erlag er mit 58 Jahren einem Herzinfarkt.
    Der Mensch Joachim Kroll darf und ist in Vergessenheit geraten, des Mörders Joachim Kroll wird man sich noch lange erinnern müssen. Seine unmenschlichen Taten sind ein unauslöschbares Menetekel.

Nachwort
                        
                       Zyniker würden sagen: Joachim Kroll ist rechtzeitig gestorben; jedenfalls musste in diesem Fall nicht mehr darüber entschieden werden, ob er nach Ablauf von 15 Jahren Haft, der Mindeststrafe bei »Lebenslänglich«, oder zu einem späteren Zeitpunkt wieder in die Freiheit entlassen werden sollte – oder gar entlassen werden müsste. Denn das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Zusammenhang mehrfach betont: »Zu den Voraussetzungen eines menschenwürdigen Strafvollzugs gehört, dass dem zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten grundsätzlich eine Chance verbleibt, je wieder der Freiheit teilhaftig zu werden; dies gilt auch für denjenigen, der mit besonders schwerer Tatschuld beladen ist.«
    Obendrein darf in besonders gravierenden Fällen die »Sicherungsverwahrung« verhängt werden. Diese »Maßregel der Sicherung und Besserung« ist allerdings keine Strafe, sie dient allein dem Schutz der Allgemeinheit: Vor dem brauchen wir keine Angst mehr zu haben. Der ist und bleibt weggeschlossen, für immer – eine Exekution auf Raten, eine blutleere Hinrichtung. Der gefürchtete »Hammer mit Rucksack«, wie es im Knastjargon heißt, gestattet den Justizorganen, ihre Delinquenten lebendig zu begraben. Schließlich haben die Verfassungsrichter in Karlsruhe auch geurteilt, dass eine lebenslang vollstreckte Strafe oder Sicherungsmaßnahme »im Einzelfall

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