Ich nannte ihn Krawatte
Gänge auf und nieder. Probierte diesen, dann wieder jenen Schritt. Kaufte Schuhe mit rutschfester Sohle. Nur um festzustellen: Was mir abhanden gekommen war, war nicht die Fähigkeit, auf gerader Linie zu gehen, sondern ein gewisser elastischer Schwung, eine Selbstverständlichkeit. Ich konnte mich selbst nicht mehr einholen. Ich hinkte mir selbst hinterher.
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Und diese Müdigkeit.
Sie kam wie der erste Schnee im Winter. Gerade war alles noch gelb und rot und blau gewesen, nun war es weiÃ. Und gerade war alles noch ein Haus, ein Baum und ein Hund gewesen, nun war es ein formloser Haufen, und ich wusste nicht, was darunter lag. Die Müdigkeit deckte mich zu. Eine bleierne Schwere. Ich würde in der U-Bahn sitzen, auf dem Weg in die Arbeit, und überlegen, wie ich es anstellen sollte aufzustehen. Ich würde aufhören, mich hinzusetzen. Eine Hand in der Halteschlaufe, würde ich aufrecht dastehen, damit sie mich erst gar nicht überkommen würde. Es war ein Kampf gegen die Schwerkraft. Meine Augenlider würden darüber zufallen. Die Finsternis, nachdem sie zugefallen waren, gewann mehr und mehr Macht über mich.
Diese heimtückische Müdigkeit.
Bald hatte sie nicht nur meine Glieder, sondern auch, kann das sein, mein Gehirn erfasst. Ich verstand, was man mir auftrug, und verstand es doch nicht. Im Genick ein Gewicht, balancierte ich entlang einer schmalen Linie, und ein Tippfehler oder ein Fleck am Hemd hätten genügt, mich kopfüber ins Bodenlose zu stürzen. Aber ich stürzte nicht mehr. Ich schlief ein. Nach fünfunddreiÃig Jahren, ich muss das betonen, nach fünfunddreiÃig Jahren schlief ich an einem Montagnachmittag über meinem Schreibtisch ein. Es war kein Sekundenschlaf. Nein. Kein Waten in seichtem Gewässer. Mehr ein Tauchen in abgründigster See. Ich war ein Schiffswrack, von Algen zerfressen, und die Fische schwammen in schillernden Schwärmen durch meinen Bauch.
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Als man mich wachrüttelte, wusste ich: Nun bin ich weg. In meinem Mund war der schale Nachgeschmack von einem Traum, an den ich mich nicht mehr erinnern konnte, und fast wünschte ich, man hätte mich nicht daraus geweckt.
Wenig später wurde ich entlassen.
Nicht effizient genug, hieà es.
Ich packte meine Sachen und warf sie in den nächsten Mülleimer. Eine Last fiel von mir ab. Ja, ich schäme mich zuzugeben, dass ich einen köstlichen Augenblick lang nichts anderes als Erleichterung empfand. Man brauchte mich nicht. Ich musste nichts mehr beweisen. Das Gefühl, endlich versagt zu haben, berauschte mich. Ich war das stürmische Aufflackern einer Kerze, deren Flamme nur noch von einem verschwindenden Rest Wachs genährt wird. Sie weiÃ, dass sie bald verglühen wird. Und deshalb glüht sie, ein letztes Mal noch, heller als jemals zuvor.
Wohin gehen? Nicht nach Hause. Ich setzte mich, noch immer erleichtert, in eine Kneipe, nicht weit von hier, und wankte fünf Biere später wieder hinaus. Laue Frühlingsluft. Driftende Wolken. An einer der Ecken, an denen ich vorüberkam, hielt ein Betrunkener eine feurige Rede zur Lage der Nation. Ein breiiger Husten, dann spuckte er aus. Als unsere Blicke sich trafen, rief er: Mein Bruder, wo bist du gewesen? Angewidert wandte ich mich ab. Er ging mir nach. Ich spürte seinen Blick im Rücken. Er kam mir näher. Ich spürte seine Hand. Voller Wucht stieà ich ihn nieder, trat wie von Sinnen auf ihn ein. Er wehrte sich nicht, das machte mich wütend. Er gab keinen meiner Flüche zurück. Ein Baby, das röchelt: Wo bist du gewesen? Ich beugte mich über ihn. Er war blau im Gesicht. Mein lieber Bruder. Sein Röcheln verfolgte mich.
Erst zu Hause kam die Müdigkeit wieder. Die knorrige Wurzel in der Einfahrt. Aufgesprungener Asphalt rundherum. Ich schaffte es kaum durch das Gartentor. KyÅkos Blumentöpfe. Ein Handschuh. Ausgebeulte Finger. Der Schlüssel griff mürbe ins Schloss. Zärtlicher Widerhall: Wo bist du gewesen? Ich lallte: Das Schönste am Arbeiten ist das Nachhausekommen.
Du Dummkopf du.
Es roch nach Pilzen und Zwiebeln.
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Ich habe KyÅko niemals mit einer anderen Frau betrogen. Ich kann das ehrlich behaupten. Keine Versuchung war so groà wie das Versprechen, das ich ihr gegeben hatte.
Hashimoto, ein Freund aus Studienzeiten, pflegte zu spotten, ich sei ein Feigling. Er selbst, verheiratet, lieà keineGelegenheit aus, die sich ihm bot,
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