Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen
war sehr, sehr viel Wut, die sich über Stunden wie eine Tetriswand aufgebaut hatte und nun auf die tödliche Verpuffung wartete. Game over. » Weißt du eigentlich, wie scheiße das ist, wenn der eigene Abend so mies läuft und der Freund sich irgendwo in Striplokalen rumtreibt?«
Konrad blinzelte mich an. » Juli! Jetzt bleib aber mal auf dem Teppich. Striplokale? Du spinnst ja total!« Komisch. Wieso kann er mich anranzen, aber bei Nadine gibt’s nur das Feinwaschprogramm? » Ich war mit den Jungs was trinken und dann noch in so einem Club.« Ich riss die Augen auf: AHA ! » Aber alle waren angezogen, Himmelherrschaft! Ich hatte einen netten Abend. Mehr nicht.«
Beleidigt zeigte ich Konrad die kalte Schulter und schwieg demonstrativ. Ich hatte meinen netten Abend mit Dieter Bohlen und der siebenundachtzigsten Wiederholung von » Hudson Hawk– Der Meisterdieb« verbracht.
» Und falls du mir die Bemerkung gestattest…« Ich hob eine Augenbraue. Ich gestattete hier gar nichts, insbesondere keine netten Abende mit den Jungs! » …der Abend war nett, aber mit dir wäre er netter gewesen.« Gut, vielleicht war ich eben etwas kleinlich. Nette Abende mit den Jungs UND in meiner Gesellschaft waren ja durchaus erlaubt. » Und ich fände es schön, wenn du beim nächsten Mal mitkämst. Die anderen haben nach dir gefragt.«
Wirklich? Hatten sie? Ich war gerührt. Und schämte mich gleichzeitig ganz fürchterlich. Denn während mein Freund mich an seinem freien Abend vermisst hatte, hatte ich die Zeit damit verbracht, mir im Treppenhaus eine Blasenentzündung zu holen.
Konrad Bonaparte
Mittwoch, 16 . Februar, um 19 : 02 Uhr
Die letzten Tage verliefen ruhig. Das ist auch gut so, denn nach den Achterbahnfahrten der letzten Wochen kann ich dringend eine kleine Verschnaufpause brauchen. In einer Beziehung sein ist ja so anstrengend! Mein Gott, hätte ich das gewusst, dann hätte ich… ja, was? Mich gar nicht darauf eingelassen? Unsinn. Ich wollte einen Freund, und ich wollte ihn dringend. Aber wenn ich gewusst hätte, wie wahnsinnig unentspannt ich mich auch nach vier Monaten noch verhalten kann, hätte ich vor dem Single-Experiment wohl erst einmal einen Termin beim Psychiater vereinbart.
Konrad hat übrigens das Gespräch mit mir wegen Nadine gesucht. Er hat zugegeben, dass er ihr gegenüber, und insbesondere in meiner Gegenwart, wohl etwas zu nachsichtig gewesen sei. Nachsichtig, ja, genau das Wort hat er verwendet. Ich habe ihn nicht korrigiert, im Kopf aber » nachsichtig« immer durch » memmenhaft« ersetzt. Darf ich. Ist ja mein Kopf. Da läuft das Programm, das ich einstelle. Und grundsätzlich fände ich ein bisschen mehr Rückendeckung schon nicht verkehrt.
Na ja. Mein beschränkter Untertanenverstand muss ja nicht alles an Konrad gut finden.
Würde ich aber gerne. Zumindest das Grundlegende. Und momentan fällt mir grundlegend neben einer bereits diagnostizierten, schwer heilbaren Rückgratlosigkeit nur auf, dass Konrad meine Wohnung schneller überrannt hat als Sauron Mittelerde. Konrads feindliche Übernahme bringt mich in den fragwürdigen Genuss sich stapelnder Klamottenberge, unausgeleerter Mülleimer und halb aufgegessener Joghurts im Kühlschrank. Konrad ist keine Besatzungsmacht, Konrad ist ein Terrorregime! Ich muss das bei Gelegenheit mal ändern. Aber nicht mehr heute.
Lady Müllfort
Samstag, 19 . Februar, um 10 : 31 Uhr
Konrad ist schon ein Scherzkeks. Ich habe mal vorsichtig nachgefragt, ob er noch die Telefonnummer der Putzfrau hat, die bei ihm und Nadine im Loft tätig war. Da hat er nur gegrinst und gesagt: » Du willst Nadines Nummer?«
Die alte Kuh. Ein bisschen mehr Emanzipation hätte ich von ihr ja schon erwartet. Auf meine Frage hin, ob er in der Wohnung denn auch mal Hand angelegt habe, antwortete Konrad nur glucksend: » Dazu kam es nie, Nadine war leider immer schneller.«
Aha. So funktioniert das bei den Männern also. Clever, muss man ihnen lassen. Um mich dann wirklich auf die Palme zu bringen, hat er mir aus einem Hotel eines dieser Türschilder mitgebracht. Auf der einen Seite steht » Bitte nicht stören«, auf der anderen » Bitte aufräumen«. Konrad hat das Türschild mit der » Bitte aufräumen«-Seite an unsere Wohnungstür gehängt. Ich lach dann mal später, wenn ich in den Keller gehe.
Die Ruhe vor dem Sturm
Freitag, 25 . Februar, um 13 : 02 Uhr
Seit unserem ersten und bislang auch letzten Knatsch läuft es bei mir und Konrad eigentlich ganz gut. Es ist
Weitere Kostenlose Bücher