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Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Titel: Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Rautenberg
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eigentlich Tiere? In meiner Wohnung?«
    » In unserer«, stellt Konrad leicht verschnupft fest. Ach ja. Richtig. Terrorregime Paulsen.
    » Lass uns heute Abend darüber reden«, sage ich mit fester Stimme. » Ich muss jetzt nämlich auch arbeiten.«
    Komisch. Wenn man von zu Hause aus arbeitet, denken andere Leute– selbst der eigene Freund– anscheinend, dass man entweder gar nicht arbeitet oder nur Kugelschreiber zusammendreht. Meine Nachbarn haben unserem Postboten allem Anschein nach schon vor Längerem gesagt, dass er Pakete für sie direkt bei mir abgeben soll, ich sei ja immer daheim. In meinem Flur stapeln sich deshalb die Päckchen. Ich könnte ohne Schwierigkeiten innerhalb kürzester Zeit einen eigenen eBay-Shop einrichten, wenn ich wollte. Gerade zu Beginn meiner Selbstständigkeit gab es immer mal wieder nette Kommentare von meinen Eltern: » Du bist ja jetzt selbstständig. Also arbeitslos.« Haha.
    Wäre ich irgendwo ganz regulär angestellt, mit normalen Arbeitszeiten von neun bis fünf, achtundzwanzig Urlaubstagen und Weihnachtsgeld, würde Konrad dann auch so oft bei mir anrufen? Oder E-Mails schreiben? Ich bin ja froh, dass ich kein Fax habe! Am Ende würde er das auch noch blockieren.
    Ich denke nach. Warum geht mir die ständige Melderei von Konrad so auf die Nerven, wenn ich gleichzeitig total durchdrehe, weil er mal einen Abend mit seinen Jungs verbringt? Zugegeben, einen sehr langen und unanständig lustigen Abend.
    Warum fühle ich mich einerseits eingeengt, während ich andererseits die Wände hochgehe, wenn Konrad alleine loszieht? Was gönne ich ihm, und was verlange ich gleichzeitig dafür? Passen » Gönnerschaft« und » Erwartungen« überhaupt zu Liebe?
    Bin ich noch normal? War ich es jemals?
    Worum geht es hier eigentlich?
    Was auch immer es ist: Der Teppich, unter den ich meine Unzufriedenheit seit Wochen zu kehren versuche, passt nicht mehr über den Haufen. Ich befürchte, dass ich mal wieder ein Gespräch mit Konrad führen muss. Ein leises, das nehme ich mir felsenfest vor. Eines, bei dem ich nicht schon von Beginn an auf hundertachtzig bin, sondern ein erwachsenes, ruhiges und reflektiertes Gespräch, wie es Menschen tun, die nicht nur Ende zwanzig, sondern im Großen und Ganzen auch ganz glücklich in einer Beziehung sind. Klingt gut.
    Nur leider nicht nach mir.

Adoptionsgesuch
    Samstag, 5 . März, um 21 : 35 Uhr
    Das erwachsene Gespräch muss noch ein bisschen auf sich warten lassen. Ich habe herausgefunden, warum Konrad meinen Mietvertrag so aufmerksam studiert. Als ich heute Nachmittag in die Küche kam, telefonierte er gerade mit gesenkter Stimme.
    » Nein, ich denke nicht, dass das geht«, zischte er in sein Handy und warf mir einen leicht panischen Blick zu. Ich stutzte. Was soll nicht gehen? Etwas, das mit mir zu tun hat? Ich wurde neugierig.
    » Das kann ich sie nicht fragen, das hab ich dir schon mal gesagt«, fuhr Konrad fort und lächelte mich schief an. Okay, es ging um mich. Ich wurde noch neugieriger.
    Konrad versuchte unbemerkt aus der Küche zu kommen. Ich heftete mich an seine Fersen. Von dem ließ ich mich doch nicht für blöd verkaufen!
    Konrad bemerkte zunächst nicht, dass ich ihn beschattete.
    » Ich WILL sie auch gar nicht fragen, kapierst du das denn nicht?« Sein Ton wurde schärfer, jetzt wo er mich nicht mehr in seiner Nähe glaubte. Mit wem zum Teufel sprach mein Freund da?
    » Nadine!«
    Na toll. All die Aufregung umsonst. Nur die blöde Exfreundin.
    » Nein– nein, das halte ich für keine gute Idee.«
    Was denn? Was war keine gute Idee? Welche Gründe konnte es für Nadines Anruf geben? Was konnte Nadine überhaupt von mir wollen, außer vielleicht ihren Exfreund zurück?
    Ich überschlug im Kopf die Möglichkeiten: Nadine wollte Konrad freikaufen. Abgelehnt. Nadine wollte mich weiter beleidigen. Abgelehnt. Nadine wollte mir Tipps zum Abnehmen geben. Mit Einschränkung: Abgelehnt! Nadine wollte meine Absolution, sich auf eine einsame Insel zurückzuziehen und bis ans Ende ihrer Tage Kokosnüsse auszuschlürfen: Großartige Idee!
    Ich nahm Konrad kurzerhand das Telefon aus der Hand.
    » Was gibt’s denn?«, fragte ich mit der großzügigsten Attitüde, die ich aufzubringen vermochte, in den Hörer und kam mir überaus gönnerhaft vor. Ich hatte es nicht nötig, mich vor Nadine zu verstecken. Ich verhielt mich erwachsen und gut erzogen, war stets freundlich und nachsichtig, quasi der Inbegriff des guten Benehmens und der Lehrmeister der

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