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Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Titel: Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Rautenberg
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dass ich sogar meine Wut auf Konrad vergaß. Um kurz nach fünf wurde ich von einem ziemlich miesen Sekundenschlaf heimgesucht. Mein eigenes Schnarchen weckte mich glücklicherweise aber wieder auf. Ich kniff mir in die Wangen und hetzte zweimal lautlos die Treppen hoch und runter, um wieder wach zu werden.
    Um halb sechs war ich topfit und wieder so sauer, dass ich hoffte, Konrad würde nie wieder nach Hause kommen. Ich konnte für nichts mehr garantieren.
    Um Viertel vor sechs hörte ich endlich, wie sich jemand an der Haustür unten zu schaffen machte. Das Licht im Flur ging an, und jemand– eindeutig männlich und eindeutig angetrunken– schlurfte die Treppen hoch. Ich linste durch das Flurgeländer und erspähte einen Zipfel von Konrads schönem schwarzem Mantel. Ja, eindeutig, der Herr Paulsen hatte zu Ende gefeiert und ließ sich nun endlich dazu herab, nach Hause zu kommen. Wurde aber auch Zeit. Meine Füße waren schon eingeschlafen, und mein Hintern war eiskalt vom Sitzen auf den Steinstufen. Konrad schloss die Wohnungstür auf und verschwand.
    Ich wartete ein paar Anstandssekunden ab, dann huschte ich bis ins Erdgeschoss hinunter. Einmal tief durchatmen. Uhrenvergleich? Dreizehn vor sechs. Genau die richtige Uhrzeit, um als emanzipierte, selbstständige Frau in einer Beziehung von einer rauschenden Partynacht zurückzukehren.
    Als ich leicht außer Atem auf meinem Stockwerk ankam, öffnete mir Konrad schon die Tür. Er sah mich verwundert an. » Wo kommst du denn her?«
    » Äh…« Auf eine solche Frage hatte ich mich nicht vorbereitet. Nicht einmal während meiner zweistündigen Wartezeit im Treppenhaus. Ich pfiff auf eine schlagfertige Antwort und lächelte Konrad an. » Aus der Stadt. Puh, jetzt bin ich aber müde«, fügte ich überflüssigerweise hinzu, » war bis eben mit den Mädels unterwegs.«
    Mann, war ich gut. Ich fing fast schon an, mir selbst zu glauben.
    Konrad hingegen sah mich skeptisch an. » Ach echt? Und wie bist du ins Haus reingekommen?«
    Äh– hä? » Na, durch die Tür, Sherlock!« Der stellte heute aber auch blöde Fragen. Sollte er doch lieber mal fragen, was ich so alles gemacht, wen ich so alles getroffen, wem ich so alles meine Telefonnummer zugesteckt hatte…
    » Komisch«, sagte Konrad und legte die Stirn in Falten. » Ich stand gerade fast eine halbe Stunde mit Mattis vor der Haustür und hab geredet. Du bist keine Minute nach mir hier angekommen. Ich hätte dich doch auf der Straße sehen müssen!«
    Mist. Mist. Verdammter. » Taxi?«, lächelte ich, und eine leichte Verzweiflung legte sich auf meine Schultern.
    » Ich hab doch eben noch Mattis ein Taxi gerufen, da hab ich aus dem Fenster geguckt und ihn einsteigen sehen… war das dein Taxi? Wieso hab ich dich nicht aussteigen sehen?«
    Maaaaaaannn! Das wurde ja immer schlimmer! Konnte mein Freund zu dieser nachtschlafenden Zeit und in dieser außergewöhnlichen Sondersituation mal ein bisschen weniger analytisch sein und mir den Stuss einfach glauben, den ich ihm zu verzapfen versuchte?
    » Und wieso läuft eigentlich noch der Fernseher?«, fragte Konrad.
    Ich gab auf. Schleuderte Jacke und Tasche von mir und stapfte wütend ins Wohnzimmer. Wütend auf mich selbst. Und auf das Leben. Und Nadine. Und Konrad! In mir war so viel Wut, dass jedwedes südamerikanische Land einen Monat davon hätte leben können.
    Konrad latschte ungläubig hinter mir her. Und starrte ungläubig, als ich ihm von meinem verkorksten Abend erzählte. Und lachte ungläubig auf, als ich ihm von meinem waghalsigen Plan, nach ihm nach Hause zu kommen, berichtete. Genau genommen kriegte er sich im Laufe meines Berichts überhaupt nicht mehr ein vor Lachen.
    » Juli«, japste er zwischen zwei massiven Lachsalven, » Juli, du hast so einen Hau! Wie kommt man nur auf so unbeschreiblich bescheuerte Ideen?«
    Das entrüstete mich ein bisschen. » Wieso bescheuert? Ich fand das äußerst raffiniert.«
    Konrad schüttelte den Kopf, Lachtränen liefen ihm übers Gesicht. » Aber Liebling, du musst doch zugeben, dass das zum Scheitern verurteilt war! Und außerdem«, er wurde plötzlich sehr ernst, » ja, richtig, und außerdem: Es war doch DEINE Idee, dass wir mal wieder was alleine machen!«
    Spiel, Satz und Sieg. Schade, dass ich immer nur bis zum nächsten Aufschlag denke.
    Ich knirschte mit den Zähnen. » Woher soll ich denn bitte wissen, dass du aus einem Abend mit Freunden gleich eine wilde Partynacht machst, hm?« Ich wiederhole es gerne: In mir

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