Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen
Art niemals enden wollendem Kreuzverhör. Fragt sich nur, wer der Good und wer der Bad Cop ist. Konrad meldet sich ungefähr dreimal am Tag, um mich vom Arbeiten abzuhalten oder mit Nichtigkeiten abzulenken. Kaum lege ich auf, klingelt das Telefon erneut, und Günther verliest mir die schrecklichen Langzeitschäden einer dauerhaften Übersäuerung. Wenn Günther recht hat, bin ich nicht nur schon seit Ewigkeiten unfruchtbar, eingeschränkt leistungsfähig und anfällig für Krankheiten jedweder Art und Couleur, sondern auch und an und für sich ein medizinisches Wunder, weil ich noch aufrecht auf beiden Beinen stehe und mich von fester Nahrung ernähre.
Ich denke darüber nach, mir eine Geheimnummer zuzulegen. Und vorsorglich schon mal eine neue Leber zu ordern. Man weiß ja nie.
Virtual Insanity
Sonntag, 19 . Juni, um 15 : 21 Uhr
Jetzt hat die alte Krähe auch noch meine E-Mail-Adresse! Ich verdächtige Konrad und beabsichtige, einen handfesten Streit zum Wochenende anzuzetteln. Konrad erstickt meine revolutionären Triebe allerdings im Keim.
» Du stehst im Internet, Schätzchen.«
Scharf kombiniert. Ich traue mich in letzter Konsequenz dann auch nicht, den Junkfilter anzuschmeißen. Stattdessen breche ich einen gesamtgesellschaftlichen Diskurs vom Zaun: Kann man sich auf die Alten von heute eigentlich gar nicht mehr verlassen? Warum hat Günther einen Computer? Woher kennt Günther Google? Wieso schreibt Günther E-Mails mit einer säurearmen Einkaufsliste? Und warum ausgerechnet mir?
» Ich hab’s ihr beigebracht«, sagt Konrad und grinst.
Der Feind in meinem Bett. Ich hab’s ja geahnt.
Drum prüfe, wer sich ewig bindet
Montag, 20 . Juni, um 20 : 31 Uhr
Ich gestehe gerne, dass ich ein Jammerlappen bin. Erst hasst mich Konrads Mutter, und ich finde es scheiße. Jetzt hat sie sich mit mir abgefunden und will sich gut mit mir stellen, und ich heule rum.
Tine versucht, mich zu trösten. » Schwiegermütter– lass dich nicht fertigmachen! Du musst ja nicht mit ihr zusammen sein!«
Das sagst du jetzt, denke ich mir. Bis dann Günthers Antrag kommt.
» Und es scheint ja auch so ’ne Macke von ihr zu sein«, fährt Cora fort.
Ich konstatiere: » Ich würde in Sachen Günther beim Stichwort Macke den Plural bevorzugen.«
Cora gluckst. » Ja, mag sein. Aber was ich meine, ist, dass sie ja auch so auf Nadine abgegangen ist, oder?«
» Und welchen Mehrwert bietet mir das?«
» Keinen Mehrwert, du Null«, lacht Cora, » aber immerhin behandelt sie dich nicht anders als deine Vorgängerin.«
Na, das nenne ich mal Trost. Ich wische mir imaginär den Schweiß von der Stirn.
» Ich weiß gar nicht, was du hast«, wirft Mona von den billigen Plätzen ein. » Ist doch toll, das mit dem Säure-Basen-Bad. Wofür ist das noch mal gut?«
Ich schicke einen Blick voll Missachtung in Monas Richtung. Das merkt sie aber schon gar nicht mehr, weil sie schon wieder in das Verfassen schmierig-verliebter SMS vertieft ist. Romantisches Pack! Komm mal im Leben an, meine Liebe, dann hört’s schnell auf mit süßholzgeraspelten Kurznachrichten! Dann liegt die Betonung auf » kurz« und auf » Nachricht« und nicht auf » heititei« und » ruggedigu«. Amateur!
» Ich glaube, du bist gerade nur genervt von der Doppelbeschallung«, kombiniert Tine, und ich beneide sie ein kleines bisschen um ihren Sachverstand. » Konrad ruft wegen jedem Furz an, seine Mutter blockiert stundenlang die Leitung– wie sollen WIR dich eigentlich in Zukunft erreichen?« Die Mädels fangen an zu kichern.
» Ja, ja, fallt mir nur in den Rücken«, jammere ich.
» Der Apfel fällt halt nicht weit vom Stamm«, beschließt Cora die fruchtlose Jammerei. » Und jetzt kommen wir mal zum spannenden Teil. Mona«, sie wendet sich ihr zu, und Mona hebt den Blick vom Display, » wie war das denn jetzt genau mit diesem Patrick?«
» Pätrick«, bemerke ich, » mit ä.«
Mona beginnt, die Geschichte von sich, Pätrick und den Salmonellen zu erzählen.
Ich klinke mich aus, weil a) unappetitlich und b) schon mal gehört. Ich frage mich, ob ich mich nicht besser mal freuen sollte, weil Günther mein Konterfei allem Anschein nach nicht mehr als Dartscheibe verwendet, sondern beschlossen hat, mich zu lieben, zu ehren und zu achten, bis dass der Tod uns scheidet.
Die Reklamation
Mittwoch, 22 . Juni, um 09 : 03 Uhr
HI JULI , WIE SIEHTS AUS , PÄRCHENABEND AM W-E? BRINGE PÄTRICK MIT ! M.
Mona ist jetzt also ein Pärchen. Das ging aber schnell. Mir ist ja
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