Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)
Strafraum kein Rot gegeben, was nach der Doktrin von Krug und Fandel und der Notbremsenregelung zwingend erforderlich und vermutlich spielentscheidend gewesen wäre. Gagelmann gab im Gegensatz zu mir nicht einmal Gelb. Auf die Frage des HSV-Fan-Blogs, ob Gagelmann nach dieser Fehlentscheidung nun gesperrt werde, sagte Fandel: »Keine Frage, es hätte Rot für den Dortmunder Hummels geben müssen, das haben wir Herrn Gagelmann auch gesagt. (Aber) die Vereine nehmen doch auch keinen Mittelstürmer vom Platz, wenn er aus fünf Metern das leere Tor nicht getroffen hat. Nein, nein, trotz des einen Fehlers, den Peter Gagelmann gemacht hat, brauchen wir einen so guten Schiedsrichter wie ihn in der Schlussphase der Meisterschaft, wir brauchen ihn sogar dringend.« Und, Herr Fandel, könnte der HSV eventuell Protest einlegen, weil es die Rote Karte nun nicht gegeben hat? Herbert Fandel wieder lachend (halbwegs jedenfalls): »Ich glaube, es geht los … Natürlich nicht.«
So eine Rückendeckung in der Öffentlichkeit hätte ich mir auch gewünscht zumal ich, wie der Spielbereicht beweist ansonsten eine gute Leistung geboten hatte.
In einem anderen Fall spielte am 9. September 2011 der FC Augsburg gegen Bayer-Leverkusen. Dabei foulte der Spieler Schwaab von Bayer Leverkusen seinen Gegenspieler Mölders an der Strafraumgrenze und verhinderte dadurch eine klare Torchance. Schiedsrichter Felix Zwayer zeigte dem Verteidiger zum Unmut der Augsburger Spieler und Fans jedoch nur die Gelbe Karte. Auch hier wurde wie im Fall Gagelmann eine klare Rote Karte nicht ausgesprochen und damit spielentscheidend Einfluss genommen. Und auch hier zog das keine Sanktionen nach sich, weil Zwayer von Fandel als Nachrücker für mich in die FIFA vorgesehen war. Meine Entscheidung beim Spiel in Dortmund war dagegen bei einem Endergebnis von 4:0 in keiner Weise spielentscheidend.
Mit dem Endergebnis, dass ich gesperrt wurde – und die anderen beiden weiter pfeifen durften und das mit Spitzenspielen wie Bayern München – Schalke 04 oder VfB Stuttgart – Hamburger SV. Aus diesen zwei und vielen anderen hier nicht erwähnten Fällen konnte ich immer wieder sehen, dass bei mir mit zweierlei Maß gemessen wurde.
Und richtig, in den nächsten Tagen setzte Fandel nach. Ich war vorgesehen für das Pokalspiel Bayern München gegen FC Ingolstadt. Die Ansetzungsbögen mit meinem Namen als Schiedsrichter waren schon rausgegangen. Doch im System tauchte die Ansetzung plötzlich nicht mehr auf. Natürlich war meine Pokalabsetzung erneut das Gesprächsthema unter den Schiedsrichtern. Ich griff aus Verzweiflung zu meiner Statistik sämtlicher Fehlentscheidungen, die ich vor der Saison angefertigt und fortführend gepflegt hatte, und konnte nicht glauben, dass andere Kollegen mit weit mehr Fehlern völlig unbeschadet weitermachen durften, während ich bei jedem sich bietenden Anlass sanktioniert wurde. Das hatte sogar Lutz Wagner, der mich in Dortmund beobachtet hatte und Kommissionsmitglied ist, nicht erwartet, dass ich für dieses Spiel abgesetzt werden würde. Er hatte nach dem Spiel in Dortmund immer wieder beteuert, dass Fandel mir niemals wegen so einer Szene mein Pokalspiel wegnehmen würde. So unterschiedlich können Menschen denken.
Beim folgenden Stützpunkttreffen in Berlin am 11. Oktober 2011 griff mich Fandel erneut vor Deutschlands versammelter Schiedsrichterelite an und erklärte mich für »unprofessionell« angesichts der Foulszene im Spiel Borussia Dortmund – FC Augsburg, die er, wie mir vorkam, genüsslich vorführte. Damit erneuerte er sein Urteil von damals nach dem Nürnbergspiel, ich sei »nicht bundesligatauglich«. Fandel ließ mich nach der Sitzung einfach stehen.
Das Urteil »nicht bundesligatauglich« kannte ich von Fandel. Auf einem anderen Lehrgang hatte er, auch beim Videoscreening, über einen Bundesligaschiedsrichter, der krankheitsbedingt nicht anwesend war, gesagt: »Der ist ja nicht hier, deshalb kann ich das sagen. Der ist unabhängig von einer Entscheidung von seiner Persönlichkeit nicht bundesligatauglich.« Solche Nachrichten verbreiteten sich dann natürlich immer recht schnell bis zu den Betroffenen. Vielleicht war es Kalkül. Den auf diese Weise auch in gewisser Weise in seiner Persönlichkeit herabgewürdigten Schiedsrichter ließ er danach in die zweite Liga absteigen. Und da war dann noch ein anderer Kollege, den hatte Fandel bereits aus der Bundesliga in die zweite Liga befördert. Offenbar wollte er ihn ganz
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