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Ich schreib dir morgen wieder

Titel: Ich schreib dir morgen wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Ahern
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atmete tief den Geruch ihrer frisch gewaschenen Haare ein.
    Unten braute sich ein Sturm zusammen, das hörte ich an den Stimmen, die aus dem Wohnzimmer zu uns heraufdrangen. Zuerst redeten Arthur und Rosaleen ganz normal miteinander, aber dann wurde die Unterhaltung lauter und immer lauter. Ein paarmal versuchte Rosaleen, Arthur zu beschwichtigen, aber er brüllte weiter, ohne darauf einzugehen. Ich konnte nicht jedes Wort verstehen, ich versuchte es auch gar nicht, denn ich hatte mir fest vorgenommen, meine Nase nicht mehr in anderer Leute Angelegenheiten zu stecken. Ich wollte nur, dass Mum endlich wieder auf die Beine kam, und wenn Arthur dafür rumbrüllen musste, dann sollte er das meinetwegen tun. Ich kniff die Augen zusammen. Warum konnte ich die Uhr nicht um einen Tag zurückdrehen? Warum hatte das Tagebuch mich nicht gewarnt?
    Der Streit eskalierte, und schließlich hielt ich es nicht mehr aus. Ich musste eine Weile allein sein, wir brauchten alle ein bisschen Freiraum. Es war mir schrecklich unangenehm, dass ich nun auch noch diese Szene heraufbeschworen hatte, denn bevor Mum und ich hier eingezogen waren, hatten Arthur und Rosaleen ein zurückgezogenes, zufriedenes Leben geführt. Meine Anwesenheit stellte ihre Beziehung offensichtlich auf eine Zerreißprobe, und der Riss wurde immer größer. Ich schlich nach unten, wartete auf eine Pause in der Auseinandersetzung, klopfte dann leise an die Küchentür und blieb draußen stehen, bis Arthur »Herein« rief.
    »Bitte entschuldigt die Störung«, sagte ich leise. »Ich wollte euch nur sagen, dass ich rausgehe und einen Spaziergang mache, um wieder einen klaren Kopf zu kriegen. Aber ich bleibe in der Nähe. Ist das okay?«
    Arthur nickte sofort, Rosaleen wandte mir den Rücken zu, und ich sah, dass sie die Fäuste geballt hatte. Rasch schloss ich die Tür hinter mir und überließ die beiden wieder sich selbst. Es würde noch ungefähr eine Stunde hell bleiben, also hatte ich genug Zeit. Eigentlich wollte ich zum Schloss, aber ich konnte hören, dass sich Weseley und seine Freunde dort versammelt hatten, und für ein Treffen mit ihnen war ich absolut nicht in Stimmung. Ich wollte allein sein. Also wandte ich mich in die entgegengesetzte Richtung, die Richtung, in der Schwester Ignatius wohnte. Ich hatte nicht vor, ihr einen Besuch abzustatten, aber um diese Zeit wollte ich auch nicht durch den Wald gehen. So blieb ich auf dem Weg und schritt mit gesenktem Kopf an dem verfallenen gotischen Tor vorbei.
    Als die Kapelle in Sichtweite kam, merkte ich, dass ich die ganze Zeit die Luft angehalten hatte. Von hier konnte ich Schwester Ignatius’ Haus sehen, und so fühlte ich mich sicher genug, die kleine Kirche zu betreten. Der Raum bot Platz für bestenfalls zehn Leute. Das Dach war halb eingestürzt, aber die Äste der Eichen wuchsen so über die Öffnung, als wollten sie es ersetzen. Wirklich originell – und idyllisch. Kein Wunder, dass Schwester Ignatius die Kapelle so liebte. Es gab keine Bänke, vermutlich wurde der Raum nur noch selten genutzt. Aber an der Steinwand über dem Altar hing ein einfaches, ziemlich großes Kruzifix. Bestimmt hatte Schwester Ignatius dafür gesorgt. Sonst stand in der Kapelle nur ein riesig großes – warme Sonne, endgültig tot – Marmorbecken, am Rand angeschlagen und an manchen Stellen gesprungen, aber solide und fest im Steinboden verankert. Es war verstaubt und bot einigen Spinnen Unterkunft, aber ich stellte mir vor, dass sich viele Generationen von Kilsaneys hier versammelt und ihre Kinder getauft hatten. Eine große Holztür führte nach draußen auf den kleinen Friedhof neben der Kirche, aber ich ging lieber durch den Haupteingang, durch den ich hereingekommen war, wieder hinaus, stellte mich dicht an den Zaun, der den Friedhof umgab, und versuchte, die Inschriften auf den Grabsteinen zu lesen. Es war nicht ganz leicht, und ich musste meine Augen mächtig anstrengen: Viele Steine waren mit Moos überwachsen, und der Zahn der Zeit hatte deutliche Spuren auf ihnen hinterlassen. In einer großen Krypta ruhte eine ganze Familie: Edward Kilsaney, seine Frau Victoria, ihre Söhne Peter, William und Arthur sowie eine Tochter, deren Namen mit einem B begann. Der Rest war von Wind und Wetter stark beschädigt. Vielleicht hatte sie Beatrice geheißen, vielleicht Beryl, Bianca oder Barbara. Ich versuchte, mir einen Namen für sie auszudenken. Daneben entzifferte ich eine Inschrift für Florie Kilsaney: »Für unsere Mutter,

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