Ich schreib dir morgen wieder
organisiert oder so. Krass.
Ich sitze mit dem Rücken an meiner Zimmertür, während ich das schreibe, weil ich nicht will, dass Rosaleen plötzlich reinschneit. Je weniger sie über das Tagebuch weiß, desto besser. Sie spioniert mir sowieso schon ständig nach, und wenn sie rauskriegt, dass hier in meinem Zimmer meine innersten Gedanken praktisch offen herumliegen, gibt es für sie kein Halten mehr. Ich muss das Tagebuch verstecken. In der Ecke, wo der Stuhl steht, gibt es eine lockere Bodendiele, die werde ich heute Abend vielleicht mal untersuchen.
Mum ist wieder mal direkt nach dem Abendessen eingepennt. Die letzten zwei Tage hat sie unheimlich viel geschlafen. Aber diesmal ist sie auf dem Stuhl eingenickt. Ich wollte sie wecken und ins Bett bringen, aber Rosaleen hat mich daran gehindert. Ich schreibe, bis ich Arthur schnarchen höre, dann weiß ich, dass ich ungestört nach Mum sehen kann.
Jetzt, wo ich hier im Haus und in Sicherheit bin, möchte ich feststellen, dass ich gestern Morgen im Schloss ein sehr sonderbares Gefühl hatte. Als wäre jemand da. Als beobachte mich jemand. Es war ein sonniger Morgen, bis diese seltsame Wolke sich direkt über meinem Kopf ausgeschüttet hat. Ich saß auf der Treppe, das Tagebuch auf dem Schoß, und mir fiel nichts zu schreiben ein, ich wusste nicht, wie ich die erste Seite anfangen sollte, und deshalb beschloss ich, mich zu sonnen. Keine Ahnung, wie lange ich die Augen geschlossen hatte, aber ich wünschte, ich hätte sie offen gelassen. Denn es war eindeutig jemand in der Nähe.
Ich schreib dir morgen wieder.
Ich hörte auf zu lesen und schaute mich um. Mein Herz klopfte laut in meinen Ohren, ich atmete flach und hastig. Worüber ich gerade gelesen hatte, war der jetzige Augenblick, das, was jetzt gerade passierte.
Plötzlich fühlte ich tausend Blicke auf mir ruhen. Ich sprang auf und rannte die Treppe hinunter, stolperte aber auf der letzten Stufe, knallte mit den Händen und der rechten Schulter gegen die Wand. Das Buch fiel zu Boden, und als ich hektisch danach tastete, streifte etwas Weiches, Pelziges meine Hand. Ich schrie auf, wich zurück und rannte in den Nebenraum. Dort gab es keinen Ausgang, alle vier Wände waren noch intakt. Doch ich spürte ein paar Regentropfen auf der Haut, die aus einem Loch hereinwehten, das einmal ein Fenster gewesen war. Der Regen wurde schnell stärker. Ich lief hin und machte mich daran hinauszuklettern. Auf dem Sims angekommen, entdeckte ich draußen in einiger Entfernung Rosaleen, die, eine Regenjacke in der Hand, die Straße entlanghastete. Mit grimmigem Gesicht, die Hand über dem Kopf, als könnte sie so verhindern, dass sie nass wurde, näherte sie sich rasch.
Ich machte kehrt und stürzte zum anderen Fenster, das zur Rückseite des Schlosses hinausging, kratzte mir die Knie auf, als ich mich auf das Sims hievte, und landete mit einem von meinen Flipflops nur schlecht gedämpften Aufprall auf der anderen Seite. Ein stechender Schmerz fuhr mir in die Beine. Aber ich sah, dass Rosaleen sich dem Schloss näherte, wandte mich um und rannte in die entgegengesetzte Richtung weg.
Ich hatte keine Ahnung, wohin ich lief. Mein Körper fühlte sich an, als funktioniere er auf Autopilot. Erst als ich, durchnässt bis auf die Haut, den Mauergarten erreichte, bemerkte ich die Parallelität zu dem, was ich in meinem Tagebuch gelesen hatte, und dem, was jetzt passierte. Ein Schauer durchlief mich, eine Gänsehaut von Kopf bis Fuß.
Zitternd vor Angst und Kälte, stand ich am Gartentor, bis ich den weißen Schatten hinter dem Milchglas des Gewächshauses entdeckte. Dann öffnete sich die Tür, und Schwester Ignatius erschien mit einem zweiten Schutzanzug in der Hand.
»Ich wusste, dass du wiederkommen würdest«, rief sie, und ihre blauen Augen funkelten in ihrem blassen Gesicht.
Kapitel 11
Wo Rauch ist …
Ich ging zu Schwester Ignatius ins Gewächshaus und stellte mich neben sie. Ich fühlte mich steif und angespannt, die Schultern bis zu den Ohren hochgezogen, als versuchte ich, mich in meinem Körper zu verstecken wie eine Schildkröte in ihrem Panzer. Das Tagebuch umklammerte ich so fest, dass meine Knöchel schon ganz weiß waren.
»Oh, dich hat es aber ordentlich erwischt!«, stellte Schwester Ignatius fest, fröhlich und sorglos wie immer. »Du siehst ja aus wie eine gebadete Ratte. Komm, ich trockne dich ab …«
»Fassen Sie mich nicht an!«, rief ich, trat hastig einen Schritt zurück und drehte mich weg. Aber ich
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