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Ich schreib dir morgen wieder

Titel: Ich schreib dir morgen wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Ahern
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Marcus das nächste Mal mit seinem Bus vorbeikommt, kidnappe ich ihn und zwinge ihn, mich nach Hause zu fahren.
    Wo auch immer das sein mag – hier ist es garantiert nicht.
    Keine Ahnung, ob ich morgen weiterschreibe.
    Mit zitternden Händen legte ich das Buch unter die lose Diele zurück. Ich musste um jeden Preis verhindern, dass diese Katastrophe Wirklichkeit wurde. Also ging ich nach unten in die Küche, wo Rosaleen dabei war, Kuchen für den nächsten Tag zu backen.
    Nervös an den Nägeln kauend saß ich da, beobachtete sie und überlegte krampfhaft, was ich tun sollte. Wenn ich sie daran hinderte, Salz anstelle von Zucker in den Kuchenteig zu mischen, konnte ich vermeiden, dass sie morgen zu früh ins Torhaus zurückkehrte. Aber wenn ich den Gang der Dinge veränderte, würde Weseley mir niemals glauben. Was war wichtiger – ein Arzt für Mum oder ein Verbündeter, der bereit war, mir zu helfen?
    »Tamara, wärst du so nett, mir den Zucker aus der Speisekammer zu holen, bitte?«, unterbrach Rosaleen meine Grübelei.
    Ich erstarrte.
    Sie drehte sich um. »Tamara?«
    »Ja«, sagte ich und kam mit einem Ruck in die Realität zurück. »Klar hole ich den Zucker für dich.«
    »Wenn du den Messbecher einfach bis hier füllen könntest, wäre das eine große Hilfe«, sagte sie mit einem freundlichen Lächeln. Offenbar gefiel es ihr, dass wir uns näherkamen.
    Ich nahm den Messbecher entgegen und ging zur Speisekammer. Vor Aufregung stand ich völlig neben mir. In dem kleinen Raum, der direkt von der Küche abging, betrachtete ich die bis zur Decke reichenden Regale, die gefüllt waren mit Vorräten für ungefähr die nächsten zehn Jahre. Es gab Schraubgläser mit allen erdenklichen Lebensmitteln, ordentlich beschriftet und mit Verfallsdatum versehen. Ein Fach mit Wurzelgemüse: Zwiebeln, Kartoffeln, Süßkartoffeln, Karotten. Ein Fach mit Konserven: Suppen, Brühe, Bohnen, eingemachte Tomaten. Darunter Gläser mit Reis, Nudeln in allen Formen und Farben, Bohnen, Haferflocken, Linsen, Müsli und getrockneten Früchten – Sultaninen, Rosinen, Aprikosen. Dann kamen die Backzutaten: Mehl, Zucker, Salz, Hefe, daneben zahllose Flaschen mit verschiedenen Ölen, Balsamessig, Austernsauce, Gewürze in kleinen Gewürzregalen. Noch mehr Gläser mit Honig und Marmelade: Erdbeer, Himbeer, Brombeer und sogar Pflaume. Das Angebot war unendlich. Zucker und Salz waren in entsprechende Behälter gefüllt, auch diese in der gleichen makellosen Handschrift etikettiert. Mit zitternden Händen griff ich nach dem Salzbehälter und dachte dabei an die Lektion der letzten Nacht: Ich konnte den vorhergesagten Gang der Dinge verändern. Ich musste der Geschichte des Tagebuchs nicht folgen. Wenn ich dieses Buch nicht gefunden hätte, wäre mein Leben weitergegangen, ohne dass ich die Zukunft kannte.
    Aber dann dachte ich plötzlich an Weseley. Wenn ich Rosaleen den Zucker gab, würde sie morgen nicht zurückgelaufen kommen, sie würde den Arzt nicht abfangen, bevor er nach oben zu meiner Mutter gehen konnte, sie würde ihn nicht daran hindern, Mum zu besuchen. Wenn ich das Tagebuch änderte, dann hatte ich keine Ahnung, was passieren würde, ich konnte es Weseley nicht sagen, und er würde mir meine Geschichte niemals glauben. Ich würde meinen neuen Freund verlieren und wie der größte Freak des Planeten dastehen.
    Aber wenn ich ihm sagte, was morgen passieren würde, dann würde der Arzt nicht nach Mum sehen. Wie lange wollte ich noch hier warten, während sie da oben saß, in einem Zustand, in dem es zwischen Schlafen und Wachen kaum einen Unterschied gab?
    Endlich fasste ich einen Entschluss und griff nach dem Behälter.

Kapitel 16
    Totale Abstraktion
    In dieser Nacht schlief ich sehr wenig. Ich wälzte mich herum, mal war mir zu warm, und ich kickte die Decke von mir, dann war mir zu kalt, und ich kroch wieder darunter, streckte ein Bein heraus, dann einen Arm, aber nichts war bequem. Die goldene Mitte war unauffindbar. Wagemutig schlich ich schließlich nach unten in die Küche, um Weseley anzurufen. Natürlich benutzte ich nicht die Treppe, sondern machte meiner Sportlehrerin alle Ehre, indem ich übers Geländer kletterte und weich auf dem Steinboden landete. Aber obwohl ich so leise war und die Treppe mied, erschien Rosaleen genau in dem Moment, als ich das Telefon abhob, in der Küchentür. Sie trug ihr bodenlanges Nachthemd von circa 1800, das ihre Füße verdeckte, so dass es aussah, als schwebte sie wie ein Gespenst über

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