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Ich schreib dir morgen wieder

Titel: Ich schreib dir morgen wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Ahern
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spitz. Ehe sie antworten konnte, drehte ich mich um und stürmte die Treppe hinauf. Von oben hörte ich noch, wie die Küchentür geschlossen wurde. Aber ich wollte mich noch nicht geschlagen geben. Als ich in Mums Zimmer trat, schlief sie immer noch, zusammengerollt wie ein Fötus im Mutterleib.
    »Mum«, flüsterte ich, kniete mich vor ihr Bett und strich ihr die Haare aus dem Gesicht.
    Sie seufzte leise.
    »Mum, wach auf.«
    Ihre Augenlider flatterten.
    »Mum, du musst aufstehen. Ich hab einen Arzt für dich geholt. Er ist in der Küche, aber du musst zu ihm nach unten gehen oder ihn hochrufen. Bitte, tust du das für mich?«
    Sie seufzte erneut und schloss wieder die Augen.
    »Mum, hör zu, das ist sehr wichtig. Er wird dafür sorgen, dass es dir bald bessergeht.«
    Mühsam schlug sie die Augen wieder auf. »Nein«, krächzte sie.
    »Ich weiß, Mum, ich weiß, dass du Dad vermisst. Ich weiß, du hast ihn geliebt und denkst wahrscheinlich, dass nichts und niemand auf der Welt dir helfen kann, aber das stimmt nicht – es wird wieder besser, ganz bestimmt, aber du musst etwas dafür tun.«
    Sie schloss die Augen wieder.
    »Mum, bitte«, flüsterte ich unter Tränen. »Tu es für mich.«
    Aber Mum atmete langsam und tief. Sie schlief schon wieder. Verzweifelt begann ich zu weinen.
    Von unten hörte ich die gedämpfte Unterhaltung zwischen Dr. Gedad und Rosaleen. Kurz darauf wurde die Küchentür geöffnet. Ich versuchte es noch einmal und schüttelte Mum an der Schulter.
    »Okay, Mum, er kommt. Du musst nur die paar Schritte bis zur Tür schaffen. Weiter nichts, nur bis zur Tür.«
    Erschrocken sah sie mich an. Anscheinend war sie noch nicht ganz wach.
    »Bitte, Mum.«
    Aber sie starrte nur verwirrt im Zimmer herum und rührte sich nicht. Mit einem verzweifelten Fluch sprang ich schließlich auf, ließ sie allein und rannte nach unten, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie Rosaleen die Haustür für Dr. Gedad aufhielt.
    »Ah, Tamara«, rief er, als er mich sah. »Ich habe mich ein wenig mit Rosaleen unterhalten, und ich denke, es ist das Beste, wenn wir deiner Mum noch ein wenig Ruhe gönnen. Ich komme natürlich gerne jederzeit wieder, wenn sie mich braucht. Falls du mich anrufen möchtest, hier ist meine Karte.«
    »Aber ich habe doch schon angerufen, deshalb sind Sie ja heute hier.«
    »Ich weiß, aber nach meinem Gespräch mit Rosaleen ist mir jetzt klar, dass deine Mutter momentan keinen Arzt braucht. Mach dir keine Sorgen, deine Mutter macht eine schwere Zeit durch, aber sie ist nicht krank, es ist ganz normal, dass sie schläft. Sie muss einfach ein bisschen ausspannen und langsam wieder einen klaren Kopf bekommen«, erklärte er in väterlichem Ton.
    »Aber Sie haben sie ja nicht mal gesehen«, wandte ich verzweifelt ein.
    »Tamara …«, warf Rosaleen tadelnd ein.
    Dr. Gedad machte ein unbehagliches Gesicht und schien nun plötzlich doch unsicher zu werden. Ich konnte sehen, wie er sich fragte, ob er Rosaleen wirklich vertrauen konnte. Auch Rosaleen merkte das, und sie handelte rasch und entschlossen.
    »Ganz herzlichen Dank, dass Sie gekommen sind, Dr. Gedad«, sagte sie freundlich. »Bitte grüßen Sie Maureen von mir und natürlich auch Ihren Sohn …«
    »Weseley«, ergänzte der Arzt. »Danke. Und danke auch für den Tee und das leckere Gebäck. Kein bisschen versalzen übrigens.«
    »O nein, das war zum Glück nur der eine Apfelkuchen«, entgegnete sie und lachte wie ein kleines Mädchen.
    Und dann war der Arzt weg. Rosaleen schloss die Tür und wandte sich zu mir um, aber ich marschierte an ihr vorbei zur Haustür, riss sie auf, knallte sie hinter mir zu und rannte hinaus auf die Straße. Die Luft war warm und roch süß nach frisch gemähtem Gras und Kuhmist. Von fern hörte ich Arthurs Rasenmäher, dessen Lärm für ihn den Rest der Welt ausblendete. Links von mir konnte ich in einiger Entfernung Schwester Ignatius erkennen, eine dunkelblau-weiße Gestalt mitten im Grün der Wiese, und wütend und verzweifelt, wie ich war, beschloss ich, zu ihr zu laufen. Sie hatte am Ufer eines der Schwanenseen im Schatten einer riesigen Eiche eine Staffelei und einen Hocker aufgestellt. Es war schon ziemlich warm für den Vormittag, der Himmel ein perfektes Blau mit hie und da einem Wattewölkchen. Hochkonzentriert führte sie den Pinsel über das Blatt, und ihre Zunge bewegte sich in einer parallelen Bewegung über ihre Lippen.
    »Ich hasse sie!«, schrie ich abrupt in die Stille hinein, und ein Vogelschwarm

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